Eduard Geilinger

Eduard Geilinger wurde am 5 Juli 1912 als erstes Kind von Eduard und Alice Geilinger-Schneider in Winterthur geboren. Er wuchs mit seinen vier jüngeren Brüdern in gutbürgerlichen Verhältnissen in der Altstadt auf. Zwischen 1925 und 1931 besuchte er das Gymnasium in Winterthur und schloss dort Freundschaften fürs Leben. Wichtige Bezugspersonen waren für ihn auch seine Lehrer, darunter vor allem Ernst Hirt und der Historiker Werner Ganz. Neben der Schule übte sich Eduard Geilnger am Cello und trat der Pfadfinderbewegung bei. Um sein Taschengeld auszubessern arbeitete er zudem regelmässig in der Firma des Vaters. 

Zur damaligen Zeit wäre Eduard Geilinger als ältester männliche Nachkomme der prädestinierte Nachfolger im familieneigenen Stahlbau- und Schlossereiunternehmen gewesen. Doch sein Vater hatte schnell erkannt, dass die persönlichen Neigungen und Begabungen des Jungen in ganz andere Richtungen strebten. Deshalb wurden zwei seiner jüngeren Brüder als zukünftige Geschäftsführer aufgebaut. Eduard war damit nicht an das Familienunternehmen gebunden und genoss bei seiner Studienwahl alle Freiheiten. Er entschied sich dann für ein Geschichtsstudium an der Universitäten Zürich, Basel, Wien und Exeter. Seine Studien schloss er 1937 erfolgreich ab. Wesentlich geprägt wurde er von dem damaligen in Zürich tätigen Professor Karl Meyer.

Nach seinem Studium wandte sich Eduard Geilinger dem Journalismus zu. Dieses Berufsfeld bot damals wenige Sicherheiten, dennoch fand er mit seiner Berufswahl die volle Zustimmung seines Vaters, der seinen Sohn förderte und unterstützte. Seine ersten publizistischen Erfahrungen sammelte Eduard Geilinger im Rahmen eines Volentariats beim Neuen Winterthurer Tagblatt (NWT).

Zwischen 1937 und 1939 arbeitete als freier Journalist in Paris. 1940 musste er Aufgrund deutschen Einmarsches aus der Stadt flüchten. Ab 1940 arbeitete er als Auslandkorrespondent für die Neuen Zürcher Zeitung und berichtete aus Vichy-Frankreich, dass zu jener Zeit vom Regime um Marchall Pétains regiert wurde. Die Anstellung bei der NZZ dürfte vermutlich auch dank guten Beziehungen seines Vaters zustande gekommen sein.

Eduard Geilinger sammelte in Vichy-Frankreich erste Erfahrungen mit totalitären Regimes und musste sich mit der örtlichen Zensur herumschlagen. Sein persönliches Vorbild war der französische Journalist Maurice Archeambeau, der für die «New York Times» in Vichy arbeitete und mit dem er einen regen beruflichen Austausch pflegte. Kurz darauf wurde er in den Aktivdienst eingezogen und diente als Infanterist in der Schweizer Armee. Persönlich plante Geilinger die Rückkehr nach Vichy, doch stattdessen schickte die NZZ ihren jungen Journalisten als politischer Korrespondent nach Berlin. Dort arbeitete er von 1941 bis 1945 und erlebte damit den Zusammenbruch des Dritten Reiches vor Ort mit und versorgte die Schweizer Tagespresse mit seinen Berichten und Einschätzungen. Der ehrgeizige Journalist harrte trotz massiven Luftangriffen der Alliierten bis zum Einmarsch der Sowjets im nationalsozialistischen Machtzentrum aus. Danach folgte eine mühselige Ausreise mithilfe eines sowjetischen Sonderzuges über Moskau, Baku und Ankara in die Schweiz.

Nach dem Kriegsende kehrte er nach Deutschland zurück um über die Nürnberger Prozesse zu berichten. In dieser Zeit geriet Geilinger immer häufiger in direkten Konflikt mit der NZZ-Redaktion, da diese seine Einschätzungen jeweils anders beurteilten. Die Spannungen eskalierten jedoch und so liess sich Geilinger 1948 erstmals für mehrere Wochen nach Rom versetzen. Die Entbehrungen während dem Krieg und auch die ständigen Auseinandersetzungen mit der Redaktion zehrten an Geilingers Kräften. Immer häufiger war er Krank und konnte seine übliche Arbeitsleistung nicht immer aufrechterhalten.

Ab 1952 berichtete er aus Bonn, der damaligen Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland (BRD). Obwohl er sich bei der NZZ grundsätzlich nicht genügend wertgeschätzt und schlecht behandelt fühlte, hielt er dennoch an seinem Arbeitgeber fest. Die Beziehung blieb jedoch belastet, insbesondere auch deshalb, weil Geilinger nicht an die Überlebensfähigkeit der Bundesrepublik glaubte und eine grosse Zahl von kritischen Artikeln publizierte, darunter auch über die Freie Demokratische Partei (FDP). Nachdem sich ein führendes Mitglied der Partei bei der Redaktion beschwert hatte, wurde Geilinger 1955 nach Rom versetzt, was einen internationalen Medienskandal auslöste. 

Bis 1971 berichtete Geilinger nun aus Rom und bewegte sich damit mehrheitlich abseits der grossen politischen Weltbühne. 1971 bot die NZZ dem inzwischen 59-jährigen Journalisten völlig überraschend einen Posten in Moskau an. Dies, weil der dafür vorgesehene Korrespondent keine Zulassung erhalten hatte. Eduard Geilinger ergriff diese letzte Chance um endlich wieder von einem politischen Machtzentrum aus berichten zu können. Eduard Geilinger verschrieb sein Leben ganz dem Journalismus, ohne jedoch den grossen Karrieresprung geschafft zu haben. Während er selbst keine eigene Familie gründete, blieb der Kontakt zu seinen Eltern und Geschwistern sowie Freunden in der Heimat i sehr wichtig. Wenn immer möglich reiste er deshalb für Besuche in die Schweiz.

Im Alter von nur 62-Jahren machten sich beim umtriebigen Journalisten gesundheitliche Probleme bemerkbar. Dennoch wollte er nicht kürzertreten. Stattdessen plante er 1973 eine Reise nach Usbekistan. Unmittelbar vor der Abreise, am 5. Dezember 1973 verstarb Eduard Geilinger überraschend an einem Herzschlag.

Der persönliche Nachlass von Eduard Geilinger befindet sich im Archiv für Zeitgeschichte der ETH-Zürich. Neben Fotografien sowie privaten und beruflichen Korrespondenzen ist dort auch seine Kriegsberichterstattung vorhanden. 

Schneider, Oliver: Eduard Geilinger, NZZ-Korrespondent in Vichy, Berlin, Rom und Moskau, in: Winterthurer Jahrbuch 2019, Winterthur 2018, S. 158–164.
Nekrolog: Eduard Geilinger, 1912–1973, Winterthur 1973.
red.: Eduard Geilinger gestorben, in: Neue Zürcher Zeitung, 07.12.1973.