Stadtkreise und Quartiere

Am Tössufer

Wohnüberbauung, Sennhof

Eigentlich würde man die drei Wohnblöcke am südöstlichen Stadtrand eher in einem städtischen Quartier näher dem Zentrum erwarten. Und anfangs waren sie für alteingesessene Sennhofer gewöhnungsbedürftig und nicht unumstritten. Inzwischen gehört die genossenschaftliche Wohnsiedlung „Am Tössufer“ zum Ortsbild der Seemer Aussenwacht – und deren Mietwohnungen wegen ihrer Lage und Ausbau zu den begehrteren der Stadt.


2006: Sennhof, Linsentalstrasse, Überbauung am Tössufer, kurz vor Fertigstellung Foto: winbib (Signatur FotDig_Lb_003-124)

Drei grosse, drei- bis fünfgeschossige Wohnblöcke in unmittelbarer Nähe der Töss, 101 grosszügig ausgebaute Wohnungen mit unverbaubarer Sicht über den Winterthurer Stadtfluss, Gesamtkosten von über 34 Millionen Franken: Die Überbauung in Sennhof, welche die Heimstättengenossenschaft Winterthur (HGW) 2005/2006 realisierte, war das bisher grösste Einzelprojekt der Winterthurer Baugenossenschaft. Die zwei langgezogenen, entlang dem Tössufer gebauten Gebäude (das dritte ist leicht nach hinten versetzt) mit ihren grosszügigen Balkonen scheinen tatsächlich „wie Hausboote am vorbeifliessenden Fluss zu ankern“, wie es das federführende Architekturbüro Dahinden & Heim in seinem Baubericht formulierte. Auf der hinteren Seite zur Linsentalstrasse hin fallen die charakteristische, mit roten Eternitschindeln gedeckte Fassade und die dockähnlichen Aufbauten der Tiefgarage auf.

Letztere konnte aufgrund des hohen Grundwasserspiegels nicht tiefer gelegt werden. Der Schutz des Grundwassers, Trinkwasserreservoir der Stadt Winterthur, ist auch mit ein Grund, dass auf Ölheizungen verzichtet und die drei Mehrfamilienhäuser stattdessen an das städtische Holzschnitzel-Heizwerk beim neuen Schulhaus angeschlossen wurden. Ursprünglich hatte die ehemalige Landbesitzerin, die Spinnerei Hermann Bühler AG, beabsichtigt, das Grundstück zwischen Linsentalstrasse und Töss zu parzellieren und so auf den Markt zu bringen. Die HGW konnte die Verantwortlichen der Firma jedoch überzeugen, ihr das Land als Ganzes zu verkaufen, und das zu einem Quadratmeterpreis von „unter 400 Franken“, wie es in einem weiteren Architekturbericht heisst.

Im Gegenzug sicherte die Käuferin den Erhalt von vier älteren, bauhistorisch wertvollen Gebäuden auf dem Areal zu. Zudem ermöglichte der günstige Bodenpreis höhere Investitionen in den Ausbau der Wohnungen. Die Mietzinsen bewegen sich zwischen etwas mehr als 1500 Franken inkl. für 2 1/2 –Zimmer-Wohnungen, und 1700 Franken für jene mit 4 ½ Zimmer. Ein besonderes Augenmerk würde auf den Bewohnermix gerichtet, schrieb die HGW anlässlich der Erstvermietung der Wohnungen. Dies umso mehr, als Sennhof noch in den 1990er Jahren einen Ausländeranteil von über 50 Prozent und einen kantonsweit rekordtiefen Sozialindex aufwies.

Inzwischen wurde im ehemaligen Bauerndorf und heutigen Aussenquartier viel gebaut, auch Einfamilienhäuser. Mit den neuen Einwohnern zogen auch neues Leben und neue Initiativen in das ehemals eher benachteiligte und vernachlässigte „Schlafdorf“ ein. Und die Aussenwacht wächst weiter: Im Sommer 2016 fand ennet der Tösstalstrasse der Spatenstich zu einer weiteren Grossüberbauung statt. Bauherrin ist wiederum die HGW, die auf dem 27‘000 Quadratmeter grossen Gelände beim Bahnhof bis 2018/19 145 Wohnungen erstellen wird. Investiert werden rund 80 Millionen Franken, als reine Baukosten sind 70 Millionen veranschlagt. Text und Bilder von Jean-Pierre Gubler

Bibliografie

    Sennhof. Am Tössufer, Siedlung der Heimstättengenossenschaft. Überbauung der Architekten Dahinden+Heim

    • Einträge 1991–2010

      Planungs- und Baugeschichte: Landbote 2005/229 m.Abb., 2006/124 von Adrian Mebold, 1Abb.
      Kunst am Bau (Thomas Rutherfoord): Landbote 2007/193 von Adrian Mebold, 1Abb.


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
13.02.2023