Wohnhäuser

Bauernhaus Bänninger

Sennhofweg 54, Seen

Das grosse Mehrzweck-Bauernhaus wurde 1820 oberhalb von Seen an exponierter Lage errichtet. Der Hof besteht aus einem Wohn- und einem Ökonomieteil und zeigt sich mit mächtiger, verputzter Giebelfassade und traufseitigem Sichtfachwerk. Die innere Struktur und das äussere Erscheinungsbild sind nahezu intakt erhalten geblieben. Der Bau wurde kurz nach der ersten Agrarreform erstellt, welche die strenge Lehensordnung auflöste. Das Gebäude ist ein kommunales Inventarobjekt. (Text: DMP)


Baujahr
1820


Adresse
Bauernhaus Bänninger
Sennhofweg 54
8405 Winterthur
1988: Bauernhof am Sennhofweg Foto: winbib, Hans-Peter Bärtschi (Signatur 071772_D)
Seit über 100 Jahren ist das bäuerliche Heimwesen hoch über Seen am Eschenberg im Besitz der Familie Bänninger. Der Bauernbetrieb wurde immer von einer Familie Bänninger bewirtschaftet. Der heutige Besitzer Hermann Bänninger erzählt (Text aus Seemer Bote, Februar 2017): Mein Grossvater konnte im Januar 1917 das Heimwesen im Boll kaufen. Am 14. April 1917 zügelte die Familie Bänninger nach Seen. Johann Bänninger geb. 1880 und Frau Frida geb. 1878, Söhne Johann geb. 1906, Jakob geb. 1909, Ernst geb. 1910 und Tochter Frida geb. 1911. Mit einem eisenbereiften Brückenwagen, auf dem die ganze Fahrhabe und der Hausrat aufgeladen waren, zügelte die Familie von Embrach nach Seen. Der Wagen wurde von zwei Milchkühen gezogen. Hinten am Wagen waren noch zwei Jungrinder angebunden.

Die Mutter und die vier Kinder mussten noch einen Leiterwagen ziehen, die ganze Strecke von Embrach nach Seen zu Fuss (16 km). Im Waldegg Seen mochten die Kühe den schweren Wagen nicht mehr ziehen, denn sie waren total erschöpft. Nun musste Grossvater einen Fuhrhalter in Seen suchen. Er fand einen mit zwei starken Pferden, die den Wagen ins Boll hinauf zogen. Im Boll sei die ganze Familie todmüde angekommen und alle hatten geweint, ausser dem Grossvater, als sie in das alte und kalte Haus einziehen mussten. Nach ein paar Tagen mussten die drei Buben in die Schule nach Seen hinunter. Das war kein Zuckerschlecken gewesen. Die Seemer Kinder seien sehr frech und böse mit den Neuankömmlingen aus Embrach gewesen.

Grossvater musste sofort mit seinem Viehbestand der Viehversicherung Seen-Oberseen beitreten. 1917 hatte diese 83 Viehbesitzer. Das Mitgliederverzeichnis ist noch vorhanden. Als Seen 1921/22 eingemeindet wurde, ärgerte sich mein Grossvater gewaltig, er hätte gerne der Gemeinde Seen ein Stück Wald abgekauft. Dies wurde in der Folge vom Gemeinderat abgelehnt. Die Gemeinde Seen verschenkte die schönen Waldungen am Etzberg und Nübrechten (beim Seemer Buck), sowie Wies- und Ackerland alles der Stadt Winterthur. Aus diesem Grunde hat sich die Familie Bänninger nie in Winterthur eingebürgert und bis heute sind noch alle Embracher Bürger. An Ostern 1925, mitten in der Nacht, stürzte die schlechte südliche Hausmauer bis zum Parterre in den Garten.

Es sei auf einmal ganz hell und kalt im Schlafzimmer geworden. Es habe bis zur Bettdecke hin geschneit. Nun musste Grossvater das Wohnhaus umbauen. Gleichzeit hat er noch den Stall und die Scheune vergrössert. 1927 ist meine Grossmutter Frida gestorben. Mein Grossvater suchte nun eine neue Frau. Er wurde im Tannzapfenland (Hinterthurgau) nähe Sirnach fündig. Die neue Frau Lisett passte den vier Kindern überhaupt nicht in den Kram. Alle suchten das Weite, nur mein Vater Jakob musste bleiben. 1938 heiratete mein Vater Jakob und konnte das Heimwesen in Pacht nehmen. Nach langem Hin und Her konnte er das ganze Heimwesen 1943 käuflich erwerben. Aber der Hausfrieden mit zwei Familien war nicht gut. 1948 kaufte mein Grossvater ein Haus an der Friedrichstrasse neben dem Viehmarkt in Winterthur. Den Wald gab er aber nicht her und bewirtschaftete ihn noch selber. 1963 ist mein Vater Jakob im Alter von 54 Jahren nach langer schwerer Krankheit gestorben. Nun waren meine Mutter, Schwester, Bruder und ich eine Erbengemeinschaft. 1967 übernahm ich den Betrieb und zahlte Mutter und die Geschwister aus. 1968 heiratete ich Vreni Schuppisser aus Elsau. Wir vergrösserten den Betrieb laufend durch Pachtland und Zukauf von Wald und Kulturland. 1995 stellten wir den Betrieb auf biologischen Landbau um, was uns sehr viel Freude machte. 2004 wurde ich 65 Jahre alt und verpachtete das Kulturland, bewirtschaftete aber noch den Obstgarten und den Wald. Ich hoffe fest, dass wir dieses kleine und schöne Königreich im Boll noch eine Zeitlang behalten können.

Bibliografie


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
05.04.2023