Einen ersten Akzent für eine Überbauung dieser Rebhänge versuchte Architekt Walter Hoffmann zu setzen. Er baute 1893 an der Schlosshofstrasse 26, direkt hinter dem ehemaligen Gaswerk, ein Mehrfamilienhaus mit Treppenturm und einer verglasten Aussichtsterrasse. Daneben entstand zehn Jahre später durch Heinrich Leemann vom gleichnamigen Baugeschäft ein Wohnhaus in gelbem Sichtbackstein. Es zeichnet sich aus durch eine horizontale Fassadengliederung mit umlaufenden Bändern in rotem Backstein. Obwohl sich die Stadt nach der Jahrhundertwende in alle Richtungen zu entwickeln begann, war der Wohnraum grosse Mangelware. Davon waren nicht nur die Arbeiterschaft sondern auch das Bürgertum betroffen. Am 30. Juni 1900 wurde die Genossenschaft «Eigenheim am Brühlberg» gegründet.
Für den Bau von kleineren Villen und Ein- und Zweifamilienhäusern wählte sie den Brühlberghang aus. Sie zogen dazu den renommierten Architekten Jacques Gros (1858-1922) bei. Der Erbauer des Grand Hotel Dolder in Zürich schaffte aber in Winterthur den grossen Durchbruch nicht. Er erstellte zwar einen ersten Überbauungsplan, konnte aber in der Folge nur ein paar Einzelbauten errichten. Es sind unter anderen die beiden Häuser Brühlbergstrasse 99 und 101, die heute unter kommunalem Denkmalschutz stehen. Sie wurden 1903 und 1905 gebaut. Den definitven Impuls zur Erschliessung gab der Bau des Wohlfahrtshauses der SLM 1902. Mit dem Bau der Brühlbergstrasse um dieses Haus herum entstand das Tor zum Brühlberg. Es waren die aktiven Vorstandsmitglieder der Genossenschaft «Eigenheim am Brühlberg», die die Erschliessung und die Überbauung des Brühlberghanges vorantrieben. Präsident war ab 1904 Johann Jakob Müller-Zeller, Inhaber des «Bühlhofs» an der Steinberggasse und 1913 Gründungsmitglied des Winterthurer Hauseigentümerverbandes. Als Aktuar amtete Baumeister Johann Niklaus Häring und als Beisitzer gehörte dem Vorstand auch Architekt Walter Furrer an. Sie kauften Reb- und Wiesland und ab 1904 wurde gebaut. Die bekannten Architekten Fritschi & Zangerl, Rittmeyer & Furrer und Jaques Gros gaben auf der linken Strassenseite mit markanten Bauten ihre Visitenkarten ab. Im oberen Bereich (Hang abwärts) ging es auch etwas bescheidener weiter, aber deswegen nicht minder gut und schön.
Das Haus «Schwalbe» an der Brühlbergstrasse 54 setzt hier ein Zeichen. Auch dieses Haus haben die Architekten Rittmeyer & Furrer im Reform-Stil entworfen und gebaut. Es wurde auf verschnörkelnde Fassaden verzichtet und ein Bezug zu Natur und Garten angestrebt. Gartenstadt und Reformarchitektur Ein Text von Peter Niederhäuser in der Broschüre «Von der Industrie- zur Gartenstadt; Das Brühlbergquartier» beschreibt das Gartenstadt-Quartier wie folgt: «Mit der geschwungenen, dem Hang angepassten Strassenführung, den grosszügigen Gartenanlagen und den mehr oder weniger kunstvollen Einzelhäusern begann das Brühlbergquartier in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts ein besonderes Ambiente zu erhalten; daran erinnerte auch die Benennung der Häuser nach Bergen oder Pflanzen. Anstelle der Rebberge und Wiesen war ein gutbürgerliches Wohnviertel im Entstehen, das den Charakter des Hanges völlig veränderte. War diese erste Etappe von «Spekulanten» ohne städtebauliche Absichten getragen, so änderten sich schon bald Ziele und Trägerschaft. 1910 entstand nämlich die «Genossenschaft Gartenstadt Winterthur», die von namhaften Winterthurer Einwohnern initiiert wurde und gleichermassen architektonische wie gesellschaftspolitische Absichten verfolgte.
Die wohl prägendste Kraft hinter dieser neuen Orientierung war Alexander Isler (1854-1932). Er war Lehrer, gehörte von 1897 bis 1919 dem Stadtrat an und leitete das Bauamt. Als Politiker, Gewerbevertreter, Historiker und Freimaurer, leitete der vielseitig interessierte und engagierte Isler in Winterthur eine grundsätzliche Neu-Ausrichtung der Stadtplanung ein. 1909 legte er mit den «Vorschriften über die Bebauung der äusseren Quartiere» die erste Zonenordnung der Schweiz vor. Diese sah für die vom Stadtzentrum weiter entfernt liegenden Wohngebiete kleinere Häuser für Familien vor. Mit der Idee einer offenen, durchgrünten Bauweise propagierte Isler gleichzeitig das Ideal einer Gartenstadt, das von England her den Kontinent eroberte und sich gleichermassen gegen ungesunde Wohnverhältnisse wie gegen die Bodenspekulation richtete.