Ehegerichte hatten die Aufgabe, die korrekte Eheschliessung sowie die Institution der Ehe zu überwachen. Mit der Reformation wurden auch Scheidungen möglich, wofür die Eheleute vor den reformatorischen Ehegerichten vorsprechen mussten. Ausserdem gerieten Moral und Sitte immer mehr in den Fokus der staatlichen Überwachung. Während im Mittelalter der erste Beischlaf als Beweis einer vollzogenen Eheschliessung galt, setzten die Reformatoren den Beginn der Ehe mit der kirchlichen Trauung an und bestraften jegliche Form von vor- und ausserehelicher Sexualität. Neben Fällen von ausserehelicher Sexualität ging es auch um nicht eingelöste Eheversprechen, uneheliche Schwangerschaften, schlechte Führung des Haushalts oder Scheidungsbegehren.
In Zürich wurde 1525 das erste reformierte Ehegericht der Schweiz geschaffen, welches alle Fälle im züricherischen Hoheitsgebiet, also auch in Winterthur, beurteilte. Vor dieser Zeit war das bischöfliche Offizialat in Konstanz, ein geistliches Gericht, in Glaubens- und Ehesachen zuständig. Ab 1534 hatte Winterthur ein eigenes Ehegericht, allerdings mit weniger Kompetenzen als das zürcherische. Die Ehegerichte setzten sich aus Geistlichen und Ratsmitgliedern zusammen. Damit wurde die Kompetenz zur Beurteilung der Eheangelegenheiten erstmals von der kirchlichen auf die weltliche Ebene verlagert. Grundlage für die Entscheidungen des Ehegerichts bot die Zürcher Ehegerichtsordnung, die erstmals 1529 gedruckt wurde. Mit dem Ehegesetz wurden auch Scheidungen möglich. Als Scheidungsgründe galten Ehebruch, böswilliges Verlassen, Impotenz oder schwere Krankheiten des Partners.