Verkehr und Infrastruktur

Feldstrasse

Veltheim

Die Feldstrasse in Winterthur trägt einen einfachen Namen und verbirgt damit die grosse Bedeutung dieses wichtigen Zubringers zum Zentrum des Vororts Veltheim. Veltheim das ehemalige Wein-Bauerndorf ist am 1. Januar 1922 eingemeindet und Vorort, sowie Stadtteil von Winterthur geworden.


Baujahr
1883


um 1907: Tuchwaren K. Reimann, Feldstrasse 29 (früher 19) Bild: winbib (Signatur Feldstrasse_15_9)

Von den sechs 1922 vereinigten Gemeinden hatte Veltheim das kleinste Territorium: es erstreckte sich von den Äckerwiesen in der Eulachebene nordwärts bis hinauf auf den weiten Sattel zwischen Lindberg und Wolfensberg. Der Dorfkern mit seinen zusammengescharten Weinbauernhäusern liegt am Ostteil des Wolfensbergs. Von dort laufen radial Strassen zu den beiden Kantonsstrassen: einerseits zur Schaffhauserstrasse im Osten und zur schnurgeraden Wülflingerstrasse unten in der Ebene nach Westen. Mit der 1857 eröffneten Bahnlinie nach Schaffhausen kam eine weitere strukturierende Achse hinzu. Sie zieht durch den unmerklich in die Ebene auslaufenden Hügelfuss eine scharfe Trennlinie. Als einziges der Vorortdörfer hat Veltheim nie eine eigene Bahnstation erhalten. Dafür liegt es am nächsten beim Winterthurer Bahnhof.

Die direkteste Verbindung dorthin ist die Feldstrasse. Sie läuft vom Dorfkern zur Nordwestecke des Winterthurer Neuwiesenquartiers. Nördlich von diesem begann denn auch, lange vor dem politischen, der siedlungsmässige Anschluss Veltheims an Winterthur. Er wurde vom technischen Büro der Stadt geplant. Es war das erste grosse Erschliessungsprojekt seit der Nationalbahnkrise und gab den Auftakt zur fieberhaften planerischen Tätigkeit in der zweiten Hälfte der 1890er Jahre. Im Bereich der Feldstrasse standen damals bereits etliche Bauten: Unterhalb der Bahnlinien hatte die Giesserei und Maschinenfabrik Sulzer 1872-1873 eine der frühen Arbeitersiedlungen Winterthurs erstellt (Löwenstr. 23-27, heute durch Neubauten ersetzt), und im Feld hatten sich ab 1899 eine Teigwarenfabrik und ein Baugeschäft niedergelassen (Feldstr. 26, 16).

Nach der Eingemeindung dehnte sich die Bebauung von diesem kompakten Siedlungsgürtel beidseitig aus: nach Osten durch Verdichtung des vergleichsweise dünn besiedelten Neuwiesen- und Ruhtalquartiers, nach Westen durch das Entstehen grossflächiger Wohnüberbauungen (Bachtelstr. 101-123; Erikaweg; Salstr. 53-75; Weststrasse). Das Gelenk zwischen diesen Kolonien und den älteren Quartieren bildet das 1905/1906 an der Wülflingerstrasse 40 erbaute Schulhaus, mit welchem das Architekturbüro Rittmeyer & Furrer in Winterthur debütiert hat. Das gleiche Büro erstellte 1920 eine Eisenbahnerkolonie an der Sommerhalde (Sommerhaldenstr. 2-32). Jede Strasse hat seine eigene Geschichte. So auch die Feldstrasse. Abgesehen von einer kurzen Linksbiegung beim Coop-Center verläuft sie schnurgerade von der Bachtelstrasse bis zur Wülflingerstrasse.

Drehen wir das Rad zurück in die Frühzeit (Kriegs -und Nachkriegsjahre und später) und stellen fest, dass zig Strassenzüge unserer Eulachstadt das Gleiche erlebten, nämlich den unaufhaltsamen Niedergang vom privaten Lebensmittelhandel, von Klein und Mittelbetrieben und vom Gastgewerbe. Sogar der zweitgrösste Arbeitgeber „d’Nudli“, sprich Teigwarenfabrik Weilenmann, gibt es nicht mehr und auch der Grösste, der VOLG, zieht weg. Im Niederfeld in Wülflingen haben die Weinproduzenten einen Neubau mit modernen Betriebseinrichtungen erstellt. 2016/17 wird der Betrieb gezügelt.

Im Niederfeld in Wülflingen haben die Weinproduzenten einen Neubau mit modernen Betriebseinrichtungen erstellt. 2016/17 wird der Betrieb gezügelt. Das Areal hat die Basler Versicherung Helvetia gekauft. Sie will darauf eine Mischung von Wohn- und Gewerberäumen erstellen. Neben dem VOLG waren die Weilenmanns das bedeutendste Unternehmen. Die Teigwarenfabrik «Gebrüder Weilenmann AG» wurde 1876 gegründet. Das Fabrikationsgebäude stand an der Bleichestrasse 32, das Wohnhaus befand sich an der Feldstrasse 26. Hedwig Weilenmann (1909-1997) war die Enkelin von Alexander Weilenmann, einem der Gründer des Unternehmens. Sie war eine begabt Pianistin. Sie folgte ihrem ersten Ehemann, der im diplomatischen Dienst tätig war in die USA. Nach der Scheidung kam Hedy Weilenmann 1938 in die Schweiz zurück.

In ihrem Elternhaus war der internierte Pole Zygmunt Luciak (1915-2000) einquartiert. Er studierte an der Universität Zürich Jura. Das Studium schloss er 1945 mit dem Doktortitel ab. Im selben Jahr heirateten die beiden. Nach dem Tode von Vater und Schwiegervater Ernst Weilenmann 1947 übernahm Zygmunt Luciak die Firma. Er wurde ein vorbildlicher und beliebter Patron. Das Unternehmen war erfolgreich. Es wuchs und wurde ständig den Entwicklungen angepasst. Mit grossem Stolz feierte man 1976 das 100-Jahr-Jubiläum. Die Ehe blieb kinderlos. Eine natürliche Nachfolgelösung blieb somit aus. 1988 folgte der Verkauf der «Bschüssig», so der Markenname der Teigwaren, an die HERO. Die Luciaks hofften, dass die Firma in ihrem Sinn und Geist weitergeführt wird. Das war leider nicht so. Es war für sie ein harter Schlag als Ende 1996 die Produktion eingestellt wurde. Seit 2004 ist Pasta Premium AG in Frauenfeld Hersteller der Bschüssig-Teigwaren.

Hedwig und Zygmunt Luciak vermachten der Stadt Winterthur aus ihrem Nachlass verschiedene Liegenschaften. Bei den geerbten Liegenschaften handelt es sich um vier Mehrfamilienhäuser an der Bürglistrasse, an der Feldstrasse und an der Bleichestrasse in Winterthur-Veltheim, sowie um eine Villa in Vitznau am Vierwaldstättersee. Gemäss Testament sind die Mietzinserträge oder Verkaufserlöse in einem Fonds anzulegen, welcher der Veltheimer Bevölkerung für kulturelle oder sportliche Bedürfnisse zu Gute kommt. Der Stadtrat kann nun aus dem Luziak-Weilenmann-Fond geeignete Projekte in Veltheim unterstützen, welche ohne die Finanzierung aus den Fonds nicht realisiert werden könnten. Dabei sollen sowohl kleinere als auch grössere Projekte unterstützt werden, je nachdem welche konkreten Unterstützungsgesuche an den Stadtrat oder direkt an ein Departement gerichtet werden.

Erwin Grieshaber zählt nun alle Geschäfte auf, die es früher an der Feldstrasse oder in unmittelbarer Nähe gab: Rechterhand von der Wülflingerstrasse bis zur Bahnlinie Möbelhandlung Bloch, Milchladen Fröhlich, USEGO-Lädeli Fräulein Baumann, gefolgt vom grossen „Konsi“ bei der Einmündung der Ruhtalstrasse. Eingangs der Juchstrasse Kleiderstoffhandlung Reimann und bei den Sulzerhäusern die Post mit Posthalter Kägi und daneben „dä Beck Siegrist“ (beide an der Löwenstrasse). Eingangs Juchstrasse das Wirtshaus zur Linde (Feldstrasse 25, 1942 geschlossen; heute der Kleinpark Delphin).

Ennet der Schaffhauser-Bahnlinie Oettli-Ahl, Holz und Kohle; Transport- und Busbetrieb (erster Busbetreiber ins Breite-Quartier ab 1940 und weil Benzin rationiert war, mit Holzvergasermotor).Nach der Rechtsbiegung Velohändler Fliegans und „dä Metzger Rohr“. Und zum Abschluss ein weiterer „Konsi“ direkt gegenüber der Konkordia. Von der Bachtelstrasse zurück zur Wülflingerstrasse, wieder auf der rechten Seite Das Restaurant Konkordia mit dem Wahrzeichen, dem rustikalen Dorfbrunnen davor, der seit 1823 friedlich vor sich hin plätschert, der Schuhhändler Pfomann, der Gemüse-und Früchtehändler Anner und die Fuhrhalterei Haidorfer, die u.a. auch den Kehricht mit Ross und offenem Wagen abholte (der Geruch liess grüssen).

Von der Bachtelstrasse zurück zur Wülflingerstrasse, wieder auf der rechten Seite Das Restaurant Konkordia mit dem Wahrzeichen, dem rustikalen Dorfbrunnen davor, der seit 1823 friedlich vor sich hin plätschert, der Schuhhändler Pfomann, der Gemüse-und Früchtehändler Anner und die Fuhrhalterei Haidorfer, die u.a. auch den Kehricht mit Ross und offenem Wagen abholte (der Geruch liess grüssen). Ennet der Schaffhauser Bahnlinie Radiohändler Gabriel und die Möbelschreinerei Ita. Die alte Veltheimer-Post mit den Posthaltern Fehr und später Kägi von 1910 bis 1937, anschliessend Löwenstrasse 21. Drogerie Ernst zum Schneeberg, Coiffeur Müller an der Lindenstrasse und Uhrmacher Ziegler. Druckerei Walti Schwengeler, Restaurant Krone (Feldstrasse 14, 1945 geschlossen), Blumenladen von Fräulein Dümel, Café und Wirtschaft Blume, später Gemeindestube.

Geprägt wurde die Feldstrassse vom wuchtigen Gebäude der Weinkellerei VOLG. Im März 2017 verlegt sie die Räumlichkeiten ins Niederfeld Wülflingen. Fabrikationshallen geschehen wird, ist noch ungewiss. Die ehemaligen Produktions- und Lagergebäude wurden abgebrochen - ausgenommen die architekturgeschichtlich wertvollen und ortsbildprägenden Lagergebäude an der Nordspitze des Areals. Die aus denkmalpflegerischen Gründen zu erhaltenden Produktions- und Lagergebäude an der Feldstrasse wurden zu Gewerbe- und Lagerflächen sowie zwei Loft-Wohnungen umgenutzt.

Der Erhalt der industriellen Zeitzeugen legt auch das an Originalstelle gelegene und geschützte Wandgemälde frei. Dies gibt dem Gebiet ein spezielles Image, das an die Industrievergangenheit erinnert. Nach dem VOLG folgten die Bäckerei-Konditorei Heinrich und später Ernst Honegger. Die Bäckerei wurde 1924 eröffnet und durch Vater und Sohn nacheinander bis 1970 geführt. Mit dem Verkauf der Liegenschaft zirka 1970 an VOLG verschwand dieses KMU-Geschäft. Weitere sechs Bäckereien hatte es in Veltheim einst gegebenen: Siegrist an der Löwenstrasse; Stäuble an der Bachtelstrasse; Egli, Bäckerei und Wirtschaft zur Myrthe; Hotz Ecke Schützenstrasse/Bachtelstrasse; Stulz Ecke Bachtelstrasse/Schaffhauserstrasse und Hayoz an der Ecke Schaffhauserstrasse/Wolfensbergstrasse.

Im Strassenzug folgten die Wirtschaft Jägerhaus; der Milchladen Ernst; „dä Chämifäger“ Josef Meienberg; die Rosenapotheke und daneben an der Schützenstrasse der Milchhändler Max Ladtmann. Zum Abschluss der „Aufzählerei“ darf auch das Wirtshaus zum Frohsinn nicht fehlen. Der Verdrängungskampf hat seine Früchte getragen… Geblieben sind die Gastbetriebe Konkordia und Nachbarsgarten (früher Jägerhaus) und die Old Timer Bar, (früher Frohsinn, abgerissen anno 1940.) Vis-à-vis gibt es heute das Spezialgeschäft La Romagnola (früher Möbel Bloch).Positiv ist aber, dass die Feldstrasse noch ein Coop-Center und eine der letzten Privatmetzgereien; Lotti, vormals Rohr, bzw. Jäger sen. und jun. besitzt. Nicht einmal unser „Schmidäbärgli“ gibt es noch, wo wir früher schlittelten. Auf dem Hof vom „Buur“ Schmid, wo früher Kühe weideten und Hühner gackerten, steht heute die Schulhausanlage Feld. Warum weiss Erwin Grieshaber das alles? - Er sagt: "Ich bin „Vältemer“ und habe eine einfache, aber schöne Jugend -und Schulzeit zwischen den „Crèmeschnitten“ vom „Beck Honegger“ und dem „Traubensaft vom VOLG“ erleben dürfen".

Bibliografie

    Concordia, Restaurant, Feldstrasse 2 (Konkordia)

    • Einträge ab 2011

      Langhart, Dieter: Wo Veltheims Behörden berieten. In: Gallispitz, Nr. 1922/2022. S. 18-26. m.Abb.
      Langhart, Dieter: Välte multikulturell. In: Gallispitz, Nr. 1 (2023). S. 40. m. Abb.

      Einträge 1991–2010

      Trattoria: Landbote 1992/135.
      Salz & Pfeffer 2005/7 von Herbert Huber, m.Abb.
      Wechsel: Landbote 2009/117 1Abb. - Gallispitz 2009/2 1Abb.

    Aegerter, Familie, Aegerterhof Feldstrasse, Veltheim

    • Einträge 1991–2010

      Von Veltheim aus in die weite Welt: Gallispitz 2009/1434 von Lutz Bachmann, m.Abb.

    Feldstrasse

    • Einträge ab 2011

      Steiger Kurt u.a.: Querfeldein, Haus für Haus. In: Gallispitz, Nr. 2 (2016). S. 12-23. m. Abb.


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
02.03.2022