Aus dem Bildarchiv

Fräulein Holwegers Farbladen

Etwa dort, wo heute in den Archhöfen Sushi über die Theke gereicht wird, befand sich einst ein kleiner feiner Farbenladen.


Julie Holweger (1898-1989) in ihrem Farbenladen, um 1925.
Foto: winbib (Signatur: 050351)

«Jeweils vor Weihnachten kauften wir bei Fräulein Holweger im Farbenlädeli ein», erinnert sich ein Winterthurer an seine Kindheit in den 1950er-Jahren, «und danach hiess es: Geschenke basteln!» Der Farbenladen zur Arch war vielleicht für bewegungshungrige Kinder ein Schreck, aber Freizeitkünstlerinnen und -künstler fanden hier ihr Paradies: Farbbüchsen und -gläser stapelten sich den Wänden entlang, fein säuberlich waren Tuben und Pinsel in Vitrinen aufgereiht, und ein grosses Sortiment von Keramikgeschirr wartete auf künstlerische Ausschmückung.

Die Herrin über dieses Reich der Farben war Julie Holweger (1898–1989). Sie übernahm um 1923 das Inventar des konkursiten Geschäfts für Baumaterialien ihres Vaters und richtete sich im ehemaligen Verkaufslokal einer Konsumgenossenschaft in der Arch ein. Ihr kleiner Laden stand etwa da, wo heute in den Archhöfen Sushi über die Theke gereicht wird. Zunächst war Julie Holwegers Kundschaft in Handwerk und Gewerbe beheimatet; in Lizenz stellte sie auch Kitte und Schutzfarben der Marke «Perennator» her. Ab den späten 1940er-Jahren richtete sie ihr Sortiment immer mehr auf die Bedürfnisse künstlerischer Tätigkeit aus und hielt so die Stellung im Quartier, das sein Gesicht stark veränderte. Um 1960 löste aber auch sie ihr Geschäft auf und ging in Pension; erst 1989 starb sie hochbetagt im Altersheim Wiesengrund.



Autor/In:
Andres Betschart
Letzte
Bearbeitung:
08.07.2024