Natur und Pärke

Friedenslinde (vorher Dorflinde)

1945–1956

Auf dem Gebiet des heutigen Lindenplatzes stand jahrhundertelang eine prächtige Linde, die der ganze Stolz der Gemeinde Wülflingen war. Die Asphaltierung des Lindenplatzes hatte ihr aber zugesetzt und so musste der innerlich abgestorbene Baum 1943 gefällt werden. An ihrer Stelle pflanzte die Gemeinde am 6. Dezember 1945 eine neue Dorflinde, die «Friedenslinde» genannt wurde. Die Stadt liess sie 2013 fällen.


Lindenplatz bei Wülflingen um 1910. Das Bild zeigt die rund 200 jährige alte Dorflinde, die 1943 gefällt werden musste.
Foto: winbib (Signatur Lindenplatz_9_6)

Der Stolz eines Dorfes

Viele mittelalterliche Dörfer hatten in ihrer Mitte eine Linde. Der Baum diente als wichtiger Versammlungsplatz. Die Linde galt als Symbol des Friedens und war in den Dörfern auch das Zentrum der Maifeierlichkeiten oder als Gerichtsplatz nach germanischer Tradition – dem sogenannten «Thing». Auch in der ehemaligen Weinbaugemeinde Wülflingen stand über viele Jahrhunderte eine solche Linde im Dorfzentrum und war sowohl Schmuck als auch Wahrzeichen. Um die Wurzeln zu schützen, beschloss die Gemeindeversammlung 1845, ihren Stamm einzufassen. 

Als die Asphaltierung für den Lindenplatz durchgeführt wurde, nahm der Baum allerdings Schaden. Innerlich abgestorben, musste die alte Dorflinde 1943 gefällt werden. Mindestens 180 Jahrringe zählte der Baum, doch ein grosser Teil fehlte, weil der Stamm im Innern bereits ausgehöhlt war. Fachpersonen schätzten ihr Alter schliesslich auf über 190, aber unter 250 Jahre. Mitten im Zweiten Weltkrieg war der Verlust der Linde ein harter Schlag für die Dorfbevölkerung. Zwei Jahre lang mussten die Einheimischen warten, ehe am 6. Dezember 1945 eine «Friedenslinde» als neue Dorflinde gepflanzt wurde. Dabei handelte es sich um einen direkten Nachkommen der alten Linde. Die junge Linde war um 1930 im benachbarten Vorgarten des Briefträgers Benz als Sämling herangewachsen. Mittlerweile war die bereits vier Meter hohe Linde stark genug, um umgepflanzt zu werden, und so schenkte die Witwe des Pöstlers den Baum dem städtischen Gartenbauamt. Stadtrat Ernst Löpfe (SP) weihte die neue Linde im Beisein des Stadtgärtners und der Bevölkerung ein.

Die Tradition der Friedenslinde

Die Linde gilt seit der Antike als Zeichen der Heimat und des Friedens. Im Mittelalter pflanzten viele Ortschaften nach Pestepidemien oder kriegerischen Ereignissen eine «Friedenslinde» – so auch nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Linde muss weichen

Die Wülflinger «Friedenslinde» zierte den Dorfplatz bis ins Jahr 2013. Obwohl der Stamm gesund war und kein Pilzbefall vorlag, war die Linde geschwächt. Verschiedene Bauarbeiten hatten vermutlich die Wurzeln geschädigt, und immer wieder musste Totholz entfernt werden. Das Risiko von abbrechenden Ästen erschien den Verantwortlichen als zu hoch, und so liess die Stadt den als gefährlich eingestuften Baum fällen. 


Benutzte und weiterführende Literatur

W.W.: Winterthur und Umgebung, in: Zürcher Oberländer, 18.12.1945.
W.W.: Winterthur und Umgebung, in: Zürcher Oberländer, 13.12.1945.

Bibliografie


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
11.10.2024