Bildung und Soziales
Genossenschaft für selbstverwaltetes Wohnen (GESEWO)
Emil-Krebs-Gasse 10
Als ehemalige Arbeiterstadt ist Winterthur – historisch bedingt - eine Hochburg der Baugenossenschaften. Eine besondere Stellung nimmt dabei die Genossenschaft für selbstverwaltetes Wohnen (Gesewo) ein.
Adresse
Gesewo Geschäftsstelle
Obergasse 15
8401 Winterthur
Die Wohnsiedlung EinViertel im Haus Krokodil wurde 2021 bezogen
Foto: winbib, Nadia Pettannice
„Selbstverwaltet“: Der wichtigste Zweckartikel der „Genossenschaft für selbstverwaltetes Wohnen“ steckt im Namen - und ist Programm. Wie alle Baugenossenschaften will die Gesewo zwar auch günstigen Wohnraum zur Verfügung stellen und gilt in ihren 14 Häusern und Siedlungen (2015) deshalb die Kostenmiete, das heisst dass der Mietzins die effektiven Kosten für Kauf bzw. Bau und Unterhalt der Liegenschaften nicht übersteigen darf. Was sie von anderen unterscheidet, ist vor allem ihr deklarierter Anspruch, das gemeinschaftliche Wohnen, die demokratische Selbstbestimmung der Mieter und Mieterinnen zu fördern und zu stützen. Verglichen mit anderen Winterthurer Baugenossenschaften ist die Gesewo relativ jung. Den Anfang machte das Projekt die „Sagi Hegi“, eine Zwei-Block-Siedlung mit 44 Wohnungen, die nach einer längeren Planungs- und Bauphase 1992 bezogen wurde. Mit ihren allen rund 130 Bewohnern zugänglichen Gemeinschaftsräumen (unter anderem Musikübungsraum, Schreinerwerkstatt, Bastelraum) und den grosszügigen Aussenanlagen samt Grillstelle und Wasserspielplatz, war und ist die „Sagi“ speziell für Familien interessant.
Im Laufe der nächsten zwanzig Jahre kam ein weiteres Dutzend Liegenschaften über die ganze Stadt verteilt dazu. Meist wandten sich Mieter mit ihrem Projekt an die Gesewo oder wurde ein Wohnhaus dieser zum Kauf angeboten. Anders der „Kanzlei“-Wohnblock in der Nähe des Bahnhofs Seen, der 2010 erstellt wurde und 16 so genannte Clusterwohnungen mit vielen Gemeinschaftsräumen bietet. Das bisher grösste Gesewo-Projekt ist das Mehrgenerationenhaus „Giesserei“ in Neuhegi, das für rund 85 Millionen Franken auf dem Gelände der ehemaligen Sulzer-Grossgiesserei errichtet und 2013 bezogen wurde. Mit seinen 150 Wohnungen aller Grössen und den zahlreichen Gemeinschafts- und Gewerberäumen gilt es als das wohl grösste Holzwohnhaus Europas. Als vorerst letzte Akquisition kam im Frühjahr 2015 die Alternativsiedlung „Grienen“ zwischen Seen und Sennhof dazu, mit ihren Jurten und Wohnwagen wohl die originellste Position im Gesewo-Portfolio.
Wie aber finanziert sich die Genossenschaft? Mitglied wird man mit dem Kauf von Anteilscheinen. Mieter haben beim Mietantritt ein Pflichtdarlehen in der Höhe von 10 Prozent des Wohnungswertes zu leisten. Um auch weniger begüterten Familien das Wohnen in einer Genossenschaftswohnung zu ermöglichen, gibt es einen eigens geäufneten Fonds, der bei Bedarf eingesetzt werden kann. Bei Käufen und Bauvorhaben kommen weitere Privat- und Bankdarlehen dazu. Da die Genossenschaft gemeinnützig und ist nicht gewinnorientiert ist, werden reine Kostenmieten erhoben. Selbstverwaltet heisst selbstbestimmt: Alle wichtigen Entscheide, die das Haus und das Zusammenleben dessen Bewohner betreffen, werden von den jeweiligen Hausgemeinschaften selbst gefällt. Das betrifft sowohl Unterhaltsarbeiten wie auch eventuelle, gemeinsam beschlossene Um- oder Ausbauten. Die Mieter verwalten ihre Liegenschaft also in Eigenregie. Sie können unter anderem auch bei der Neuvermietung frei werdender Wohnungen mitreden und die Mieterkandidaten auswählen. Auch organisieren sich die Bewohner und Bewohnerinnen selber, was die Mitarbeit am und im Haus betrifft. So leisten zum Beispiel die Giesserei-Mieter jährlich eine von der Hausgemeinschaft definierte Anzahl Arbeitsstunden für die Allgemeinheit.
Die zentrale Geschäftsstelle der Genossenschaft erfüllt reine Dienstleistungsaufgaben, wie Beratungen, das Inkasso der Mieten und andere administrative Belange. Der Genossenschaftsvorstand trägt die gesamte Verantwortung für die Tätigkeiten der Gesewo. Er ist für die strategischen Belange zuständig, so für den Kauf oder den Bau neuer Wohnhäuser. Oberstes Organ ist die Mitgliederversammlung, die unter anderem auch bei neuen Wohnprojekten über 5 Millionen Franken zwingend zu konsultieren ist. Gegenwärtig (Ende 2015) ist ein neues Grossprojekt in Bearbeitung, das „Werk 1“ auf dem ehemaligen Sulzerareal Stadtmitte. Für dieses Vorhaben spannt die Gesewo mit der Gaiwo (Genossenschaft für Invaliden- und Alterswohnungen) und der Anlagestiftung Adimora zusammen. Geplant sind insgesamt rund 250 Wohnungen (davon 90 von der Gesewo und 50 von der Gaiwo). Bis zum Sommer 2016 sollte der Architekturwettbewerb entschieden sein. Verläuft alles nach Plan, sollte gemäss Gesewo-Geschäftsführer Martin Geilinger der Neubau im Jahr 2020 bezugsbereit sein.