Politik

Hans Knüsli

Jurist, Eisenbahnindustrieller, Stadtrat, 1841–1921

Hans Knüsli studierte in Zürich Jura. Er wurde in Winterthur 1870 Bezirksrichter, 1871 Gerichtspräsident und 1874 Stadtschreiber. Später war er Anwalt. 1893 wurde er Verwaltungsratspräsident der SLM in Winterthur. Ab 1911 gehörte er dem Verwaltungsrat der SBB an. Politisch betätigte sich Knüsli als Mitglied des Stadtrates (1880 bis 1889), dessen Präsident er zeitweise war, und des Kantonsrates.


Geburtsort
Winterthur-Wülflingen

Geboren
08.03.1841

Gestorben
02.09.1921


Hans Knüsli wuchs als Sohn des Notars und Kantonsrats Hans Knüsli-Unholz in Wülflingen auf. Seine beiden Brüder wanderten in die USA aus: Otto wurde Redaktor in Milwaukee, Gottfried war als Vergolder in Memphis tätig. Eine Schwester heiratete Werner Sträuli, Mitgründer der Gelatinefabrik, eine andere Oberst Johann Philipp Heitz, einen Textilindustriellen aus dem thurgauischen Münchwilen. Knüsli selbst trat beruflich in die Fussstapfen seines Vaters: Er wurde Bezirksrichter und Gerichtspräsident. Von 1874 bis 1879, also in der Zeit des Nationalbahn-Abenteuers, amtierte er als Stadtschreiber. 1878, als die Demokraten sich in den harten Auseinandersetzungen mit den Liberalen in der Defensive befanden, kandidierte Knüsli für die Demokraten erfolglos für den Regierungsrat.

Nach seinem Abschied als Stadtschreiber eröffnete Knüsli ein Anwaltsbüro, in das später der spätere Stadtpräsident Hans Sträuli-Sträuli (1862–1938), ebenfalls ein Demokrat und ein Verwandter, eintrat. Knüsli, der die verschiedensten politischen Ämter bis hin zum Kantonsrat bekleidete, war unter anderem als Wirtschaftsanwalt tätig. 1882 wurde er in den Verwaltungsrat der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik (SLM) gewählt, die sich gerade von einer schweren Krise erholt hatte. 1886 gründete eine Investorengruppe um Knüsli und den aus dem Allgäu zugewanderten späteren Teigwarenfabrikanten Sigmund Montag (AMI-Teigwaren) die Biscuitfabrik Anglo- Swiss Biscuits Company. Das Unternehmen nahm an der Ecke Neuwiesen/Konradstrasse ihren Betrieb auf. Bis in die frühen 1980er-Jahre wurden dort Biskuits und andere süsse Backwaren hergestellt. Wirtschaftlich gewichtiger war Knüslis Tätigkeit bei der Loki gewesen. Er war SLM-Verwaltungsrat von 1893 bis 1898 und 1911 bis 1920 präsidierte er dieses Gremium. In den Jahren dazwischen war er als Delegierter des Verwaltungsrates operative Gesamtleiter des Unternehmens. 1911 wurde Knüsli auch in den Verwaltungsrat der SBB berufen. Knüslis Frau, Adèle Léontine Elise Simond, stammte aus dem französischen Chamonix. Das einzige Kind des Paars, die 1871 geborene Adele Knüsli, heiratete 1893 Joan Barbovescu, der an der Königlichen Rumänischen Gesandtschaft in Berlin tätig war, übersetzte, verschiedentlich auch publizierte und schliesslich zum Generalkonsul aufstieg. 1902 war Adele Knüsli bereits Witwe. Gut zehn Jahre später heiratete sie den ebenfalls verwitweten Karl Koller, Sohn eines Eisenbahningenieurs, der sich Verdienste um den Bau der Gotthardbahn erworben und in deren Verwaltungsrat gesessen hatte. Karl Koller war 1890 bis 1902 Pfarrer in Will SG. 1902 wechselte er zur Seidenfärberei Weidmann in Thalwil. Er wurde somit Fabrikant und machte eine politische Karriere als freisinniger Gemeindepräsident, Kantons- und Nationalrat. Koller starb, nicht ganz 57-jährig, Anfang 1920. Die erneut verwitwete Adele Koller- Knüsli, ohne eigene Kinder, verfügte 1924, dass nach ihrem Tod eine Stiftung errichtet werde mit dem Zweck, den Ertrag ihres Vermögens «in den Dienst der Gemeinnützigkeit, öffentlichen Wohltätigkeit, Spital- und Krankenpflege usw. zu stellen». Adele Koller-Knüsli starb 1926. Nach dem Ableben von Adele Koller-Knüsli entstand die „Adele-Koller-Knüsli-Stiftung". Dieses Hilfswerk unterstützt heute eine Vielzahl von Projekten. Das waren zum Beispiel unter anderen 2011: Stiftung andante, Winterthur; Familienzentrum Winterthur; Selbsthilfezentrum Winterthur; Zürcher Stadtmission Familien- und Jugendhilfe, Winterthur; Strassensozialarbeit Winterthur; Dachlade Winterthur; Benevol Winterthur; Bistro Dimensione Winterthur; Frauenhaus Winterthur; Selbsthilfezentrum Winterthur; usw. 2014 ermöglichte die Stiftung die Herausgabe der neuen "Winterthurer Stadtgeschichte" anlässlich des 750 Jahrfeier.

Bibliografie


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
16.02.2022