Industrie- und Gewerbeanlagen

Spinnerei Hard

Hard 6

Das 1802 erbaute Industriezentrum Hard ist die älteste Fabrikanlage der Schweiz und zugleich ein wichtiger Ausgangspunkt der industriellen Revolution in der Schweiz. Anders als andere Industrieunternehmen Winterthurs war die Spinnerei Hard von Beginn an eine Aktiengesellschaft. Hinter ihr standen die Familien Sulzer, Sulzer-Wart, Ziegler und Haggenmacher.


Baujahr
1802


Adresse
Gemeinschaft Hard AG
Hard 6
8408 Winterthur ZH
um 1900: Spinnerei Hard Foto: winbib, Urheberschaft unbekannt (Signatur 111569)

Hard war die erste wassergetriebene Spinnfabrik. 34‘000 Familien lebten im Zürcher Oberland von der Heimarbeit mit dem Spinnrad. Da ersetzte die erste mechanisierte Grossspinnerei Hard ab 1802 über 8‘000 Spinnräder. Ein Mädchenheim, ein Bauernhof mit Mühle und ein Herrschaftshaus ergänzten die Anlage. Dieses Industriezentrum Hard ist die älteste Fabrikanlage der Schweiz und zugleich ein wichtiger Ausgangspunkt der industriellen Revolution in der Schweiz. Anders als andere Industrieunternehmen Winterthurs war sie von Beginn an eine Aktiengesellschaft. Hinter ihr standen die Familien Sulzer, Sulzer-Wart, Ziegler und Haggenmacher. Als Standort wählten sie den nächstgelegenen Wasserfall der Töss, der noch nicht wasserrechtlich geschützt war.

Zuerst wurde nur gesponnen. Mit 44 mechanischen Spinnstühlen machte das Unternehmen rund 8000 Heimspinner arbeitslos. Ab 1824 wurde in der Hard auch gewoben. 1841 übernahm Carl Sebastian von Clais, der Sohn des Industriepioniers Johann Sebastian Clais die Spinnerei Hard bei Wülflingen, die damals eine der grössten Spinnereien des Kantons Zürich mit einer mechanischen Weberei, einer Fabrikationswerkstatt für Textilmaschinen, einer Mühle und einem landwirtschaftlichen Betrieb war. Er modernisierte die Wasserkraftanlage und erbaute die mechanische Werkstätte. Weit über den eigenen Bedarf hinaus wurden Textilmaschinen produziert.

Im Konjunktureinbruch von 1847/48 musste Clais das ererbte Bankgeschäft zur Vermeidung des Konkurses liquidieren und die Villa Lindengut veräussern. In der Krise von 1857 entging das Textilunternehmen nur knapp dem Ruin. Von Clais war 1832 bis 1842 Winterthurer Stadtrat und Forstamtmann. Als von Clais 1858 starb, übernahmen seine drei Söhne Emil, Arnold und Carl die Hard. Nebst der Gewässerverschmutzung durch die Papierfabrik schafften sich die drei Brüder durch die eigene Uneinigkeit Probleme. Emil von Clais ist 1866 in München an Typhus verstorben. Seine beiden Brüder waren weiter erfolglos und zerstritten. Sie verkauften die Hard mit dem ganzen Inventar am 12. Juni 1866 an die Gebrüder Huldreich und Julius Honegger von Wald und Daniel Elmer–Wild von Glarus für 341‘000 Franken.

1924, wurde die textile Produktion nach diversen Besitzerwechseln eingestellt. Die Gebäude wurden noch bis 1928 von der Knopffabrik Neftenbach genutzt. 1928 erwarb Hans Stüdli die Hard, um ein Kunststoffspritz- und Presswerk einzurichten. 1938 und 1942 wurde die Wasserkraft durch den Einbau von zwei Francis-Turbinen modernisiert. Das Presswerk florierte. Das Unternehmen produzierte Knöpfe und andere Kunststoff-Pressteile. Im In- und Ausland wurden Niederlassungen gegründet. 1985 ging das Unternehmen dann aber Konkurs. 1935 wurde in der Hard ein erstes Lager der Schweiz für arbeitslose Metallarbeiter gegründet. Es ging 1946 in die Stiftung Fachschule Hard über und organisierte Kurse für die berufliche Weiterbildung. Später, 1942, wurde eine Erweiterung mit einem Neubau für eine Automechanikerwerkstätte realisiert.

1962 bezog die Fachschule Hard einen Neubau an der Schlosstalstrasse. 1972 wurde der Name Fachschule Hard durch Schweizerische Technische Fachschule abgelöst. Am 1. September 1986 hat die Gemeinschaft Hard AG das Areal gekauft, um unter dem Motto „Wohnen, Arbeit und Kultur“ ein attraktives und entwicklungsfähiges Quartier zu gestalten. Die Hard ist also seit 1986 wieder bewohnt und es gelang ein lebendiges Quartier zu etablieren. Nach patriarchalischem Besitztum hat mit der Gemeinschaft Hard ein selbstbestimmendes Eigentümer- Kollektiv das ganzen Hard-Areals übernommen. Etwa 140 Bewohner auf 10‘000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche und zirka ebenso viele Arbeitsplätze in unterschiedlichsten gewerblichen Betrieben sowie einem biologisch geführten Hof mit Laden. Die verschiedenen Eigentümer der Hard brachten die Wasserkraftanlagen laufend auf den neuesten Stand der Technik. Heute liefert eine moderne 300-Kilowatt-Turbine rund zehnmal mehr Strom ins Netz, als die Hard selber benötigt.

Historische Energiequelle, die Wasserkraft: Sanierung des Unterwasserkanals in der Hard

Bedeutung als Baudenkmal Zu Beginn des Industriezeitalters um 1800 wurden vorwiegend Energiequellen genutzt, die in der nahen Umgebung zur Verfügung standen. Insbesondere die Wasserkraft spielte eine bedeutende Rolle. Die Euphorie und Begeisterung über die neuen Möglichkeiten waren gross, und Gedanken über die Endlichkeit der Ressourcen oder negative Umwelteinflüsse lagen noch fern. Ein eindrückliches Baudenkmal früher Energienutzung zum Antrieb von Maschinen befindet sich im Untergrund der Hard: ein Wasserkanal von 1802. Durch diesen Kanal wurde das Wasser unter dem Fabrikareal hindurch der Töss zugeleitet und dabei zunächst 8000 und später 20'000 Spindeln angetrieben.

Der Kanal ist 80 Meter lang und 2.5 Meter breit, seine Sohle liegt 5.5 Meter unter Terrain. Für seinen Bau wurden 10000 m3 Sandstein aus dem Fels gebrochen. Die obere Hälfte des in den Felsen gebrochenen Bauwerks wurde mit einem Gewölbe abgeschlossen. Leistungen der Denkmalpflege Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums der Fabrikanlage Hard im Jahre 2002 wurde der Kanal mit Unterstützung der Stadt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die dadurch veränderten klimatischen Verhältnisse führten zu einem rascheren Abbau des gewachsenen Sandsteins, auf dem das Gewölbe des Kanals ruht. Deshalb wurden im Jahr 2007 Massnahmen getroffen, um einen Einsturz des Kanals zu verhindern sowie die freiliegenden erodierten Sandsteinschichten zu schützen.

Vorgabe der Denkmalpflege war, dass der bestehende Gesamteindruck des Kanals bei der Sanierung erhalten bleibt. Der Sandstein wurde partiell mit Spritzbeton überdeckt, wobei die Oberflächengestaltung der bestehenden Situation angepasst wurde, um das Gesamtbild zu bewahren. Denkmal und Energie Da die Gemeinschaft Hard auf die Nutzung alternativer Energien setzt, plante sie, auf dem Trakt der Industrieanlage parallel zur Töss eine Solaranlage zu installieren. Aus Sicht der Denkmalpflege war die Installation der Anlage unproblematisch, da sie keine historische Substanz zerstört. Wird in der Zukunft ein anderes, effizienteres Mittel zur Produktion von Alternativenergien gefunden, lässt sich die Anlage einfach rückbauen und die alte Situation wieder herstellen. Aus denkmalpflegerischer Sicht wichtig war eine gute Gestaltung und Integration der Solaranlage in die Dachfläche.

Bibliografie

    Hard, Spinnerei. Umnutzung, Gemeinschaft Hard AG

    • Einträge ab 2011

      Oppliger, Brigitt: 25 Jahre Gemeinschaft Hard AG. In: Wulfilo; Jg. 7 (2011), S. 9
      Z'Wülflinge spinneds. In: Wulfilo, Nr. 4 (2023). S. 16-17. m.Abb.
      In Wülflingen getroffen: Hanna Götte. In: Wulfilo, Nr. 1 (2024). S. 9. m. Abb.

      Einträge 1991–2010

      Gemeinschaft Hard. 5 Jahre: Weinländer Zeitung 1991/103.
      Neubau Wohnhaus: Winterthurer Jahrbuch 1992 S.229 f. 1Abb.
      Umnutzung geht weiter: Wülflinger Zytig 1992/6 m.Abb.
      Gemeinschaft Hard: Winterthurer Arbeiterzeitung 1992/204 von Andreas Mösli, 1Abb.
      Die erste Fabrik der Schweiz, umgenutzt: Pro Technorama 1992/3 von Markus Fischer, m.Abb.
      Halle Hard 5, Grossraumbüro für Kleinunternehmer: Landbote 1994/98 1Abb., 120 von Hans Bänninger, m.Abb.
      In.Ku 1994/12 Die älteste Fabrik der Schweiz, vielseitig genutzt, von Sylvia Bärtschi-Baumann, m.Abb.
      Hausgemeinschaften: Raum und Wohnen 1996/6 Wo die Webstühle klapperten, von Lore Kelly, m.Abb.
      Erkundungszentrum: Landbote 1996/151 m.Abb.
      10 Jahre Gemeinschaft Hard: Landbote 1996/231.
      In: Landbote 1997/280.
      Geschichte: Weinländer Zeitung 1999/5, 82 1Abb.
      200 Jahre: Grosses öffentliches Jubiläumsfest... 31. Aug.02 [Programm]. Leporello [Winterthurer Dok.2002/29]. - Landbote 2002/194 von Christoph Keller, 1Abb., 195. - tec21 2002/35.
      Ausstellung Hans Rudolf Giger: Stadtblatt 2002/44 Interview.
      Geschichte: Winterthurer Jahrbuch 2004 Alternative Aktionäre, von Reto Westermann, m.Abb.
      20 Jahe: Landbote 2006/203 1Abb. - Wulfilo 2006/5 m.Abb.


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
05.04.2023