Wilhelm Eitel Friedrich Karl Saas kam als Waisenkind aus Strassburg Frankreich nach Winterthur. Er genoss eine gute Bildung, wurde 1906 Schweizer und studierte Jura. In der Firma Maggi nahm er die Stellung des Rechtskonsulenten ein. 1913 verheiratete er sich mit der Medizinstudentin Johanna Hafner (geb.1886) aus Winterthur. Sie hatten drei Söhne. Karl Saas beauftragt 1928 den renommierten Architekten Hermann Arthur Reinhart (1895-1993) für sich und seine Familie am Brühlberg einen Familiensitz zu bauen. Am heutigen Wölfflinweg entstand ein Landhaus mit 15 Zimmern. Das Gebäude ist nicht nur wegen seiner wunderbaren Lage mit Blick auf fast ganz Winterthur bewundernswert, sondern auch wegen seiner architektonischen Gestaltung.
Es ist konzipiert nach dem Baustil des Neuen Bauens (Neue Sachlichkeit), das in jenen Jahren zu einem neuen Leitbild von jungen Architekten geworden war. Der Baustil beinhaltet eine Architektur mit stark funktionalem Charakter, weg vom Historismus des 19. Jahrhunderts. Einfach Bauformen und nach aussen ins Freie gerichtet. Wo wäre diese neue Devise besser umsetzbar gewesen als hier hoch am Brühlberg. Der Slogan des Neuen Bauens „Sonne-Licht-Luft“ konnte vollständig realisiert werden. Bauherr und Architekt zeigten mit dieser Bauweise Mut und Innovation. Im Rebhang über den traditionell bürgerlichen Stadthäusern wurde ein modernes Bauwerk erstellt, das heute als wichtiger Zeitzeuge gilt.
Bauherr Carl Saas verstarb 1949. Bis 1959 wohnte seine Witwe alleine im grossen Wohnhaus. 1960 kam der Wohnsitz in den Besitz des Kaufmanns Biedermann. Er bewohnte das schöne geräumige Haus mit seiner vierköpfigen Familie. Nach dem Tode dieses Ehepaars Biedermann in den Jahren 2006 und 2012 erbten die Geschwister Georg und Charlotte Biedermann die Liegenschaft. Da die beiden keine eigenen Bedürfnisse für das Haus hatten begann der Denkprozess über die weitere Nutzung dieses für heutige Verhältnisse sehr grossen Hauses. Am Gebäude waren ausser dem Einbau einer Dreizimmer-Einliegerwohnung im Erdgeschoss kaum Veränderungen vorgenommen worden.
Die im Vordergrund stehende Variante, im Haus drei einzeln nutzbare Wohnungen einzurichten, wurde verworfen. Es war für die heutigen Eigentümer zu emotional, den Grundcharakter des stilvollen Gebäudes zu verändern. In Zusammenarbeit mit der städtischen Denkmalpflege und dem Architektenteam vom Büro Walser Zumbrunn Wäckerli wurde ein Konzept erarbeitet, das für alle Beteiligten eine befriedigende Lösung ergab. Eine Wohngemeinschaft soll zukünftig das Haus mit seinem Park beleben, so dass eine Aufteilung in Wohnungen vermieden werden kann, welche Eingriffe wie ein zweites Treppenhaus zur Folge gehabt hätte. Das sehr grosszügige Einfamilienhaus kann damit in seiner Struktur und Ausformulierung soweit wie möglich erhalten bleiben. Auch die modernisierte Einliegerwohnung bleibt erhalten.