Politik

Heinrich Emil Sträuli-Ganzoni

Richter, Politiker, 1834–1894

Dr. Emil Sträuli (1834-1894) aus Winterthur hatte in Zürich, Heidelberg und Berlin Recht studiert. Anschliessend wurde er Bezirksrichter in Winterthur und 1869 Oberrichter in Zürich. Ab 1876 amtierte er als Präsident des Obergerichtes. Er gehörte der Demokratischen Partei an, die er von 1866 bis zu seinem Tode im Kantonsrat vertrat.


Geburtsort
Winterthur

Geboren
20.04.1834

Gestorben
03.04.1894


um 1865: Dr. iur. Heinrich Emil Sträuli-Ganzoni 1834-1894, Rechtsanwalt, Turnlehrer, Bezirksgerichtspräsident, Verfassungsrat, Kantonasrat, Oberrichter, mit Frau Anna 1833-1867, in einer Kutsche Foto: winbib, Urheberschaft unbekannt (Signatur 172552)
Heinrich Emil Sträuli kam am 20. April 1834 als zweiter Sohn von Johannes Sträuli (Stammvater der Seifenfabrikdynastie) und der Emilie geborene Brändli in Winterthur, Wohnhaus zum alten Friedhof, zur Welt. Auch er, wie alle der Geschwister, musste bereits früh im väterlichen Betrieb, der Kerzen und Seifenfabrik, mithelfen. Von Seiten seines Onkels Benjamin Brändli (Fürsprech, Grossrat und Nationalrat), der gern und oft im Hause seiner Schwester einkehrte, wurde Emil bald beeinflusst, das Studium der Rechte aufzunehmen. Emil siedelte dann 1850 nach Zürich an das obere Gymnasium über, wo er gleich eine Klasse überspringen konnte. 1853 begann er das Jus-Studium an der Universität Zürich, wo der berühmte Theodor Mommsen das Römische Recht lehrte. Als Turner machte er erfolgreich beim Universitätsturnverein mit. Er gewann 19-jährig am Eidgenössischen Turnfest in Chur (1853) den zweiten Lorbeer und am nächsten Eidgenössischen (1854 Freiburg) wurde er Vierter im Kunstturnen. Das Eidgenössische Fest in Chur war nicht nur sportlich ein Erfolg, sondern stellte wichtige Weichen für sein Leben. Emil Sträuli lernte dort seinen späteren Freund Moritz Ganzoni kennen. Den Kranz überreichte ihm dessen Schwester, Nanette, die Rose vom Domleschg, wie sie weitherum genannt wurde. Es blieb aber nicht bei dieser Begegnung, acht Jahre später heirateten die beiden. Emil holte Moritz Ganzoni als Turnlehrer nach Winterthur, der dann seinerseits Emils Schwester Nanettli (Anna Sträuli 1836-1919) heiratete.

Die Studienjahre führten Emil Sträuli nach Heidelberg und Berlin. Der frühe Tod der Mutter knüpfte die Familienbande noch enger. Nanettli übernahm diese Mutterpflichten für ihre jüngeren Geschwister und auch Emil kehrte wenig später aus Berlin zurück und nahm eine Stelle als Turnlehrer an, führte aber sein Studium weiter. 1861 promovierte er in Zürich und kurz darauf folgt seine Wahl zum Bezirksrichter in Winterthur. 1865 wurde er Bezirksgerichtspräsident, ab 1866 Mitglied des Kantonsrates als Vertreter der Demokratischen Partei und Ersatzmann des Obergerichtes. 1862 kam Sohn Hans zur Welt, der später ebenfalls Jura studierte und Stadtpräsident von Winterthur wurde. 1865 kam Töchterchen Lina und 1867 Sohn Emil zur Welt. Aber noch im selben Jahr verstarb die junge Mutter an schwerer Tuberkulose im 34. Altersjahr. Die Schwester Emilie (1842-1931) trat in die Fussstapfen der Schwägerin und war den drei Kindern ein hervorragender Mutterersatz. Der Vater hatte ja wenig Zeit, um sich seinen Kindern zu widmen, was ihn belastete. 1869 wurde er definitiv an Obergericht berufen und 1876 zu dessen Präsidenten gewählt. Im weiteren war Sträuli langjähriger Präsident des kantonalen Turnvereins und gehört während drei Jahrzehnten dem Kantonsrat an. Um die Persönlichkeit des Dr. Emil Sträuli zu schildern geben wir einem Kollegen aus dem Obergericht das Wort. „Sträuli zeigte, dass er voll und ganz seinen Aufgaben gewachsen war. Er fragte nie, was und wie viel es zu tun gäbe, wie er zu seiner Erholung komme; das Erste und das Massgebende war die Anforderung an sich selbst zur Erfüllung der an ihn herantretenden Aufgaben.“ Nach kurzer Krankheit verstarb Emil Sträuli am 3. April 1894 und der Landbote schrieb im Nachruf: „ Ein Richter von ungewöhnlichen Eigenschaften, dem auch seine politischen Gegner keinen Augenblick ihre Achtung und ihr unbedingtes Vertrauen versagten. Mit durchdringender Schärfe das Kleinste und Einzelste erfassend, behielt er stets den feinen Blick auf Wesentliches und Ganzes, und was er sprach, schrieb oder entschied, dem fühlte jedermann an, dass er auf dem Felsen unerschütterlicher reiner Gerechtigkeitsliebe und Überzeugung ruhe.“ In der Rechtspflege hatte sich Emil Sträuli durch seinen Kommentar zum Gesetz betreffend die Zürcherische Rechtspflege ein schönes Denkmal gesetzt.

Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
22.02.2022