Vereine und Verbände

Historischer Verein Winterthur (HVW)

Römerstrasse 8

Der historische Verein Winterthur organisiert historische Vorträge und Exkursionen und fördert Publikationen zur Geschichte Winterthurs. Er betreut das Museum Lindengut und die Mörsburg. Dazu führt er Wechselausstellungen zur Winterthurer Kultur- und Sozialgeschichte durch.


Gründungsdatum
1874


Adresse
Historischer Verein Winterthur
Römerstrasse 8
8400 Winterthur
um 1875: Dr. Albert Hafner (1826-1888), Pfarrer, Stadtbibliothekar, 1. Präsident Historisch-Antiquarischer Verein Foto: winbib (Signatur 171479)

Ein Bericht von Marcel Bearth im Neujahrsblatt der Stadtbibliothek im Jahr 2007 "Vom Bronzebeil zur WC-Schüssel 50 Jahre Museum Lindengut“ gibt die „Geschichte des Historischen Vereins Winterthur“ wieder. Hier die gekürzte Fassung: Die Anfänge des Historischen Vereins Winterthur führen zum Kunstverein Winterthur. Dort bildete sich 1872 eine Kommission, die sich für die geschichtlichen Zeugnisse in Winterthur interessierte und die Errichtung eines historischen Museums prüfte. 1874 wurde der Historisch-antiquarische Verein Winterthur gegründet — im gleichen Jahr, in dem das Technikum in Winterthur entstand. Ganz abnabeln wollte sich der neugegründete Verein vom Kunstverein aber nicht. Der Historisch-antiquarische Verein blieb, obwohl als eigenständiger Verein organisiert, weiterhin eine Sektion des Kunstvereins. Der erste Einsatz des Historisch-antiquarischen Vereins Winterthur galt der Sicherung der Fresken der Kapelle St. Georgen, die der Nordostbahn im Weg stand. Die Kapelle St. Georgen konnte zwar nicht gerettet werden. Mit dem neugegründeten Verein war nun aber eine Kraft ins Leben gerufen, die sich der Pflege des geschichtlichen Erbes der Stadt Winterthur annehmen wollte. Erster Präsident und treibende Kraft in den Gründerjahren des Historisch-antiquarischen Vereins war der Theologe Albert Hafner. Er stand dem Verein von 1874 bis 1885 vor.

Hafner war Pfarrer in Rickenbach, später Winterthurer Stadtbibliothekar. Unter seiner Führung eröffnete der Historisch-antiquarische Verein 1878 seine erste Ausstellung. Die Ausstellung, die einen kunstgeschichtlichen Vergleich verschiedener Kunststile ermöglichen wollte, wurde zu einem grossen Erfolg. Über 10'000 Besucher bestaunten Objekte «von der Urzeit bis nahe an die Gegenwart, von den barbarischen Volksstämmen bis zu den hervorragendsten Kulturvölkern der Gegenwart». 1898 übernahm Louis Calame das Steuer des Historischen Vereins. Calame, Professor an der kunstgewerblichen Abteilung des Technikums. Er präsidierte den Verein bis 1909. In dieser Zeit rückte die Mörsburg ins Blickfeld des Vereins. Die Stadt Winterthur hatte die Mörsburg 1900 renoviert und dem Historisch-antiquarischen Verein die Aufgabe gestellt, die Burg mit historischen Gegenständen auszustatten. Zu diesem Zweck wurden Waffen und Rüstungen gesammelt und im Schloss ausgestellt. Der Verein konnte dabei auf bedeutende Schenkungen zurückgreifen. Carl von Clais schenkte dem Verein seine grosse Waffensammlung und wertvolle Wappenscheiben. Er war der Enkel von Johann Sebastian Clais, dem bedeutenden Winterthurer Pionier der Industrialisierung und Erbauer des Lindenguts. 1909 war die Mörsburg fertig eingerichtet. Im gleichen Jahr beschloss der Stadtrat von Winterthur, die Tätigkeit des Historisch-antiquarischen Vereins zu honorieren und jährlich mit 500 Franken zu unterstützen.

Der Chemiker Hans Hess, ein Naturwissenschafter mit grosser Liebe zur Geschichte, amtete in den Jahren 1926-1938 als Präsident. In dieser Zeit nahm die Zahl der Mitglieder deutlich zu. Dazu trug die Tatsache bei, dass ab 1927 auch Frauen Vereinsmitglieder werden konnten. Erstmals seit 1878 wurde 1935 wieder eine grosse Ausstellung durchgeführt. Mit dem Thema «Alt-Winterthur» stellte man die lokale Geschichte in den Vordergrund. Man versprach sich davon auch eine Werbewirkung für das Projekt eines Heimatmuseums. Die schon 1874 ins Auge gefasste Errichtung eines «Alterthümer-Cabinetes» war immer dringender geworden, weil die durch Schenkungen aus der Winterthurer Bevölkerung rasch anwachsende Sammlung des Vereins im Estrich des Technikums verstaubte.

Bis Winterthur tatsächlich ein Heimatmuseum erhielt, vergingen nochmals 20 Jahre. Massgeblich an der Verwirklichung des Vorhabens beteiligt war Werner Ganz, der den Historisch-antiquarischen Verein von 1938 bis 1957 präsidierte. Ganz war Geschichtslehrer an der Kantonsschule Winterthur und Titularprofessor an der Universität Zürich. Als 1949 das 75-Jahr-Jubiläum auf der Mörsburg gefeiert wurde, wurde gleichzeitig eine Jubiläumsausstellung geplant. Diese sollte die bauliche und politische Entwicklung Winterthurs dokumentieren und Objekte aus den Bereichen Keramik, Glasmalerei und Wohnkultur ausstellen. Die 1950 eröffnete Ausstellung war ein Publikumserfolg und brachte dem Verein zahlreiche neue Mitglieder.

Im gleichen Jahr erklärte die Stadt Winterthur, dass sie das in ihrem Besitz befindliche Lindengut für ein Heimatmuseum zur Verfügung stellen würde, falls der Historisch-antiquarische Verein die Renovationskosten übernehme. Nun konnte Ganz, seit 1942 freisinniger Winterthurer Gemeinderat, seine hervorragenden Kontakte zu Politikern und Wirtschaftsführern spielen lassen. Die von ihm durchgeführte Geldsammelaktion brachte einen durchschlagenden Erfolg. Alle namhaften Firmen von Winterthur und viele Einzelpersonen trugen eine grosse Summe zusammen. Mit diesem Geld und weiteren Beiträgen aus dem Kreis der Mitglieder konnte die Innensanierung des Museums finanziert werden, während die Stadt die Aussenrenovation übernahm.

Die dazu nötige Volksabstimmung vom 6. Juli 1952 brachte eine klare Zustimmung. Am 23. Juni 1956 wurde das neue Heimatmuseum feierlich eröffnet. Es präsentierte der interessierten Öffentlichkeit römische Funde, Winterthurer Uhren und Keramik, das beliebte Stadtmodell aus dem 19. Jahrhundert, Dokumente des Musikkollegiums, Objekte zur Winterthurer Wohnkultur, das dem bekannten Rektor Johann Conrad Troll gewidmete «Trollzimmer» sowie eine Sammlung alter Spielsachen. 1957 übergab Ganz das Präsidium des Historisch-antiquarischen Vereins an Walther Rupli, Geschichtslehrer und Prorektor an der Kantonsschule Winterthur. Ganz blieb Konservator des Heimatmuseums, das 1972 auf den Namen «Museum Lindengut» umgetauft wurde. Auch nach der Eröffnung blieb das Lindengut auf der Traktandenliste. Das zur Anlage gehörige Ökonomiegebäude sollte ebenfalls saniert werden.

Obwohl von den 700'000 Franken, die ein Neubau kosten sollte, wieder ein guter Teil, nämlich 200'000 Franken, von privater Seite beigesteuert werden sollten, wurde der Kredit vom Volk verworfen. Eine kostengünstigere Lösung mit der sanften Renovation des Ökonomiegebäudes wurde hingegen angenommen. 1972 übernahm Erwin Bucher das Präsidium des Historisch-antiquarischen Vereins. Bucher war Professor für neuere Geschichte, besonders Schweizergeschichte, an der Universität Zürich. Auch ihm lag viel daran, dass mit Referaten zur Welt- und Schweizergeschichte ebenso wie zur lokalen Geschichte historische Zusammenhänge vermittelt wurden. 1974 war wieder ein besonderes Vereinsjahr. In diesem Jahr konnte der Historische Verein Winterthur — der Zusatz «antiquarisch» war mittlerweile aus dem Namen gestrichen worden —sein 100-Jahr-Jubiläum feiern.

Damals wurde auch die Renovation der Mörsburg, die ja immer noch einen bedeutenden Teil der Sammlung des Vereins enthielt, durch die Stadt Winterthur abgeschlossen. Unter dem Stadtbibliothekar Rolf Weiss, der das Präsidium des Historischen Vereins 1978 übernahm, und unter dem seit 2003 amtierenden Präsidenten, dem Winterthurer Historiker Peter Niederhäuser, fand der Historische Verein Winterthur zur Gegenwart. Heute wie früher ist die Vermittlung geschichtlicher Zusammenhänge in Referaten ein wichtiges Anliegen, seien es lokalgeschichtliche, weltgeschichtliche oder aktuelle Themen. Noch stärker öffnete sich der Verein gegenüber zeitgeschichtlichen und sozialgeschichtlichen Fragestellungen. Seit 2013 hat sich der Historische Verein zum Ziel gesetzt ein neues Museum „museum schaffen“ zu realisieren. Das Projekt wird von der Stadt Winterthur finanziell stark unterstützt. Ein Projek-Team arbeitet daran. Wie, wo und wann sind noch nicht definiert.

Bibliografie

    Historischer Verein Winterthur

    • Einträge ab 2011

      "Geschichte stiftet Identität." In: Winterthurer Zeitung, Nr. 9 (2024). S. 5. m. Abb.
      Speiser, Regina: 150 Jahre Historischer Verein Winterthur. In: Winterthurer Jahrbuch 2024. S. 168-169. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      Landbote 1998/163. - 125 Jahre: Stadtblatt 1999/24 Interview Rolf Weiss, 1Abb., 28 1Abb. - Landbote 1999/157.
      Krise: Landbote 2003/147.
      Neues Konzept: Landbote 2004/128Subventionen. Weniger: Landbote 2004/219.
      Internet-Auftritt: Landbote 2005/111


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
05.04.2023