KMU und Gewerbe
Hypothekarbank
1865-1989
Aus bescheidenen Anfängen hervorgegangen hatte sich die Hypothekarbank in Winterthur seit 1865 zu einem angesehenen Hypothekarinstitut entwickelt. Im Januar 1989 wurde sie von der „Winterthur“ übernommen und als eigenständiges Unternehmen eingestellt.
Auflösung
1989
Gründungsdatum
1865
Adresse
Hypothekarbank
Stadthausstrasse 14
8400 Winterthur
um 1920: Technikumstrasse 59, Wollenhof
Foto: winbib (Signatur 050016)
Die Hülfsgesellschaft Winterthur wurde 1812 gegründet mit dem Ziel die Not der armen Bevölkerung in der Stadt und ihrer Umgebung zu lindern. 1818 gründete sie eine Ersparniskasse. Diese Sparkasse war ebenso wie auch die Hülfsgesellschaft selber, als gemeinnützige Institution gedacht. Witwen, Waisen, Taufpaten, Lehrknaben und Dienstboten sollte eine einfache Gelegenheit angeboten werden, einen Sparbatzen anzulegen. Eine ehrenamtliche Kommission von fünf Mitgliedern übernahm die Leitung. Die Kasse entwickelte sich rasch und in erfreulicher Weise. Da aber die nutzbringende Anlage der eingehenden Spargelder nicht einfach war, hatte man an dieser Zunahme nicht nur Freude. Man wollte ja nicht eine Bank sein, sondern die Bildung von Ersparnissen begünstigen und fördern.
Die Entwicklung zur Bank sah man nicht gerne und fühlte sich ihr verwaltungstechnisch auch nicht gewachsen. 1863 gründete die Hülfsgesellschaft die Leihkasse Winterthur. Handwerkern, Gewerbetreibenden und Landwirten sollte damit die Möglichkeit angeboten werden, einerseits Aktien zu zeichnen (der Ausgabepreis war Fr. 500.00) und andererseits kleinere Geldsummen auszuleihen. Start und Entwicklung war sofort erfolgreich, was die Führung veranlasste, die Gründung einer Bank ins Auge zu fassen An der Generalversammlung vom 19. Februar 1864 beschloss die Hülfsgesellschaft eine Kommission einzusetzen, um eine „Hypothekarbank in Winterthur“ zu gründen. Diese Kommission arbeitete speditiv. Die Finanzierung konnte gesichert werden. Anfänglich waren die „Bank in Winterthur“ (später UBS), der Kanton und die Stadt Winterthur daran beteiligt. Die Ersparniskasse der Hülfsgesellschaft wurde in die neue Bank überführt. Am 1. Februar 1865 eröffnete die „Hypothekar- und Ersparniskassa in Winterthur“ im „Wollenhof“ (Gebäude an der Ecke Technikum-/Turmhaldenstrasse) in zwei gemieteten Räumen ihre Tätigkeit. Der erste Verwaltungsrat setzte sich zusammen aus Franz Hagenbuch Regierungsrat Zürich, Conrad Keller, Direktor Bank in Winterthur, Dr. Johann Jakob Sulzer, Stadtpräsident Winterthur, Heinrich Fenner, Regierungsrat, Johann Jakob Spiller, Oberrichter, Friedrich von Sulzer-Wart, Pfarrer G. Ziegler, Konsul Salomon Volkart und Bankier C.W. Schläpfer, Zürich.
Per 22. Mai 1875 wurde eine Namensänderung vorgenommen. Neu wurde die Bank „Hypothekarbank in Winterthur“ genannt. Sie entwickelte sich gut, obwohl sich auch der Konjunkturverlauf in den Bilanzen wiederspiegelte. Eine Härteprüfung waren vor allem auch die Turbulenzen um das Nationalbahndebakel der Stadt nach 1878. Auch der Zusammenbruch der Lloydsgesellschaften 1883 traf alle Banken. Bereist 1869 genügten die Bankräumlichkeiten im „Wollenhof“ nicht mehr. Man zog in die von der Stadt offerierten Räume der städtischen Zentralverwaltung. Mit der Stadtgemeinde konnte dann auf dem Waisenhausareal neben dem damaligen Postgebäude am Untertor ein Landkauf getätigt werden. Mitte 1880 wurde der Sitz am Untertor 32 (heute Schild AG) bezogen. Per 1. Oktober 1895 erfolgte die Eröffnung einer Filiale in Zürich. Den ersten beiden Direktoren Eduard Hasler, seit der Gründung 1873 dabei, und anschliessend M. Wettstein-Rieter bis 1900 hatten grosse Verdienste am Erfolg der Bank. Später folgten in dieser Position die Herren J. Huber und R. Stammbach. 1874 genehmigte der Regierungsrat den Baulinienplan über das Amtshausareal (Bahnhofplatz/Untertor/Münzgasse/Stadthausstrasse). 1878/79 wurden die ersten Baubewilligungen erteilt. 1889 waren einzelne Gebäude im Bau und kurz nach 1880 war das ganze Geviert vollendet. Baumeister Ulrich Germann zeichnete als Bauherr des Wohn- und Geschäftshauses Postgasse 1, Ecke Untertor/Münzgasse.
Später kam es in den Besitz der Firma Doster, bevor es die Kantonalbank erwarb, um es ihrem Neubau einzuverleiben. Dieser Bau war als italienischer Renaissance-Palazzo gestaltet. Das Haus zeigte vier nach oben abnehmende Geschosse und ein Mezzaningeschoss unter dem fein profilierten Dachgesims. Die vierachsige Untertor-Fassade ging nahtlos in die Front des Hauses Untertor 30 über, welche die Postdurchfahrt durch ihre breiteren Seitenachsen mit Zwillingsfenstern einbezog. Das anschliessende Grundstück übernahm die Hypothekarbank. Die Ende 1878 eingereichten Pläne stammten offenbar vom ersten freierwerbenden Architekten Winterthurs, Ernst Jung.
Der schwungvoll gezeichnete und schattierte Fassadenplan baut zwar auf ähnlichen Gestaltungsprinzipen auf wie seine Vorläufer an der Münzgasse. Durch eine stärkere, über alle vier Geschosse durchlaufende und in einer Dachbalustrade gipfelnden Betonung der Mittelachse wendet sich die Architektur dem Neubarock zu. Durch die grossflächigen Fenster ist sie moderner als die Nachbarbauten. Aufwendige Steinhauerarbeiten, vor allem der von überlebensgrossen Männerfiguren getragene Balkon im ersten Stock, betonten den Anspruch, den eine Bank schon damals an die Gestaltung ihrer Fassade stellte.
Dass dieses grossartige Gebäude 1970, knapp hundert Jahre später einem nüchternen Neubau weichen und damit kurz vor der Neubewertung der Baukunst des „Fin-de-siècle“ eine Bresche in den so einheitlichen Baublock schlagen musste, ist sehr bedauerlich. Doch waren die gesetzlichen Instrumente damals noch zu stumpf, um einen solchen Eingriff abzuwenden. Die restlichen Bauparzellen am Untertor, am Bahnhofplatz und an der Stadthausstrasse (damals noch Museumstrasse) wurden gleichzeitig mit der Hypothekarbank überbaut. In den Jahren 1964-1968 baute die Hypothekarbank an der Stadthausstrasse 14 ein sechsgeschossiges Büro- und Bankgebäude. Die allseitig verglaste Fassade mit bis zum Boden reichenden Fenstern wirkt, zusammen mit dem Material- und Farbenspiel leicht und elegant. Architekt war Roland Rohn aus Zürich. Im Januar 1989 wurde die Hypothekarbank von der „Winterthur“ übernommen (Mehrheitsbeteiligung durch Aktien Übernahme von der SBG). Es war das erste Mal, dass einer schweizerischen Versicherungsanstalt gestattet wurde, die Kontrolle einer Bank zu übernehmen. Die Bilanzsumme betrug 1987 knapp 1,5 Mia. Franken. Das Manöver bedeutete ein erster Gehversuch in Richtung Allfinanz. Die Hypothekarbank konnte die Erwartungen nicht erfüllen. Das Kreditportefeuille hatte nicht die Qualität, die nötig gewesen wäre. Das spezialisierte Bodenkreditinstitut war in den 1990er-Jahren enorm von der Immobilenkrise betroffen.
1992 mussten 120 Mio. Franken abgeschrieben werden. Eine Sanierung wurde unumgänglich. Anfang 1993 konnte die 77-prozentige „Winterthur“-Beteiligung an der Hypothekarbank unter erheblichen Verlusten (ausgewiesen wurde ein Reinverlust von 11 Mio. Franken) an den Schweizerischen Bankverein SBV veräussert werden. Der SBV seinerseits landete 1998 bei der UBS. Die „Winterthur“ hatte mit diesem Scheitern einer Allfinanz-Strategie leider nicht die nötigen Schlüsse gezogen. 1996 beschlossen die damalige CS Holding und die „Winterthur“ eine Allianz einzugehen, um gemeinsame Absatzmöglichkeiten in ihre Produkte zu erschliessen. Dieses Abenteuer endete 2006 mit dem Verkauf der „Winterthur“ an den französischen Versicherungskonzern AXA.
Die untersten Häuser des Untertors, mit den Nummern 32 und 34 mit dem ehemaligen Banksitz der Hypothekarbank und der ZKB wurden abgebrochen. In einem Neubau entstand ein Kleiderhaus, heute das Modehaus Schild AG und der neue Sitz der ZKB. Historische Daten zur Hypobank aus dem Landboten vom 19. März 1993. Im Wollenhof an der Technikumstrasse 59 hatte die Hypothekarbank ihre ersten Geschäftsräume. Ihre Tätigkeit nahm die "Hypobank" am 1. Februar 1866 in zwei im Wollenhof gemieteten Räumen auf. Der Jahresmietzins betrug 300 Franken. Erster Direktor war Eduard Hasler.