Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurden die Brüder und männlichen Mitarbeitenden zum Grenzdienst eingezogen, und Julie Bikle verwaltete das Geschäft alleine. Bald erhielt sie immer wieder private Hilfegesuche, die an ihre Geschäftskorrespondenzen angefügt wurden. Angehörige versuchten auf diese Weise, Informationen über den Verbleib von vermissten Soldaten oder jungen Frauen zu erhalten. Im 19. Jahrhundert emigrierten viele Menschen aus Deutschland, Frankreich und Österreich aufgrund bürgerlicher Revolutionen in die Schweiz. Ihre Verwandten befanden sich jedoch noch immer in den kriegsführenden Staaten, und nicht selten brachen die Kontakte ab.
Julie Bikle entschloss sich zu handeln und richtete bereits im August 1914 ihre private «Ermittlungsstelle für Vermisste, Winterthur» ein. Als Zentrale diente ihr Geschäftssitz an der Wartstrasse 14. Sie arbeitete mit zwei bis sechs freiwilligen Helferinnen und Helfern aus ihrem Umfeld zusammen – überwiegend gebildete Frauen aus der Winterthurer Oberschicht. Bikles Ermittlungsstelle existierte bereits vor der Eröffnung der grossen Zentrale für Kriegsgefangene in Genf. Im Gegensatz zum Roten Kreuz war Bikles Initiative zudem ausschliesslich privat finanziert.
Die Ermittlungsstelle entstand spontan, und die Strukturen entwickelten sich durch die praktischen Erfahrungen der Helferinnen und Helfer. Ein kritisches Hindernis stellten die einzelnen Zensurstellen der kriegsführenden Parteien dar. Dort blieben die meisten Anfragen hängen, wurden abgewiesen oder langsam bearbeitet. Um den Prozess zu beschleunigen, begannen die Frauen, Übersetzungen beizulegen. Die dafür nötigen Sprachkenntnisse in Französisch, Englisch, Russisch und Italienisch brachten die gut gebildeten Frauen aus der Oberschicht selbst mit. Für Übersetzungen in die polnische, ruthenische und ungarische Sprache arbeitete die Ermittlungsstelle mit Studierenden der Technischen Hochschule in Zürich zusammen. Sie sprachen die Zensurbeamten in ihren Korrespondenzen direkt an und machten darauf aufmerksam, dass alle ihre Hilfe in Anspruch nehmen konnten.
Durch ihre konsequent neutrale Haltung steigerten sie die Akzeptanz und das Vertrauen der Botschaften, Zensur- und Militärbehörden. So wurde sie beispielsweise offizielle Vermittlerin für den Schriftverkehr von deutschen und österreichischen Marinesoldaten, die in Brasilien in Kriegsgefangenschaft geraten waren. Um die Lesbarkeit weiter zu steigern, verfassten sie ihre Briefe konsequent auf Schreibmaschinen. Die Ermittlungsstelle korrespondierte neben privaten Kontakten direkt mit Gefangenenlagern, Botschaften und Hilfswerken.
Gleichzeitig betätigte sich die Ermittlungsstelle auch bei der Koordination von Hilfsgaben für Kriegsgefangene, und Julie Bikle setzte sich persönlich für bessere Haftbedingungen ein. Schon früh forderte sie, dass man via Lazarettzüge einen Gefangenenaustausch über Schweizer Territorium ermöglicht. Diese Idee wurde später vom Roten Kreuz umgesetzt.
Bis 1919 bearbeitete die Ermittlungsstelle 3406 Suchanfragen, wovon 850 Fälle aufgeklärt wurden. Diese Zahl war angesichts der beschränkten Kommunikationsmittel, der chaotischen Zustände in den Kriegsregionen und der Zensur beachtlich.