Die Kirche St. Arbogast steht am Ostrand des einst von einer römischen Festungsmauer umzogenen Kirchenhügels von Oberwinterthur, dem einstigen Vitodurum. Aufgrund der im Zusammenhang mit der letzten Restaurierung 1976/1981 durchgeführten Ausgrabungen weiss man, dass die Kirche St.Arbogast im Ruinenfeld römischer Thermen und eines gallorömischen Tempels des 2. Jahrhunderts n. Chr. steht. Schon immer hat man angenommen, dass die Oberwinterthurer Kirche sehr alt sein müsse, weil hierfür eine Reihe von augenfälligen Tatsachen sprachen: Ihr Standort in dem als Kastell bezeichneten römischen Gemäuer, verbunden mit der markanten Lage auf einem Ausläufer des Lindberges und schliesslich auch der altertümliche Baustil des Gotteshauses selbst.
Dass eine Kirche zu Anfang des 7. Jahrhunderts bestanden haben muss, bezeugt die "Freifläche" von 15,40 x 9,40 m innerhalb von Gräbern eines über Jahrhunderte belegten Friedhofes. Da einerseits diese "Freifläche" mit dem Grundriss der ersten fassbaren Kirche übereinstimmt, andererseits keinerlei Spuren einer Holzkirche entdeckt wurden, müssen folgerichtig die ältesten Baureste der Kirche St.Arbogast von dem von König Dagobert 1. gestifteten Gotteshaus stammen. Demnach war die erste fassbare Kirche ein rechteckiger Saalbau von 15.40 x 9. 40 m Grösse. Die Saalkirche wurde später (11. Jhdt.) durch einen eingezogenen Chorraum 5.40 x 3.90 m nach Osten hin erweitert.
Ein seitenschiffartiger Annex an der Südmauer sowie der Bau des Turmes und eines nördlichen Seiten-Annexes vollendeten das Bild des vorromanischen Kirchengebäudes zu St.Arbogast um 1180. Vom Vorplatz im Westen aus ist die strenge Basilikaform klar ablesbar. Die Seitenschiffdächer zeigen noch ihre recht flache romanische Neigung. Das Dach über dem Mittelschiff wurde steiler angehoben und über den Chor hinweggezogen. Im Winkel zwischen Chor und nördlichem Seitenschiff ragt der Turm auf. Der schlanke Helm mit den vier Wimpergen stammt von 1509. Seinen Kupfermantel erhielt er anlässlich einer Turmerhöhung um sechs Meter im Jahre 1910. Das romanische Hauptportal unter dem grossen Vordach im Westen wird von einem Sandsteingewände eingefasst. Den Eintretenden empfängt das hohe Mittelschiff in seiner kraftvollen Körperlichkeit und mit der Wärme seines farbigen Wandschmuckes. Der fünfachsige flach gedeckte Kirchenraum öffnet sich gegen Osten in einen steilen, gewölbten Chor. Während die Rundbogenarkaden der Seitenschiffe wuchtig und gedrungen wirken, strebt der Spitzbogen des Chores schlank in die Höhe. Der Chorraum entstand an der Wende vom romanischen zum gotischen Stil. Ersichtlich ist der Stilwechsel an den drei hohen Fenster im geraden Chorschluss welche noch Rundbogen aufweisen, während der Chorbogen und das Tonnengewölbe bereits Sitzbogen zeigen. Die neue Orgel von 1981 wurde so aufgestellt, dass sie Chor und Kirchenraum nicht zu stark dominiert.
Als Gegenstück zur betont schlichten Kanzel steht auf der Nordseite des Vorchorbereiches der frühgotische Taufstein, welcher während den Ausgrabungsarbeiten anlässlich der letzten Gesamt-Restaurierung überraschend unter dem Chorboden gefunden wurde. Die Wandmalereien Dass die Reformierte Kirche Oberwinterthur als eidgenössisches Kunstdenkmal bezeichnet wird, ist aber vor allem auf ihre einzigartigen Wandmalereien aus dem frühen 14. Jahrhundert zurückzuführen. Die Malereien ziehen sich über die Längswände des Kirchenschiffes in drei Zonen hin, welche durch Bordüren getrennt sind. Die Historienbilder auf dem mittleren Streifen der Südwand zeigen in 15 Szenen Leben und Sterben Christi.
Dieser wunderbaren Bildpredigt steht auf der Nordwand in 6 Bildern die Legende des Kirchenpatrons, des heiligen St.Arbogast gegenüber. Im ganzen zählt der eindrucksvolle Bilderzyklus über hundertfünfzig menschliche Gestalten. Da die Wandmalereien im Zuge der Reformation teilweise beschädigt und überkalkt worden waren, sind leider einige Bilder verloren gegangen und bei anderen manche Details nicht mehr erkennbar. Die Kunst stammt aus der Spätzeit der Mystik, der brennend liebenden Versenkung des Frommen in Gott. Die formalen Quellen fliessen aus der höfischen Bild- und Kathedralkunst Frankreichs. Gertenschlank und frühlingsfrisch erblühen die sanft geschwungenen Gestalten. Will man diese Kunst der geistlichen Minne verstehen, so hat man sich ihr in liebender Geduld zu nähern und aus innerer Stille heraus ihrer leisen Sprache zu lauschen.