Kirchengebäude

Kirche St. Arbogast Oberwinterthur

Hohlandstrasse

Bereits im 7. Jahrhundert hat auf dem Kirchenhügel von Oberwinterthur eine erste Kirche gestanden. Sie stand im Ruinenfeld von römischen Thermen. Im Laufe des 12. Jahrhunderts entschloss man sich zur Erweiterung der bestehenden Kirche mit grösserem Chor, zwei Seitenschiffen und einem Turm. Die letzte umfassende Neugestaltung der Kirche fand in den Jahren 1975 – 1981 statt.


Adresse
Hohlandstrasse
8404 Winterthur
1910er-Jahre: Kirche St. Arbogast Oberwinterthur und Umgebung Foto: winbib (Signatur: Kirche St-Arbogast_04)

Lage und Geschichte

Die Kirche St. Arbogast steht am Ostrand des einst von einer römischen Festungsmauer umzogenen Kirchenhügels von Oberwinterthur, dem einstigen Vitodurum. Aufgrund der im Zusammenhang mit der letzten Restaurierung 1976/1981 durchgeführten Ausgrabungen weiss man, dass die Kirche St.Arbogast im Ruinenfeld römischer Thermen und eines gallorömischen Tempels des 2. Jahrhunderts n. Chr. steht. Schon immer hat man angenommen, dass die Oberwinterthurer Kirche sehr alt sein müsse, weil hierfür eine Reihe von augenfälligen Tatsachen sprachen: Ihr Standort in dem als Kastell bezeichneten römischen Gemäuer, verbunden mit der markanten Lage auf einem Ausläufer des Lindberges und schliesslich auch der altertümliche Baustil des Gotteshauses selbst.

Dass eine Kirche zu Anfang des 7. Jahrhunderts bestanden haben muss, bezeugt die "Freifläche" von 15,40 x 9,40 m innerhalb von Gräbern eines über Jahrhunderte belegten Friedhofes. Da einerseits diese "Freifläche" mit dem Grundriss der ersten fassbaren Kirche übereinstimmt, andererseits keinerlei Spuren einer Holzkirche entdeckt wurden, müssen folgerichtig die ältesten Baureste der Kirche St.Arbogast von dem von König Dagobert 1. gestifteten Gotteshaus stammen. Demnach war die erste fassbare Kirche ein rechteckiger Saalbau von 15.40 x 9. 40 m Grösse. Die Saalkirche wurde später (11. Jhdt.) durch einen eingezogenen Chorraum 5.40 x 3.90 m nach Osten hin erweitert.

Ein seitenschiffartiger Annex an der Südmauer sowie der Bau des Turmes und eines nördlichen Seiten-Annexes vollendeten das Bild des vorromanischen Kirchengebäudes zu St.Arbogast um 1180. Vom Vorplatz im Westen aus ist die strenge Basilikaform klar ablesbar. Die Seitenschiffdächer zeigen noch ihre recht flache romanische Neigung. Das Dach über dem Mittelschiff wurde steiler angehoben und über den Chor hinweggezogen. Im Winkel zwischen Chor und nördlichem Seitenschiff ragt der Turm auf. Der schlanke Helm mit den vier Wimpergen stammt von 1509. Seinen Kupfermantel erhielt er anlässlich einer Turmerhöhung um sechs Meter im Jahre 1910. Das romanische Hauptportal unter dem grossen Vordach im Westen wird von einem Sandsteingewände eingefasst. Den Eintretenden empfängt das hohe Mittelschiff in seiner kraftvollen Körperlichkeit und mit der Wärme seines farbigen Wandschmuckes. Der fünfachsige flach gedeckte Kirchenraum öffnet sich gegen Osten in einen steilen, gewölbten Chor. Während die Rundbogenarkaden der Seitenschiffe wuchtig und gedrungen wirken, strebt der Spitzbogen des Chores schlank in die Höhe. Der Chorraum entstand an der Wende vom romanischen zum gotischen Stil. Ersichtlich ist der Stilwechsel an den drei hohen Fenster im geraden Chorschluss welche noch Rundbogen aufweisen, während der Chorbogen und das Tonnengewölbe bereits Sitzbogen zeigen. Die neue Orgel von 1981 wurde so aufgestellt, dass sie Chor und Kirchenraum nicht zu stark dominiert.

Als Gegenstück zur betont schlichten Kanzel steht auf der Nordseite des Vorchorbereiches der frühgotische Taufstein, welcher während den Ausgrabungsarbeiten anlässlich der letzten Gesamt-Restaurierung überraschend unter dem Chorboden gefunden wurde. Die Wandmalereien Dass die Reformierte Kirche Oberwinterthur als eidgenössisches Kunstdenkmal bezeichnet wird, ist aber vor allem auf ihre einzigartigen Wandmalereien aus dem frühen 14. Jahrhundert zurückzuführen. Die Malereien ziehen sich über die Längswände des Kirchenschiffes in drei Zonen hin, welche durch Bordüren getrennt sind. Die Historienbilder auf dem mittleren Streifen der Südwand zeigen in 15 Szenen Leben und Sterben Christi.

Dieser wunderbaren Bildpredigt steht auf der Nordwand in 6 Bildern die Legende des Kirchenpatrons, des heiligen St.Arbogast gegenüber. Im ganzen zählt der eindrucksvolle Bilderzyklus über hundertfünfzig menschliche Gestalten. Da die Wandmalereien im Zuge der Reformation teilweise beschädigt und überkalkt worden waren, sind leider einige Bilder verloren gegangen und bei anderen manche Details nicht mehr erkennbar. Die Kunst stammt aus der Spätzeit der Mystik, der brennend liebenden Versenkung des Frommen in Gott. Die formalen Quellen fliessen aus der höfischen Bild- und Kathedralkunst Frankreichs. Gertenschlank und frühlingsfrisch erblühen die sanft geschwungenen Gestalten. Will man diese Kunst der geistlichen Minne verstehen, so hat man sich ihr in liebender Geduld zu nähern und aus innerer Stille heraus ihrer leisen Sprache zu lauschen.

Bibliografie

    Oberwinterthur. Reformierte Kirche St. Arbogast

    • Einträge ab 2011

      Widmer, Paul: Kunstführung des OVS unter der Leitung von Edgar Müller. In: Seemer Bote, Nr. 236 (2015). S. 11. m. Abb.
      Hohendahl-Tesch, Sandra: Ort der Stille mitten im Treiben. In: reformiert, Nr. 6.1 (2015). S. 7. m. Abb.
      Briner, Karin; Geiser, Regula: Mit Glocken kommunizieren. In: Coucou, Nr. 27 (2015). S. 26. m. Abb.

      Einträge 1991–2010

      Restaurierung 1975: Schweizer Journal 1982/4 von Hans U. Rentsch, m.Abb.
      Glocken seit 80 Jahren: Oberi Zytig 1991/86 von R. Wäger, m.Abb.-- Grabmalfragment der Herren von Hegi in der Kirche , von Hans Kläui. 1980. 1 Bl. [WinterthurerDok. 1995/8].
      Goldene Kugel auf Kirchturm, Restaurierung: Landbote 1998/32 m.Abb.
      Heilige Kümmernis, Legende: Kirchenbote Oberwinterthur 2003/8 von Kaspar Zwicky.
      Das unsichtbare Bild, Kirchenraum als Camera Obscura: Tages-Anzeiger2005/122. - Landbote 2005/124.
      Mathis-Orgel, Klangdenkmäler des "Stylus phantasticus", von Rudolf Meyer, in:Oberwinterthur : Von der Antike zum neuen Bauen / hrsg. vonder Abteilung Denkmalpflege der Stadt Winterthur. - Winterthur, 2007.
      Ausgrabungen: Schmaedecke, Felicia:Kirchengrabungen : die reformierte Kirche St. Arbogast inOberwinterthur : Neuauswertung der Ausgrabungen undBauuntersuchungen 1976-1979 / von Felicia Schmaedecke ; mitBeträgen von Daniel Grütter, Elisabeth Langenegger undBenedikt Zäch. Zürich,2006. (Zürcher Archäologie ; H. 20). - Kunst + Architektur in der Schweiz 2008/4, 1Abb.

    Oberwinterthur. Reformierte Kirche. Kirchgemeindehaus

    • Einträge 1991–2010

      Umbau: Kirchenbote Oberwinterthur 1991/19.
      Wiedereröffnung: Landbote 1996/65

    Oberwinterthur. Reformierte Kirche. Zentrum am Buck

    • Einträge 1991–2010

      20 Jahre: Winterthurer Arbeiterzeitung 1991/249.
      25 Jahre: Oberi Zytig 1996/112 von Bruno Widmer. - Kirchenbote Oberwinterthur 1996/14.
      Umbau: Landbote 1997/270.
      Neue Leitung: Oberi Zytig 1997/120.
      Kirchenbote Oberwinterthur 2001/15 Frau Busz, 30 Jahre im Zentrum.
      Jugend gegen Gewalt, Ausstellung:Gemälde Jugendliche: Landbote 2010/15 m.Abb.
      Interkultureller Frauentreff: Winterthurer Zeitung 2010/32 1Abb.


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
14.02.2022