Kirchengebäude

Kirche St. Laurentius

Wülflingerstrasse 181

Im Winterthurer Stadtkreis Wülflingen steht die einzige Kirche, die der bedeutende Basler Architekt Hermann Baur im Kanton Zürich erbaut hat. Die imposante Architektur von St. Laurentius birgt im Innern Kunstschätze von Albert Schilling und Ferdinand Gehr.


Baujahr
1959

Sanierung:
2024/2025


Adresse
Römisch-Katholische
Pfarrei St. Laurentius
Wülflingerstrasse 181
8408 Winterthur

Die Kirche St. Laurentius mit ihrer imposanten Architektur wurde 1959 vom Architekten Hermann Baur konzipiert. Der Bau der Kirche wurde nötig, als nach dem Zweiten Weltkrieg die katholische Gemeinde in Wülflingen stark anwuchs. Aufnahme 1972.
Foto: winbib (Signatur 112284)

Geschichte & Architektur

Die zahlreichen Industriebetriebe von Winterthur bewirkten, dass sich das einstige Bauerndorf Wülflingen nach 1900 zu einer rasch wachsenden urbanen Gemeinde entwickelte, die 1922 in die Stadt Winterthur eingemeindet wurde. Zu dieser Zeit mussten die katholischen Gläubigen zur Kirche St. Peter und Paul im Quartier Neuwiesen gehen, um den Gottesdienst zu besuchen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Gründung einer eigenen Pfarrei vordringlich. Man begann Geld zu sammeln, und die 1953 einberufene Baukommission führte einen Architekturwettbewerb durch, den Hermann Baur für sich entscheiden konnte. Sein Projekt trug den Namen «Kelch» und konzipierte das Kirchenschiff und den Altarraum so, dass sie sich gegenseitig als zwei ineinandergreifende Ellipsen durchdringen. Damit stellte Hermann Baur architektonisch dar, was sich im Vorfeld des II. Vatikanischen Konzils (Versammlung der römisch-katholischen Weltkirche, 1962–1965) liturgisch abzeichnete: die Einheit von Gläubigen und Klerus bei der gemeinsamen Feier des Gottesdienstes.

Die 1957–1959 erbaute Kirche besitzt eine aussergewöhnliche Dachkonstruktion: 24 Pfeiler tragen die 800  Quadratmeter grosse Betondecke, die in 30-stündigem Dauereinsatz der Bauleute in einem Guss betoniert werden musste. Allein für die Schalung des Betonbaus benötigte man 1600 Quadratmeter Holz. Die Arbeiten erfolgten bei Minustemperaturen; um das saubere Abbinden des Betons zu gewährleisten, musste deshalb unter dem Gerüst Feuer entfacht werden. Die grossen, hohen Wandflächen aus Sichtbacksteinen – sie wurden erst nach den Betonarbeiten errichtet – kontrastieren warm zum Sichtbeton der Pfeiler und zum weissen Marmor der Stufen des Chores sowie von Altar und Ambo.

Von aussen erhellt wird das Innere einerseits durch das umlaufende schmale Fensterband unter der Decke und anderseits durch zwei Paare von Fenstern, die sich beim Übergang des Chorraums zum Schiff und bei der Empore über die ganze Höhe erstrecken. Auch durch das neunteilige Betongitter an der Eingangsfront dringt etwas Licht. Auf der Empore wird dieses Gitter allerdings durch die Pfeifen der neuen Orgel von 1970 verdeckt.

1970 wurde St. Laurentius zur eigenständigen Pfarrei erhoben und von St. Peter und Paul Winterthur abgetrennt. 1976 erweiterte man das Pfarrhaus, und 2008/2009 fand ein Umbau des Pfarrhauses und des Pfarreizentrums statt.

Im Jahr 2024/2025 findet eine umfassende Sanierung der Kirche statt. Die Hauptpunkte dieser Sanierung sind die Tragsicherheit der Kassettendecke und die Umplatzierung der Orgel. Dadurch wird das Betongitter an der Eingangsfront freigelegt und mehr Licht gelangt in den Raum.

Kunst

Beachtung verdient die künstlerische Gestaltung, die ein Gemeinschaftswerk von Albert Schilling und Ferdinand Gehr darstellt. Gehr schuf die Glasmalereien und Keramiken, von Schilling stammen der Altarbereich sowie der Taufstein unter der Orgelempore.

Eine Besonderheit stellen die Bleiglasfenster in der Krypta (Unterkirche) dar. Auch sie wurden von Ferdinand Gehr geschaffen und zeigen die Offenbarung der Herrlichkeit Gottes in Schöpfung und Heilsgeschichte. Über dem Altar der Krypta wird die Offenbarung Gottes in Jesus Christus thematisiert, dargestellt als Christuskind, dem die Heiligen Drei Könige huldigen. Auf der linken Seite ist Mose vor dem brennenden Dornbusch zu erkennen, während auf der rechten Seite ein Pfingstbild mit den Aposteln und Maria sowie ein Bild von der Sintflut mit der Arche Noah und dem Regenbogen zu finden ist. Kristalline Formen, Pflanzliches und Tierformen (z. B. Vögel) umgeben diese Gestaltung. Das Fenster auf der rechten Seite symbolisiert die Herrlichkeit des ewigen Lebens. Der Osterleuchter und das Kreuz der Krypta sind zwei Frühwerke von Josef Caminada.


Benutzte und weiterführende Literatur:

Weber, Markus: Sakrales Zürich. 150 Jahre katholischer Kirchenbau im Kanton Zürich, Ruswil 2018.
Mebold, Adrian: Eine Überraschung aus Schilf auf der Kirchenbaustelle, in: Der Landbote, 12.09.2024, S. 2.
Niederhäuser, Peter: Von der Diaspora zur Ökumene. 150 Jahre römisch-katholische Kirchgemeinde Winterthur und Pfarrei St. Peter und Paul, Winterthur 2012.
Römisch-katholische Pfarrei St. Laurentius (Hrsg.): Festschrift St. Laurentius 1959-2009. «Offe und mit Froid mitenand wiitergah», Winterthur 2009.

Bibliografie

    Wülflingen. Katholische Kirche St. Laurentius

    • Einträge ab 2011

      Von Treu und Glauben: Wülflingens religiöse Seite. In: Wulfilo, Jg. 9 (2013). S. 6-7. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      Pfarreiheim. Kunst am Bau (Peter Amici, Werner Hurter): Forum 1991/16, 17.
      35 Jahre Kirche: Wülflinger Zytig 1994/12 m.Abb.
      Sanierung Kirchturm: Landbote 1995/280 1Abb. - Weinländer Zeitung 1995/139.
      Moderne Sakralbaukunst: Landbote 2006/183 1Abb.
      50 Jahre Pfarrei St. Laurentius: Landbote 2009/55 1Abb. - Festschrift zum Jubiläum der Pfarrei St. LaurentiusWinterthur-Wülflingen : 1959-2009 / Hrsg. Röm.-kath. PfarreiSt. Laurentius Winterthur-Wülflingen ; Text: Gregor Sodies u. a. Winterthur : Röm.-kath. Pfarrei St. Laurentius,2009. 71 S. : Ill. - Wulfilo 2009/6 m.Abb.
      Bijou der Sakralarchitektur: Landbote 2010/162 von Alex Hoster, 1Abb.


Autor/In:
Markus Weber
Letzte
Bearbeitung:
30.12.2024