Kirchengebäude

Kloster Töss

Im Jahre 1233 stiftete Graf Hartmann IV. von Kyburg das Kloster Töss. Es entwickelte sich zu einem der bedeutendsten und auch wohlhabendsten Frauenklöster jener Zeit.


vor 1820: Kloster Töss, von Westen Foto: winbib, Franz Hegi (Signatur 082505_O)
Der eigentliche Geburtstag des Klosters Töss ist der 19. Dezember 1233. An diesem Tag gestattete Bischof Heinrich von Konstanz den beiden Grafen Hartmann von Kyburg, dem älteren und dem jüngeren, in Töss ein Dominikanerinnen Kloster zu bauen. In den folgenden Jahren wurden nach und nach die Gebäude errichtet. Die Klosterkirche zu Tössbrugg wurde 1240 von Bischof Heinrich geweiht und die Klosteranlage von ihm in seinen Schutz genommen. Unter den frommen Frauen zu Töss ist auch die Prinzessin Elisabeth von Ungarn zu finden. Die Königin Elisabeth, die Gattin des bei Königsfelden ermordeten Albrecht zwang ihre Stieftochter Elisabeth den Schleier zu nehmen und in Kloster Töss einzutreten. Trotz harter Seelenkämpfe blieb sie dem Gelübde treu und standhaft und wurde zur Märtyrerin.

28 Jahre verbrachte sie in den Mauern des Klosters. Ihr zu Ehren nahm das Kloster das ungarische Doppelkreuz ins Wappen und es befindet sich noch heute, auf einem Dreiberg stehend, im Gemeindewappen von Töss. Ihr Grab wurde in den fünfziger Jahren des 19. Jhdt. gefunden und kam schliesslich 1898 ins Schweizerische Landesmuseum. Das Kloster Töss bot, solange seine Bauten bestanden, das Bild einer mittelalterlichen Klosteranlage. In den Jahren 1851 bis 1853 wurde sie bis auf die Umfassungsmauern der Kirche und das „grosse Reffental“, das Refektorium, abgebrochen. (Das Refektorium (von lat.: refectio, Wiederherstellung, Erholung, Labung) ist ein Saal in einem Kloster, in dem die Klosterbewohner gemeinsam essen. Er dient im Allgemeinen auch als Versammlungssaal.

Die Gebäulichkeiten wurden von einer Klostermauer, die sich südlich dem Fluss Töss entlang zog, umgeben. Ein grosser Hof mit Ziehbrunnen, ein Bauernhaus, eine Küferei, ein Waschhaus, Stallungen und was sonst noch zum täglichen Betrieb dazu gehört, bildeten den einen Teil der Klosteranlage. Östlich schlossen sich dem Hofe die eigentlichen klösterlichen Einrichtungen an. Das waren eine Kirche und ihr angebaut das Geviert der geistlichen Räume und Zellen. Nach innen bildeten sie den Kreuzgang und den stillen Klosterhof, der auch Begräbnisstätte der Frauen war. Die Weihe der erneuerten Kirche fand am 1. Oktober 1315 statt. Fortan fand am dritten Sonntag im Oktober die Kirchweih statt. Die Tössemer Chilbi fand auf dem Platz ennet der Töss bis ins Jahr 1964 alljährlich statt. Damals musste der Platz dem Autobahnbau weichen, was auch das Aus für die Chilbi bedeutete.

Die Kirche gliederte sich in Chor und Langhaus. 67 m Länge und 10,2 m Breite umfasste ihr rechteckiger Grundriss. Ihre Umfassungsmauern hatten bis ins 20. Jhdt. Bestand. Sie wurden erst 1916 niedergerissen. Der Chor wurde bis 1704 als Gemeindekirche benutzt. Darauf hinwurde sie durch den Einbau von Holzböden zum vierstöckigen Kornspeicher umgewandelt. Das Langhaus, das nach der Reformation als Wagenschopf diente, diente dann wieder als Kirche. Und schliesslich dröhnten statt Liturgien Maschinen der Rieter bis unter die hohen Giebel. Der Geist von Zucht und Ordnung der Gründerinnen des Klosters hat mit den Jahrhunderten Schaden erlitten.

Davon zeugt eine Ratsverfügung aus Zürich, die den Nonnen verbot, Fremden das Kloster und Unberechtigten die Badstube zu öffnen. Das waren die Vorboten für das nahe Ende der Klöster. In der Karwoche 1525 schaffte der Rat von Zürich auf Zwinglis Veranlassung die Messe ab und ersetzte sie durch das Abendmahl. Der Leitpriester Gregorius Lüthi wurde als Pfarrer geschickt und mit ihm zog der neue Gottesdienst in Töss ein. Damit war auch das Ende des Klosterbetriebes gekommen. Am 9. Dezember wurde Meister Kambli, der Alte, vom Rate als ständiger Pfleger in Töss ernannt. Mit seinem Einzug hörte das Kloster Töss nach 292 Jahren auf, ein Kloster zu sein. Das ganze Klostergut ging in den Besitz des Staates über. Die letzte überlebende Klosterfrau, Katharina von Ulm, starb 1572.

Bis 1833 blieben die Liegenschaften des Klosters Töss im Besitz der zürcherischen Regierung. Sie wurden dann an Heinrich Rieter verkauft. Es entstand die Maschinenfabrik Rieter, die bis 2019 dort ihren Werkplatz hat. Infolge der Umstrukturierung der Maschinenfabrik Rieter, die Werkhallen wurden nicht mehr benötigt, begann Rieter im westlichsten Fabrikareal ein neues Bauvorhaben zu realisieren. Nach dem Abbruch der Fabrikbauten kamen Reste des ehemaligen Klosters zu Tage. Die Kantonsarchäologie Zürich führte eine Rettungsgrabung durch. Das mittelalterliche Kloster Töss war eines der wichtigsten Frauenklöster im deutschsprachigen Raum. Im Rahmen der Rettungsgrabung führt die Kantonsarchäologie erstmals detaillierte Untersuchungen durch. Es sind spannende Baureste und Funde aus der wechselvollen Geschichte des Klosters zum Vorschein gekommen.

Im Rahmen der Rettungsgrabung entdeckte die Kantonsarchäologie die Umfassungsmauer, die den klösterlichen Bezirk von der weltlichen Umgebung abgeschirmt hatte. Auch die Fundamente eines Gebäudes kamen zum Vorschein, das wahrscheinlich schon in der Klosterzeit als Scheune genutzt worden ist. Wie historische Abbildungen zeigen, handelte es sich aber nicht um einen schlichten Ökonomiebau, sondern um ein äusserst stattliches, grosses Gebäude geschmückt mit einem Treppengiebel. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass die Scheune gleich neben der Eingangspforte lag und eine der ersten Bauten war, die Besucher beim Betreten des Klosters zu sehen bekamen. (Text aus Medienmitteilung Kantonsarchäologie)

Bibliografie

    Töss, Kloster

    • Einträge ab 2011

      Niederhäuser, Peter: "Es was ein wild Ding": das Kloster Töss in der Reformationszeit. In: Winterthurer Jahrbuch 2019 (2018). S. 164-171. m. Abb.
      Widmer, Urs: Tösschronik. In: Dokumentation Urs Widmer, Firmen A-Z, Diverse Themen A-Z 10 S.
      Burkhardt, Lorena; Linda, Christen: Archäologische Grabung: verborgenes Kloster im Industriegebiet. In: Winterthurer Jahrbuch 2021. S. 107-109. m.Abb.
      Niederhäuser, Peter; Sonderegger, Stefan; Stüssi, Aegidius u.a.: Nüfere und s'Chloschter Töss. Oberneunforn, 2020. 83 S., ill.
      Pettannice, Nadia: Die neue alte Klostermühle. In: De Tössemer, Mai 2024. S. 15-16. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      In: Erwin Eugster. Adlige Territorialpolitik in der Ostschweiz. Zürich, 1991. S. 57-109.
      Hans Peter Treichler. Abenteuer Schweiz. Geschichte in Jahrhundertschritten. Zürich, 1991. -S. 58 ff. Briefe aus dem Kloster, m.Abb.
      lehenspflichtige Güter, in: Roger Sablonier. Inventar spätmittelalterlicher Wirtschafts- und Verwaltungsquellen imStaatsarchiv des Kantons Zürich. Zürich, 1990.
      Zehntenplan von Neunforn: Andelfinger Zeitung 1992/86 von Walter Akeret, m.Abb.
      In: Peter Dinzelbacher. Christliche Mystik im Abendland. Paderborn, 1994.
      Über die Wälder des Kloster Töss: Mitenand AHV Zytig 1995/1 von Ernst Krebs, m.Abb.
      In: Die Aufhebung der Klöster im Kanton Zürich und die Verwendung ihrer Güter: ZTB 1999 von Eduard Rübel.
      Kloster Töss, von Martina Wehrli-Johns, in: Die Dominikaner und Dominikanerinnen in derSchweiz. Red. von Petra Zimmer. 2. Teil, Basel, 1999. (Helvetia Sacra, Abt. 4, Bd 5/2).
      Vortragsreihe und Ausstellung Bibliothek Töss: Landbote 1999/24 Vortrag Adolf Baumann, 1Abb., 47 Stimmungsvolle Landschaften, realistische Artigkeit,das Kloster im Bild, Darstellungen eines zerstörten Kulturdenkmals von Felix Meyer bis Julius Rieter, von Silvia Volkart, m.Abb.--Ungarische Königstochter im Kloster Töss: Tössemer 2000/1 von Silvia Volkart, m.Abb. - Landbote 2000/36 S. 19 f. do. von Silvia Volkart, m.Abb.
      In: Bettelorden, Bruderschaften und Begine in Zürich. Hrsg. Barbara Helbling ... [et al.]. Zürich, 2002.
      Stifter und Landesherr: Das Kloster Töss unter dem Schirm der Habsburger, von Martina Wehrli-Johns, in: Alter Adel - neuer Adel ? Zürcher Adel zwischen Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Hrsg. Peter Niederhäuser. Zürich, 2003. (Mitt. d. Antiqu. Ges. in Zürich, Bd 70).
      Die seligen Schwestern werden lebendig: Winterthurer Jahrbuch 2005 von Nicole Meier, m.Abb.
      Gründung, Aufbau und Blütezeit: Tössemer 2008/4 von Henry Müller, m.Abb. .. Gründung vor 775 Jahren: Tössemer 2009/1 + Juni von Henry Müller, m.Abb.
      Wandmalereien. Kunsthistorischer Krimi, Buch: Landbote 2009/189 1Abb.
      Flachschnitzerei, in: Strebel, Rahel. Flachschnitzerei im Kanton Zürich, Ausdruck einer Gesellschaft im Wandel. Zürich, 2009. 2 Bde. Kleine Schriften zur Zürcher Denkmalpflege, H. 9 + 10

    Stagel, Elisabeth [Elsbeth], geboren um 1360, Nonne, Mystikerin im Kloster Töss

    • Einträge 1991–2010

      In: Ursula Isler. Frauen aus Zürich. Zürich, 1991, S.9-35, m.Abb.
      E. St.: all ihr Fleiss war ein Trachten nach geistlicher Lehre: Schritte ins Offene 1991/4 von Ines Buhofer, m.Abb.
      Die theologischen Denkfiguren bei E. St. und ihren Mitschwestern, von Brigitta Stoll, in: Denkmodelle von Frauen im Mittelalter. Hrsg. Béatrice Acklin Zimmermann. Freiburg, 1994, S.149-172.
      Winterthurer Jahrbuch 1994 S.35 f. von Urs Widmer, 1Abb.
      E. St., Seuses geistliche Gefährtin: Alois M. Haas. Kunst rechter Gelassenheit, Themen und Schwerpunkte von Heinrich Seuses Mystik. 2.Aufl., Bern, 1996.
      In: Bettelorden, Bruderschaften und Beginen in Zürich. Hrsg. Barbara Helbling ... [et al.]. Zürich, 2002.
      In: Niklaus Largier. Ein "Schweizer Mittelalter" ?,in: Schreiben gegen die Moderne, Beiträge zu einer kritischen Fachgeschichte der Germanistik in der Schweiz. Hg. Corina Caduff, Michael Gamper. Zürich, 2001.
      In: Arlette Kosch. Literarisches Zürich, 150 Autoren, Wohnorte, Wirken und Werke. Zürich, 2002, S.187.
      In: Krone und Schleier : Kunst aus mittelalterlichenFrauenklöstern ; eine Ausstellung der Kunst- undAusstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn, inKooperation mit dem Ruhrlandmuseum Essen ermöglicht durchdie Kunststiftung NRW, [vom 19. März bis 3. Juli 2005] /hrsg. von der Kunst- und Ausstellungshalle derBundesrepublik Deutschland, Bonn und dem RuhrlandmuseumEssen ; [Katalogkoordination: Jutta Frings, Jan Gerchow]. -München : Hirmer, 2005.

    Elisabeth von Ungarn, um 1295-1336, im Kloster Töss

    • Einträge ab 2011

      Niederhäuser, Peter: Vergebliche Suche nach einer Prinzessin. In: Winterthurer Jahrbuch 2020. S. 110-113. m.Abb.
      Zweifel, Thomas: Zuerst Heiligenschrein, dann privater Grottenschmuck und schliesslich Museumsstück. In: De Tössemer, November (2022). S. 11-12. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      Ungarische Königstochter im Kloster Töss: Landbote 2000/36 S.19 f. von Silvia Volkart, m.Abb.
      Sarkophag: Eine Rose für die Prinzessin von Ungarn: Tössemer 2007/4 von Heinz Hinrikson-Wepfer, 1Abb.


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
05.04.2023