KMU und Gewerbe

Lerch AG

Seit mehr als 150 Jahren wirkt die Firma Lerch in Winterthur. Sie wurde zu einer Zeit gegründet als man in Winterthur und seinem Umfeld erste Eisenbahnen baute und für den noch jungen Bundesstaat viele öffentliche Bauten erstellt werden mussten. Die Lerch AG Bauunternehmung hat sich als zuverlässiges Bauunternehmen mit innovativen Köpfen und Fachleuten bis heute etabliert.


Gründungsdatum
1859


Adresse
Lerch AG Bauunternehmung
Scheideggstrasse 30
8401 Winterthur

Johann Lerch (1818-1893) stammte aus Nenzing im Vorarlbergischen. Armut und Mangel an Arbeit zwang jene Generation im Ausland einen Erwerb zu suchen. So hat Johann Lerch, wie auch sein Vater und seine Brüder, als Maurer in Zürich und Winterthur gewirkt. Am 25. Mai 1859 liess sich Johann Lerch mit seiner Familie (1852 hat er Maria Anna Studer geheiratet) in Winterthur bei Hans Melchior Leimbacher, Landwirt im „Friedberg“, an der Langgasse nieder. Dieses Datum wird auch als Gründungdatum der Bauunternehmung Lerch geführt. Bereits 1864 kaufte Johann Lerch für 16‘000 Franken das Haus Neustadtgasse 8. 1875 erwarb Lerch das „Hoffnungsgut“ an der Trollstrasse. Diese Liegenschaft baute er aus zum Familien- und Geschäftssitz. 1875 erhielten die Lerchs das Schweizer Bürgerrecht.

Johann Lerch hat als tüchtiger Handwerker rasch einen guten Kundenkreis aufgebaut. So war er tätig u.a. am Rathaus, Casino, Stadthaus, Spital und Technikum. Am 12. Februar 1887 gründeten die Söhne Johannes (1856-1916) und Jules (1861-1918) die Kollektivgesellschaft „Gebrüder Lerch, Bauunternehmung und Handel in Baumaterialien“ und übernahmen das väterliche Geschäft. Öffentliche Aufträge durfte das neue Unternehmen weiterhin entgegen nehmen: Kanalisationsbauten, Schulhaus Tössfeld, Metallarbeiterschule, Schulhaus Geiselweid, Schwimmbad Geiselweid. Im Wildbach und im äusseren Lind bauten sie auch auf eigene Rechnung Wohnhäuser, die sie anschliessend verkauften. 1892 lösten die Gebrüder Lerch ihr gemeinsames Unternehmen auf und gründeten je getrennte Firmen.

Johann übernahm 17 Arbeiter, Jules deren 21. Johann blieb an der Trollstrasse, Jules übernahm die Schuppen, Steinhauer- und Pflasterhütten an der Kehrackerstrasse. Weiterhin arbeiteten sie auf den nämlichen Bauplätzen (Badeanstalt Tössfeld, Schulhaus Heiligberg, Aufstockung Schulhaus Tössfeld, Kunstmuseum). In der erweiterten Innenstadt waren sie an vielen Wohnbauten beteiligt. Die beiden Brüder engagierten sich auch in öffentlichen Ämtern und in Verbandsgremien. Während Johann eher der Vermittelnde war, und sich aber in Streikangelegenheiten durchsetzen konnte, war Julius sich auch für Handgreiflichkeiten nicht zu schade. Nach guten Jahren begann ab 1913 eine schwierige Zeit, die die beiden Brüder nicht überlebten. Johann starb nach längerer Herzkrankheit am 1. April 1916 und Jules folgte ihm nach einer Zungenkrebsoperation am 1. Januar 1918 in den Tod.

Es waren keine männlichen Nachkommen mehr vorhanden, die die Traditionshäuser weiterführen konnten. Die beiden Witwen versuchten die Unternehmen zu retten, was in jener schwierigen Zeit nicht einfach war. Mit Karl Ulmi gewannen sie einen tüchtigen Geschäftsführer, der bald als Teilhaber aufrückte. Ulmi stammte aus Luzern und fand den Weg über seinen Lehrmeister Rittmeyer nach Winterthur. Es war sein Verdienst, dass die zusammengeführte Firma Lerch, Ulmi & Cie in den schwierigen Nachkriegsjahren überleben konnte. Mit dem Jahre 1927 begann eine Periode des Wachstums. Die Erstellung eines zweistöckigen Werkstattgebäudes im erweiterten Areal an der Trollstrasse erlaubte die Rationalisierung und Steigerung der Kunststeinfabrikation und schuf Lagerraum für Inventar und Werkzeug. Auch die Schmiede wurde ausgebaut. Mit der Anschaffung eines Personenwagens Falcon-Knight als Symbol der Prosperität und als unentbehrlicheres Hilfsmittel des Aufsichtspersonals hielt die Motorisierung Einzug. Aufträge hatten das Unternehmen bei Fabrikbauten (Sulzer, SLM, Haldengut, Geilinger, Scheco), Bürogebäuden (Volkart, Sulzer, „Winterthur“) und Warenhäuser (Wigner, EPA). Auch im Wohnungsbau war es tätig: Villen Jäggli (Goldenberg) und Fehlmann (Römerstrasse) und bei Bauten verschiedener Wohnbaugenossenschaften kam es zum Einsatz.

Mit der neuen Geschäftsleitung ging es wieder bergauf. Ab 1971 verzeichnete das Unternehmen neue Zuwachsraten. Die Rezession der Mitte Siebzigerjahre drückte dann den Ertrag stark. Erst 1979 konnte endlich wieder ein Gewinn erwirtschaftet werden. Verschiedenen Wohnüberbauungen in Seen und Oberwinterthur, die Schulhäuser Mattenbach und Steinacker und die Altstadt-Sanierungen Zentrum Obertor und Türmlihaus standen in diesen Jahren in den Auftragsbüchern der Lerch AG. Die bessere Ertragslage wurde in erster Linie für die Erneuerung des Maschinenparks genutzt. Dabei war es erstes Ziel die Produktivität zu steigern. Besass Lerch anfangs der 1970er-Jahre rund 20 zum Teil schlecht genutzte Hochbaukrane, vier Seilbagger und zwei Traxcavatoren wurde der Maschinenpark bis 20 Jahre später redimensioniert und modernisiert. Vor allem die Kleinmechanisierung beim Aushub und beim Transport auf der Baustelle wurde mit Kompaktlader (Kleinbagger) und Dumpern umgestaltet, was zu Einsparungen von Arbeitskräften führte. Dank technischen Veränderungen konnte immer wieder Energie und Flexibilität geschaffen werden. Der leistungsfähige Werkhof war eine starke Stütze des Betriebsablaufes.

Nach dem unerwarteten Hinschied von Karl Ulmi am 24. Mai 1933 ging die Geschäftsleitung in die Hände von Dipl. Ing. Theodor Güdel. Das Unternehmen wurde 1934 in die „Johann Lerch AG, Bauunternehmung“ umgewandelt. Die Aktienmehrheit besass Judith Lerch-Kunz mit 159 Aktien. Tochter Judith Anna (1886-1951) mit Gatte Emil L. Haering (†1948) zeichneten zusammen 131 Aktien. Güdel blieben deren 10 Stück. Am 28. Mai 1942 verstarb im Alter von 82 Jahren Judith Lerch-Kunz. Sie war die letzte „Lerch“ im Unternehmen. Nach dem bald erfolgten Ausscheiden von Theodor Güdel waren die Aktien bei der Familie Haering-Lerch konzentriert. Prokurist Jakob Labhart und Ingenieur Ulrich Beglinger übernahmen die kaufmännische und technische Leitung, nachdem sie bereits 1927 in die Firma eingetreten waren. Ihre erfolgreiche Tätigkeit führte sie 1947 in den Verwaltungsrat und sie beteiligten sich auch zunehmend finanziell. Bis 1969 bestimmten sie die Geschicke der Lerch AG massgeblich. Das Präsidium des Verwaltungsrates ging nach dem Hinschied von Emil Haering-Lerch (27.04.1948) an Dr. Max Hess, Zollikon. Die Aktienmehrheit blieb über alle Jahre hinweg bei den Haerings bzw. deren jüngeren Tochter.

Die Krisenjahre wurden mit Auf und Ab’s überwunden. Bereits 1938 erarbeitete eine wachsende Belegschaft (durchschnittlich 178, maximal 300 Arbeitskräfte) einen in allen sparten gesteigerten Umsatz. Die immer fortgeführten Kontakte zu Bau- und Handwerkerkonsortien verhalf zu Aufträgen wie z.B. Überbauung St.Galler/Baderstrasse, oder Lagerhaus USEGO, Schwimmbad Wolfensberg und Kantonsspital. Auch in den Jahren des 2. Weltkrieges kam die Firma Lerch gut über die Runden. Es fehlte nicht in erster Linie an Aufträgen, sondern die Materialbeschaffung verursachte immer wieder Engpässe. Verschiedenste Wohnüberbauungen an der Wülflingerstrasse und am Rehweg konnte Lerch erstellen. Auch in den Nachkriegsjahren stand das Unternehmen in der vordersten Reihe und profitierte von den guten Jahren. Wegen dem Mangel an Arbeitskräften konnten nicht einmal alle Aufträge angenommen werden.

Trotzdem entwickelte sich die Lerch AG weiter. Aufträge waren zu Hauf vorhanden und der Maschinenpark vergrösserte sich enorm. Der Platz an der Trollstrasse und die Lagerräumlichkeiten an der Zeughausstrasse/ Kehrackerstrasse genügte nicht mehr. Dazu kam, dass die Stadt das Grundstück Trollstrasse für den Strassenbau (Spange General-Guisan-Strasse) benötigte. Mit Planungsbeginn 1958 entstand an der Scheideggstrasse im Grüzefeld-Quartier ein neuer Werkplatz. 1959 bis 1968 entstanden modernste Werkplätze mit Werkstätten, Zimmerei- und Magazingebäude. Die Reorganisation des ganzen Betriebes konnte 1981 mit dem Bezug des Bürogebäudes (Architekt Max Lutz) abgeschlossen werden. In den Jahren 1959 bis 1962 setzten folgende Arbeitsaufträge Akzente: Überführungen an der Seenerstrasse, erste Betonfahrbahn an der St. Gallerstrasse, Bürogebäude der Volksbank (heute CS), Klassenzimmertrakt Kantonsschule Rychenberg und die Grossüberbauung Guggenbühl. Im Tiefbau gewann Lerch an der Autobahnumfahrung Winterthur 16 von 40 Bauwerken, darunter das grösste, die Überdeckung der Töss bei der ehemaligen Krone Töss. Die überbordende Expansion, der Druck auf die Preise und die nötigen Investitionen in Maschinen und Material trieb die Firme 1968/70 in eine Krise.

„Infolge der grossen Investitionen und der Verminderung des Ertrags hatte sich aber auch die Liquidität beunruhigend verschlechtert und die Abhängigkeit von den Geldgebern unerträglich verschärft. Die Absicht, diese Gefahren und Kosten durch eine Erhöhung des Aktienkapitals zu reduzieren, stiess auf den Wiederstand der verbliebenen Familienaktionäre, die darin eine Schmälerung ihres Einflusses sahen. Sie boten ihre Beteiligung zum Kauf an, aber zu einem Preis, welcher den Insidern unter den gegebenen Umständen wenig attraktiv erschien. Die kritisch bedrohliche Lage verstärkte offenbar eher die zentrifugalen Tendenzen als das Bewusstsein des gemeinsamen Interesses. Das Kader forderte energisch eine Verbesserung der Information und Garantien für Saläre und Prämien. Der neuen dreiköpfigen Geschäftsleitung, die Mitte 1969 nach fünfjähriger Vorbereitung die zurücktretenden, aber zugleich zu Delegierten des Verwaltungsrates ernannten Jakob Labhart und Ulrich Beglinger ablöste, gelang es offenbar nicht, die nötigen Konsequenzen zu ziehen. Schliesslich brachte die Volksbank auch die Aktien der oppositionellen Aktionärsgruppe an sich, überliess jedoch –nach Beseitigung des statutarischen Ausschlusses von Konkurrenten- die Mehrheit der kapitalkräftigen und branchenkundigen Spaltenstein Holding und bildete zusammen mit dieser in Mai 1970 den neuen Verwaltungsrat (Dr. Bruno Frick, Direktor SVB als Präsident; Erwin Grimm als Delegierter und Vorsitzender der Geschäftsleitung, sowie Dr. W. Kuhn und Peter Geilinger.) Die technische und die kaufmännische Leitung der Lerch AG ging im Frühjahr 1971 an Felix Bühler und P. Schweizer über.“ (Zitat aus „Bauen in Winterthur 1859-1984 von Alfred Bütikofer).

1999 erfolgte mit dem Ausstieg aus der Spaltenstein-Gruppe wieder die Selbständigkeit. Der aus der Baumeisterfamilie Spaltenstein stammende Rechtsanwalt Rudolf Ackeret übernahm das Präsidium des Verwaltungsrates und führte das Unternehmen in eine weiterhin erfolgreiche Zukunft. Seit 2005 setzt sich Lerch aus zwei Firmen zusammen: die Lerch AG Bauunternehmung und die BauLerchManagement AG. Jede dieser Firmen ist innerhalb des Unternehmens für einen eigenen Bereich verantwortlich: Die Lerch AG Bauunternehmung übernimmt Projekte in den Bereichen Hochbau, Tiefbau, Umbau und Renovationen, Holzbau, Fassadenbau und Gips- und Trockenbau. Ihr Hauptsitz befindet sich in Winterthur. Weitere Niederlassungen gibt es in Uster und Zürich. Die BauLerchManagement konzipiert und realisiert Projekte in den Bereichen Baumanagement, Energieberatung und Baucontrolling. Sie tritt auch als General- und Totalunternehmung auf.

Bibliografie


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
21.02.2022