Stadtkreise und Quartiere
Quartier Nägelsee
Von 1900 an entstand im Nägelsee eine neue Arbeitersiedlung. Inzwischen sind über 100 Jahre vergangen und vieles hat sich verändert. Manches hat sich verbessert, aber einiges steht noch auf der Traktandenliste des Quartiervereins. Dieser wurde 1915 gegründet. Er schaut auf 100 Jahre aktive Vereinstätigkeit zurück und weist in seiner zu diesem Jubiläum erschienenen Festschrift auf viele Errungenschaften zurück.
1920er-Jahre: Nägelseestrasse 46, katholische Kirche St. Josef, Glockenaufzug
Foto: winbib (Signatur 082230)
Das ehemalige Dorf Töss ist geprägt durch Arbeitersiedlungen. Das ist nicht erstaunlich, prägen doch die Bauten der einst weltweit führenden Industrie diesen heutigen Winterthurer Vorort. Die Besitzer dieser Fabriken begannen früh für ihre Arbeiter Häuser und Siedlungen zu erstellen. Rieter ging voran und baute ab 1865 die Siedlung Hagenwies an der Rieterstrasse 18-45. Um die Jahrhundertwende entstanden die Backsteinhäuser im Bahndreieck an der Eichliackerstrasse (1897-1913, Architekten Jung, Bridler & Völki) und weitere folgten vor allem im östlichen Teil von Töss. Ab 1900 entstand im Nägelsee ein weiteres Quartier mit Friedhof (1899), Schlachthaus (1939) und einer Fabriksiedlung. Dominiert wird es durch die katholische Kirche St. Joseph (1914). Das Nägelsee-Quartier wurde erst mit dem Gätzisteg, an dessen Stelle 1865 eine erste Brücke (heute Metzgerbrücke) folgte, erschlossen. 1895 entstand bei dieser Brücke das gemeindeeigene Schlachthaus. Im selben Jahr begann an der Büchli- und Jakob (heute Birken-)-Strasse der Bau von freistehenden Einfamilienhäuser.
Als Architekt wirkte Jacques Leuzinger. 1899 wurde der Friedhof Töss eingeweiht. Die erste Beerdigung fand an 3. Januar 1900 statt. Das Wohn- und Industriequartier Nägelsee ist eingebettet zwischen dem Waldrand des Ebnet und dem Flusslauf der Töss. An der Töss befinden sich auch die Fabrikgebäude der Rieter AG. Das Quartier Nägelsee erfreut sich einer schönen Geschlossenheit der Bewohner und einer funktionierenden Quartierkultur. Dies ist vor allem dem Quartierverein zu verdanken, der bereits 1915 im Restaurant Metzgerhalle gegründet wurde. Im August 2015 feierte das Quartier dieses hundertjährige Jubiläum mit einem grossen Fest und der Herausgabe einer reich bebilderten Festschrift.
Es wurde Rückschau auf die prägenden Ereignisse der vergangenen Jahrzehnte gehalten und festgestellt, dass die Gestaltung eines Quartiers nie zu Ende geht. Es gilt auch in den nächsten hundert Jahren mitzureden. Das einschneidenste, im wahrsten Sinne des Wortes, Ereignis für das Nägelsee-Quartiers war der Bau der Autobahn durch das Schlosstal und damit entlang der südlichen Wohnbauten, die zum Teil weichen mussten. 1960 begann der Variantenstreit. Zur Auswahl standen die Varianten Dättnau und Schlosstal. Die Strasse durchs Dättnau, zum Teil mit Tunnels, wäre eine echte Umfahrung gewesen, da auch Wülflingen komplett umfahren worden wäre. Die Variante Schlosstal ist kürzer und man versprach sich durch diese tangential geführte Verbindung eine Entlastung des innerstädtischen Verkehrs.
Schlussendlich entschied der Bund zusammen mit dem Kanton die N1, wie sie damals noch hiess, durchs Schlosstal zu bauen. Die Krone Töss, der Fussballplatz Nägelsee und weitere Bauten mussten zugunsten des Autoverkehrs weichen. Die Anwohner des Nägelsee-Quartiers waren und sind die Leidtragenden. Lärm, Schmutz und Abgase haben sie zu tragen. 1964 wurde mit dem Bau der Autobahn durch das Schlosstal begonnen. Der Fussballplatz und mehrere Wohnhäuser mussten weichen. Auch der Bahnübergang Gleitstrasse musste geschlossen werden. Er wurde durch die Unterführung beim Schlachthof ersetzt.
So wurde der Zugang zum Wald, zum Schuppentännli und Hoh- und Alt-Wülflingen sichergestellt. Seit 1967 fliesst der Autoverkehr auf der Autobahn durchs Schlosstal. Prägende Ereignisse im 20. Jahrhundert waren 1913 der Bau der katholische Kirche St. Joseph nach Plänen des Rorschacher Architekten Adolf Gaudy (1872-1956). 1921 bezog der FC Töss den Sportplatz Nägelsee. Das Spielfeld wurde durch viele Frondienststunden der Fussballer erstellt. Ein Garderobengebäude fehlte. Umgezogen wurde im Restaurant Hörnli. 1922 fand die Eingemeindung von Töss zur Stadt Winterthur statt. 1940 nahm der neue Schlachthof den Betrieb auf und 43 Jahre später war er Geschichte.
Am 30. Juni 1983 wurde er aufgehoben. Im ehemaligen Schlachthaus der Gemeinde Töss bei der Metzgerbrücke nahm 1948 das Schlosserunternehmen Blatter seine Produktion auf. 2004 wurde auf diesem Areal eine neue Wohnsiedlung erstellt. Nachdem das Traditionsgeschäft „Gärtnerei Leuenberger“ mitten im Nägelsee-Quartier den Betrieb einstellte, wurde das Areal 1967 mit 27 Einfamilienhäusern überbaut. Nachdem durch den Bau der Autobahn der Zugang zum Wald erschwert wurde, der Fussballplatz weichen musste und andere Tummelplätze verschwunden waren wurde der Ruf nach einer Freizeitanlage laut. 1973 gründete man eine Spielplatzkommission, die sich schnel und speditiv an die Arbeit machte. Über das Wochenende vom 6. Juni 1975 konnte ein Sport- und Spielplatz unterhalb des Schlachthofes eingeweiht werden.
Der Gemeinderat hatte dazu einen Kredit von Fr. 130‘000.00 gesprochen. Bereits ein Jahr später konnte ein Spielplatzhaus in Betrieb genommen werden. 1995 wurde ein neues Spielplatzhaus gebaut. Das bisherige war ganz einfach zu klein. Es konnte den wachsenden Bedürfnissen nicht mehr gerecht werden. Regelmässig standen das Sommer-Spielerlebnis, Winter-Eisfreuden, Monatsplausch-Aktionen, Räbeliechtli schnitzen und anderes auf dem Programm. Auch mit weiteren baulichen Anpassungen hielt der Quartierverein die Anlage stets in attraktivem Zustand. So präsentiert sich die Freizeitanlage Nägelsee mit einem grossen Abenteuerspielplatz, Feuerstelle, Hartplatz, Mehrzweckraum mit Küche, Lagergebäude und einem grossen Dach als Unterstand zwischen den Gebäuden.