Politik

Nik Gugger

Nationalrat EVP, Sozialunternehmer, *1970

Nik Gugger ist ein Politiker und Sozialunternehmer aus Winterthur. Seit 2017 ist er für die Evangelische Volkspartei (EVP) im Nationalrat tätig. In Winterthur ist er auch als Inhaber des Restaurants Concordia in Veltheim bekannt.


Geburtsort
Kerala / Südindien

Geboren
01.05.1970


2006: Grosser Gemeinderat Winterthur, Nik Gugger EVP
Foto: winbib, Marc Dahinden (Signatur FotDig_Lb_003-709)

Zwischen Indien und der Schweiz

Niklaus-Samuel «Nik» Gugger wurde am 1. Mai 1970 im Basler Missionsspital in Thalassery, einem kleinen Städtchen im südindischen Bundesstaat Kerala, geboren. Seine leibliche Mutter gehörte zu einer bahamischen Fischerfamilie und war verwitwet. Witwen sind in Indien oft von Stigmatisierung und sozialer Isolation betroffen, da sie unter anderem als Unglücksbringerinnen gelten. Unter diesen schwierigen Umständen gab die Mutter ihren Sohn zur Adoption frei.

Damals arbeiteten Elisabeth und Fritz Gugger in der Nähe für das Hilfswerk der Evangelischen Kirche (HEKS) in einer Schule für Werkzeugmacher. Zufällig waren sie im Spital für eine Untersuchung und erfuhren vom Schicksal des Neugeborenen. Das Ehepaar, das sich stets ein Kind gewünscht hatte, entschloss sich sofort zur Adoption. Nur wenige Jahre später brachte Elisabeth Gugger noch zwei Mädchen zur Welt. Schon als kleiner Junge wusste Nik Gugger, dass er nicht bei seinen leiblichen Eltern aufwuchs.
1973 kehrte die Familie nach Thun zurück, wo Nik Gugger auch zur Schule ging. Schon früh begeisterte sich der Junge für Motorräder und wollte Mechaniker werden. Seine Lehre absolvierte er bei der Maschinenbau-Firma Studer AG in Steffisburg. Aufgrund eines Motorrad- und Skiunfalls musste er seine Ausbildung insgesamt für acht Monate unterbrechen. Obwohl sein Lehrmeister ihm vom Gang zur Lehrabschlussprüfung abriet, versuchte er sein Glück – und scheiterte am praktischen Teil. Anstatt aufzugeben, wollte der junge Mann es jetzt richtig wissen und wiederholte das vierte Lehrjahr bei der Frutiger Hydraulik- und Elektronikfirma von Hansruedi Wandfluh. Danach liess er sich in einer Motorradwerkstatt anstellen, kündigte jedoch noch in der Probezeit.

Einer der ersten Schulsozialarbeiter in Winterthur

Nik Gugger entschloss sich, wie seine Eltern und Schwestern zuvor, für einen Auslandaufenthalt. Sein Vater vermittelte ihm einen Arbeitseinsatz in einem Kinderheim in Kolumbien. Nach seiner Rückkehr arbeitete er ab 1993 als Jugend- und Sozialarbeiter für die reformierte Kirchgemeinde Lindau. Zu diesem Zeitpunkt war sein Stellenprofil noch nicht definiert, weshalb Nik Gugger einen gewissen Gestaltungsfreiraum genoss. Parallel dazu absolvierte er sein Studium zum Sozialarbeiter an der Höheren Fachschule (HFS) und Fachhochschule (FHS). In Wülflingen gehörte er zu den Pionier:innen im Bereich der Schulsozialarbeit. Damals war dies der einzige Stadtkreis, der über eine Sozialarbeiterstelle verfügte – hauptsächlich finanziert durch die reformierte Kirchgemeinde. Aufgrund seiner Erfahrungen konnte er sich als Experte für Schulsozialarbeit und später auch als Dozent für Polizeipsychologie sowie als Empowerment-Coach positionieren.

Leiter Fabrikkirche

2003 lancierte die reformierte Landeskirche gemeinsam mit dem Stadtverband Winterthur und dem Kanton Zürich ein Projekt zur Schaffung einer Jugendkirche in Winterthur.  Nik Gugger übernahm gemeinsam mit Pfarrer Matthias Girgis die Projektleitung. Zuerst führte die neue Jugendkirche ihre Veranstaltungen und Gottesdienste an unterschiedlichen Orten in Winterthur durch. 2006 zog sie dann in die ehemalige Sulzer-Fabrikhalle 1019 auf dem Sulzer-Areal. In diesem Zusammenhang folgte die Umbenennung in «Fabrik-Kirche», die ihren Betrieb nach einer Umbauphase im Jahr 2007 aufnahm. Neben Gottesdiensten, bot die Kirche auch Beratungen und Arbeitsmöglichkeiten für junge Menschen an. 2013 lief der Mietvertrag aus und es musste ein Nachfolgeprojekt entwickelt werden. 2016 schloss die Fabrikkirche im Sulzer-Areal ihre Proften. 2018 gab Nik Gugger die Gesamtleitung des Projekts ab. Die Fabrikkirche zog später unter neuer Leitung in das Restaurant Akazia. Dort konnte sie sich allerdings nicht behaupten. Das Projekt wurde 2020 eingestellt.

Unternehmenstätigkeit

Im Jahr 2008 wagte Nik Gugger den Schritt in die Selbständigkeit und gründete die Einzelfirma «Hallo Zukunft», mit der er sich als Unternehmensberater positionierte. Im gleichen Jahr beteiligte er sich an der «Herzkraftwerk AG», die im gleichen Segment tätig ist. 2014 gründete er die «ConCordis GmbH» und eröffnete an der Feldstrasse 2 das Restaurant Concordia, womit er sich einen lang gehegten Traum erfüllte. 2021 gründete er das Bauunternehmen «Prefero AG». Seine Leidenschaft für die Gastronomie zeigte sich auch in der Getränkeherstellung. So brachte er 2017 das Ingwer-Süssgetränk «Zingi» und 2021 den «Ginger Wine» auf den Markt.

Politische Laufbahn

2002 wurde Nik Gugger als Vertreter der Evangelischen Volkspartei (EVP) in den Grossen Gemeinderat gewählt. Von 2008 bis 2014 war er Fraktionspräsident. 2010 kandidierte er für den Stadtrat, um den Sitz von Maja Ingold (EVP) zu verteidigen. Er erreichte das absolute Mehr, schied jedoch als überzähliger Kandidat aus. Bei seiner erneuten Kandidatur im Jahr 2012 hatte er keine Chancen. 2014 wählte das Stimmvolk ihn in den Kantonsrat, und 2017 rückte er für die zurückgetretene Maja Ingold in den Nationalrat nach. Seine Schwerpunkte liegen in der Finanz- und Sozialpolitik. Im Nationalrat ist er unter anderem Mitglied der Aussenpolitischen Kommission sowie Präsident der parlamentarischen Gruppe Schweiz-Indien. Zudem ist er Vizepräsident der EVP-Schweiz. 2023 kandidierte Nik Gugger erfolglos für den Ständerat.

Aufgrund seiner kommunikativen und offenen Art hat er sich in Bundesbern schnell einen Namen als Vermittler und Brückenbauer gemacht. Dabei beschränkt er sich nicht nur auf die Beziehungen zwischen den Parteien, sondern vermittelt auch im Europarat und in der Aussenpolitik. So war er 2024 am Zustandekommen des Freihandelsabkommens zwischen Indien und der Schweiz beteiligt.  

Persönliches

Nik Gugger ist verheiratet und hat drei Kinder. Er lebt mit seiner Familie in Winterthur-Veltheim. Nik Gugger trägt gerne die Farbe Orange, auch sein Restaurant Concordia ist in dieser Farbe gestrichen. Orange steht in Indien für Mut und Fröhlichkeit. Im Jahr 2019 verlieh ihm das Kalinga Institute of Industrial Technology in Odisha, Indien, den Ehrendoktortitel für sein soziales Engagement für Kinder und Jugendliche. Nik Gugger engagiert sich als Vize-Präsident für den Verein «Bird Life Schweiz».

Im Jahr 2022 veröffentlichte er seine Autobiografie: «Entgegen allen Widrigkeiten. Menschen ermutigen».


Benutzte und weiterführende Literatur

mps/SDA:Nik Gugger will für die EVP in den Ständerat, in: Der Landbote, 01.04.2023
Gugger, Nik: Entgegen allen Widrigkeiten. Menschen ermutigen, Thun 2022.
Aeschlimann, Lisa: Gugger ist indischer Ehrendoktor, in: Der Landbote, 09.05.219.
Herter, David: Fabrikkirche muss Park weichen, in: Der Landbote, 03.04.2012.
Eggli, Marisa: Ein Showman drängt auf die grosse Bühne, in: Der Landbote, 06.02.2010.
Herter, David: Verbunden mit Winterthur und der Welt, in: Der Landbote, 17.12.2009.
Sorg, Florian: Nik Gugger will Winterthurer EVP-Stadtratssitz verteidigen, in: Neue Züricher Zeitung, 25.03.2009.
Lattmann, Thomas: Beten und wirten in der Fabrik, in: Der Landbote, 24.05.2006
Meyer, Ernst: Jugendlichen den Weg zur Kirche erleichtern, in Neue Züricher Zeitung, 24.05.2004.

Bibliografie

    Gugger, Nik, Sozialarbeiter, Politiker EVP

    • Einträge ab 2011

      Kern, Matthias: Zingi. Vältemer Getränke heute. In: De Gallispitz, Nr. 1 (2023). S. 21. m.Abb.
      Sozialunternehmer, Familienmensch und Brückenbauer. In: Winterthurer Zeitung, Nr. 40 (2023). S. 15. m.Abb.
      Gugger, Nik: Nik Gugger. Entgegen allen Widrigkeiten. Menschen ermutigen. Thun/Gwatt, 2022, 231 S., ill.

      Einträge 1991–2010

      NZZ 209/70 S. 51. - Landbote 2009/293 1Abb., 2010/30 mit Interview, 1Abb. - Winterthurer Zeitung 2010/5 Interview


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
11.10.2024