Schwaden von Stumpenrauch ziehen schwerelos durchs enge Säli des Winterthurer Restaurants Steinbock. Bier in grossen Krügen wird gereicht. Dreissig Männer - und nur Männer - diskutieren angeregt und engagiert. Nach ein paar Stunden ist die Sache erledigt: Die Firma Sulzer soll einen Krankenunterstützungsverein erhalten. Was sich da am Abend des 24. Novembers 1845 so - oder atmosphärisch vielleicht auch ein bisschen anders - abgespielt hat, war alles andere als selbstverständlich für jene Zeit. Rücksichtsloser Manchester-Kapitalismus stand europaweit in voller Blüte. Solidarität unter Proletariern, also unter besitzlosen Arbeitern, war erst in wenigen Ansätzen zu erahnen. Und noch sollten 23 Jahre vergehen, ehe Karl Marx mit "Das Kapital" sein Hauptwerk veröffentlichen würde. Und mitten in diese noch so stark von "Oben" und "Unten" geprägte Epoche, die in der Schweiz als die vor- bundesstaatlich helvetische gilt, fällt die Gründungsversammlung dessen, was heute, über 150 Jahre später, die PROVITA Gesundheitsversicherung ist. Fast doppelt soviele Anwesende wie zu dieser Gründungsversammlung erschienen, exakt eine Woche später, zur Vorlage und Genehmigung der Statuten. Das Baby war nicht nur geboren, es hatte auch seine Taufe bestanden. Die Statuten sollten erst einmal für nur zwei Jahre Gültigkeit haben. Danach wollte man erneut über die Bücher gehen und aufgrund von Erfahrungen nötige Anpassungen machen. Austreten konnten alle jederzeit - nur Geld gab's keines.