Aus frühen Akten geht hervor, dass an der Ecke Obergasse/Schulgasse 1534 ein Haus im Besitz des Wannenmachers Conrad Sporrer gestanden hatte. Später ging das Gebäude in den Besitz des Pfarrers von Wülflingen über. Es handelte sich bei diesem Haus sehr wahrscheinlich um ein massives zweistöckiges Gebäude unter einem Satteldach. 1809 bekam es den Namen „Neueck“. 1875 erfolgte ein grosser Umbau. In diesem Zusammenhange wurde der Eingang an die Obergasse verlegt. Die Postadresse blieb aber bis heute „Schulgasse 1“. Weitere Umbauten fanden 1905, 1911 und in den 1941er-Jahren statt. Eine Erneuerung nahm auch die Stadt nach dem Erwerb vor. Zuvor machte die ganze Häuserzeile in Winterthur Schlagzeilen. Um 1960 wurde nämlich von der Warenhauskette Maus Frères aus Genf und dem hiesigen Bauunternehmen Lerch der Abbruch geplant, um einen Neubau für ein grosses Warenhaus zu errichten. Im Häusereck Obergasse/Schulgasse/Kirchplatz plante das Unternehmen Mais frères SA Genf (Manor) ein Warenhaus zu bauen. Zu diesem Zwecke hatte Maus sechs Liegenschaften an diesen Strassen in den Jahren 1956 bis 1959 gekauft. Das Projekt löste in der Bevölkerung und in der Politik eine grosse Diskussion aus, ob einerseits ein solches Warenhaus nötig und sinnvoll sei und ob anderseits für einen Waranhausneubau eine derart grosse Wunde in die Altstadt-Struktur geschlagen werden dürfe.
Nach der Einreichung eines Vorprojektes kamen baurechtliche Probleme dazu. Schliesslich verzichtete Maus frères auf das Vorhaben und stellte die Liegenschaften in den Verkauf. Die Stadt interessierte sich die Liegenschaften zu erwerben. Damit könnten der Erhalt der geschützten Häusergruppe gesichert und die Wohnungen an der Obergasse erhalten werden. Schliesslich musste der Stimmbürger entscheiden. In der Volksabstimmung ging es darum, ob die Stadtgemeinde die Liegenschaften Schulgasse 1, Obergasse 7 bis 13 und die Häuser auf der Hinterseite an der Oberen Kirchgasse 4 und 6 käuflich übernehmen oder sie dem Kaufhausprojekt opfern soll. Der Kaufpreis betrug pauschal 3,7 Mio. Franken. Der Stimmbürger entschied am 19. Juni 1983 mit 16’981 Ja gegen 9’476 Nein diese Liegenschaften zu kaufen. Mit diesem Kauf kam auch das Haus Neueck in den Besitz der Stadt So beherbergt das Haus noch heute ein Restaurant. Früher, um 1960, hiess es „Tour de Suisse“ oder ganz einfach das „Suisse“. Damals war das «Suisse» geprägt durch seinen Wirt. Er hiess Karl Litschi (1912-1999) und war der erste Schweizer gewesen der 1937 die Tour de Suisse gewonnen hatte. Litschi war auch zweimal Schweizer Meister gewesen, nämlich 1937 in der Disziplin «Quer» und 1941 auf der Strasse.
Heute heisst das Gasthaus Restaurant Obergasse. Es ist aber nach wie vor ein sehr beliebter Treffpunkt für Jung und Alt und stellt eine der noch wenigen Altstadt-Beizen dar, die nach altem, bewährtem, aber gmögigen Prinzip gestaltet und geführt ist. Nebst den Restaurant-Räumlichkeiten und einem Säli im Obergeschoss stehen im Sommer auch das Strassencafé und die ruhigere Terrasse zur Verfügung. Aber nicht nur zum Schwatzen und Diskutieren trifft man sich in „Obergasss“ gerne, sondern man isst auch gut und preiswert. Es werden immer frische und wenn möglich regionale und saisonale Produkte angeboten. Die Gäste erwartet auch eine freundliche und kompetente Bewirtung.