Grosskonzerne
Schuhfabrik W. Bratteler-Stehli
Ackeretstrasse 17
Die Schuhfabrik Bratteler ging aus einer kleinen Schäftefabrik, gegründet 1863, hervor. 1876 trat Wilhelm Bratteler in den Betrieb ein. Unter seiner Regie wurde die Firma zur mechanischen Schuhfabrik entwickelt. 1899 wurde an der Ackeretstrasse ein Neubau erstellt, der 1911 vergrössert und modernisiert wurde. 2017 wurde das Haus in ein Wohnhaus umgebaut.
Briefkopf W. Bratteler-Stehli Schuhfabrik Winterthur, mit Abbildung Fabrikgebäude Ackeretstrasse 17, Rechnung, 1918
Foto: winbib (Signatur Raths_087_Ausschnitt)
Das dreigeschossige Bürogebäude in Sichtbackstein wurde 1897 von Architekt Hermann Siegrist d. Ä. als Schuhfabrik erstellt und 1911 durch denselben Architekten um fünf Achsen gegen Westen erweitert. Die regelmässigen Fensterachsen werden durch horizontal durchlaufende Fensterbänke zusammengefasst und die Obergeschosse durch Pilaster strukturiert. Lediglich die halbgeschossig versetzten Treppenhausfenster durchbrechen die horizontale Organisation. (Text: Denkmalpflege Winterthur) Die Schuhfabrik W. Bratteler-Stehli ging aus einer kleinen Schäftefabrik hervor, welche anno 1863 an der Gertrudstrasse gegründet wurde.
1876 trat Wilhelm Bratteler in den bescheidenen Betrieb ein und nahm als Associé einige Jahre später die Schuhfabrikation vorerst als Hausindustrie auf, um 1890, als alleiniger Inhaber der Firma W. Bratteler-Stehli, zur mechanischen Fabrikation überzugehen. Der rasche Aufschwung zwang bald zur Betriebserweiterung. 1899 wurde an der Ackeretstrasse 17 ein Neubau erstellt. Er war ausgerüstet mit den rationellsten Maschinen für die Schuhfabrikation. Bratteler baute für sich und seine Familie 1906/07 die Villa Sophora an der Schaffhauerstrasse 18. 1911 musste diese Fabrik, dank dem guten Verkauf seiner vorzüglichen Fabrikate, bedeutend vergrössert und technisch modernisiert werden. Ihre Erzeugnisse sind unter der Marke „Qualitas" in der ganzen Schweiz als Qualitätsprodukte bekannt. 1958 wurde das Unternehmen in einem Konkursverfahren liquidiert.
In der neuen „Stadtgeschichte 2014“ schrieb Adrian Knöpfli über die Schuhproduktion in Winterthur folgendes: „Auch Schuhe wurden in Winterthur hergestellt. Neben der Biscuitfabrik befand sich an der Konradstrasse Nr. 5 die Schuhfabrik Hofmann, Zwink & Co. Sie wurde von Johann Hofmann (1816–1891) 1847 ursprünglich im «Walfisch» an der Marktgasse gegründet und beschäftigte 1914 rund 250 Arbeiter, die etwa 400 Paar Schuhe pro Tag herstellten. Diese Fabrik war gemäss dem historischen Lexikon die erste industrielle Schuhfabrik der Schweiz! Als die Fabrik in Schieflage geriet, zog sie nach 1929 nach Elgg. Die seit 1859 existierende Schuhfabrik von Jakob Friedrich Ammann an der Technikumstrasse wurde 1889 nach Illnau verlegt und 1899 liquidiert.
1900 baute Bratteler eine Fabrik an der Ackeretstrasse, die 1911/12 auf das Doppelte vergrössert wurde. «Infolge des gut ausgebauten Maschinenbetriebes konnte die Arbeiterzahl auf ein Minimum beschränkt werden.» Die Winterthurer Schuhindustrie beschäftigte auch eine beträchtliche Zahl von Heimarbeitern, hauptsächlich im Tösstal. 1871 arbeiteten die rund 700 Arbeiterinnen und Arbeiter der drei Schuhfabriken «nur zum kleinsten Teil in den Etablissements selbst». Ab den 1890er-Jahren ging die Heimarbeit zurück. Die Firma Bratteler machte 1958 Konkurs.“ Der Konkurs von Bratteler war, wie Zeitzeugen berichten, eine ziemlich wüste Sache. Im Stadtarchiv Winterthur ist ein Schriftstück folgenden Inhalts zu finden: „An die Gläubiger der Firma W. Bratteler & Cie. A. G., Winterthur, 23. April 1958. Dr. E. Sutter, W. Bratteler. Wegen Betrügereien von Betriebsleiter Quenzer. Verunmöglichte, weil zusätzliche Löcher zum Vorschein kamen, auch die Übernahme durch einen Interessenten. Fristlos entlassen und aus dem VR ausgeschieden. A.o. GV, vorgängig Gläubigerversammlung, am 18.04.1958. Gläubigerausschuss: Dir. O. Blumer, SBG Winterthur; Firma Hefti & Co. A. G., Oberuzwil; Dr. Kägi, Sekretär des Verbandes schweiz. Gerbereien; Dir. Odermatt, Zurzach.“ Ein Zeitungsartikel aus der „Winterthurer Arbeiterzeitung“ vom 26. August 1918 belegt, dass in dieser Firma mit dem Personal nicht zimperlich umgesprungen wurde. Oder war das damals, noch vor dem Generalstreik üblich?