KMU und Gewerbe

Seilerei Kislig

Breitestrasse 18

Seit 1878 werden im Breitequartier Seile und Stricke gedreht, und das heute noch in traditioneller, handwerklicher Weise. Die Seilerei Kislig an der Breitestrasse 27 gehört zu den letzten Betrieben dieser Art in der Schweiz. Das imposante Werkstattgebäude ist im städtischen Inventar schützenswerter Objekte aufgeführt.


Gründungsdatum
1878


Adresse
Seilerei Kislig
Breitestrasse 18
8400 Winterthur
1988: Breitestrasse 18, Seilerei Kislig, Innenansicht Foto: winbib, Marc Dahinden (Signatur FotDig_2020-0053)

Von der Strasse aus gesehen wirkt das Gebäude eher unauffällig, auch wenn ein älterer Holzbau inmitten der umliegenden Mehrfamilienhäuser erstaunen mag. Erst beim Nähertreten werden seine wahren Dimensionen ersichtlich: Rund hundert Meter lang und vier Meter breit ist der niedere, holzschopfähnliche Bau an der Breitestrasse 27. Form und Grösse sind durch seinen Verwendungszweck bestimmt, werden darin doch seit über 130 Jahren Seile, Stricke und Taue hergestellt. Ausser zwei kleineren Umbauten präsentiert sich die Seilerei samt Reeperbahn heute noch weitgehend im Originalzustand und werden darin heute noch Seilprodukte nach alter Tradition gefertigt. 1878 gegründet, war der Handwerksbetrieb achtzig Jahre lang im Besitz der Familie Kislig.

2002 wechselte er den Besitzer, der aber den Namen als Markenzeichen beibehielt. Dass der markante Bau in seinem Originalzustand erhalten, beziehungsweise die alte Werkstatt bis heute in Betrieb blieb, ist nicht zuletzt dem heutigen Besitzer Martin Benz zu verdanken. Und ursprünglich auch einem glücklichen Zufall: Mit der Seilerei kam der gelernte Zimmermann und Bauführer erstmals in Kontakt, als er für seinen damaligen Arbeitgeber ein Spezialseil benötigte und deshalb die Seilerei von Albert Kislig aufsuchte. Es muss Liebe auf den ersten Blick gewesen sein. Bald darauf trat Benz nämlich bei Seilermeister Kislig eine dreijährige Lehre an, der ihm dann – selber schon achtzigjährig – nach erfolgreichem Abschluss seinen Betrieb übergab.

Seither scheint das Kleinunternehmen, schweizweit eines der letzten dieser Art, weiterhin zu florieren. Hergestellt werden neben Gebrauchsseile oder -taue auch Spezialseile in Einzelanfertigung für Trapezkünstler, beispielsweise, Springseile, Antriebseile für Uhren, Zündlunten oder Armbrustsaiten. Alles Produkte, die vor Ort gekauft oder mittlerweile auch übers Internet bestellt werden können. Ausser einem bescheidenen Anbau, in welchem ein kleiner Verkaufsladen und ein Büro untergebracht sind, hat Benz das Gebäude so belassen, wie er es bei seinem ersten Besuch vorgefunden hatte. Das gilt insbesondere für die Werkstatt, wo noch antiquarische Originalschautafeln, Werbeplakate und das bekannte, offizielle Porträt von General Guisan an der Holzwand hängen.

Auch die Maschinen sind noch die gleichen wie ehedem, zum Teil noch aus der Anfangszeit des Betriebs, über hundertjährig. Im Gegenteil: Immer wieder stösst Benz auf Oldtimer, die von Konkurrenten – weil veraltet und nicht mehr den Produktionsstandards entsprechend – ausrangiert werden, für die er dann in seiner Spezialitätenwerkstatt Verwendung findet. So ist auch die einmalige, charmereiche Atmosphäre bewahrt worden, in deren Bann der Besucher gleich beim Eintritt gerät. Ein Plus, das der findige Seiler ebenfalls zu nutzen weiss: Regelmässig organisiert er in seiner besonderen Werkstatt Apéros und Führungen für Firmenfeste, Vereinsausflüge oder andere Anlässe, an denen die Gäste Einblicke in sein altes Handwerk gewinnen können. Text und Bilder von Jean-Pierre Gubler

Bibliografie

    Kislig, Seilerei, Breitestrasse 18

    • Einträge 1991–2010

      Winterthurer Woche 1994/34 m.Abb.
      Stadtblatt 1998/46 m.Abb.
      Die letzte Reeperbahn: Winterthurer Jahrbuch 2002 von Elisabeth Moser, m.Abb.
      Weinländer Zeitung 2002/1 Geschäftsübergabe.
      Tages-Anzeiger 2002/182.
      Landbote 2002/214 von Jean-Pierre Gubler, m.Abb.
      NZZ 2006/216 S. 31 1Abb.


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
03.02.2022