Siedlungen

Siedlung Leimeneggstrasse 27–35, 43–45

Die Wohnüberbauung am Fusse des Lindbergs mit fünf Reiheneinfamilienhäusern und einem Doppeleinfamilienhaus wurde 1932 vom Architekten und Bauherrn Hermann Siegrist erstellt. Sichtbeton, Bandfenster und Flachdächer machen die Bauten zu einem Manifest des Neuen Bauens. Auf der Südseite präsentieren sich gegen die Bahnlinie terrassierte Wohngärten und über die Flachdächer erstrecken sich Dachgärten. (Denkmalpflege Winterthur)


Adresse
Leimeneggstrasse 27–35, 43–45
8400 Winterthur
Die Siedlung Leimenegg in Oberwinterthur umfasst zwei Häusereinheiten. Die eine besteht aus einem Doppeleinfamilienhaus, die andere aus fünf zusammengebauten Einfamilienhäusern. Das Grundstück ist ein schmaler Geländestreifen zwischen der Strasse und der verkehrsreichen Bahnlinie, auf der die Schnellzüge nach Romanshorn und St. Gallen und die ZVV-Linien nach Seuzach/Stein a.Rh. und ins Tösstal verkehren. Der Verkehrslärm wird allerdings gemildert, da das Bahntrassee viel tiefer liegt. Die Häuser sind in ihrer gesamten Konstruktion in Eisenbeton erstellt. Die Aussenwände sind 12 cm, die Decken in der grossen Spannweite 10 cm, in der kleinen 8cm stark. Der Beton der Aussenwände war mit einem wasserabweisenden Mittel durchsetzt.

Die Schattendächer der Dachgärten und der Boden der Waschküchen waren durch Beimischung von Algenfucose gegen Wasser gedichtet. Das Äussere ist ohne Putzauftrag gelassen, was die Erstellungskosten wesentlich vermindert hatte. Der Fassadenanstrich bestand in einer weissen Mineralfarbe. (Dieser Baubeschrieb ist eine stark verkürzte Version aus einem Artikel in der Schweizerischen Bauzeitung, Ausgabe 24. Juni 1933. Der reichbebilderte Aufsatz steht unter „Dokumente“ zur Verfügung.) Als Manifest des "Neuen Bauens" gilt dieses Doppel- und Fünffamilienreihenhaus. Es zeugt vom Willen, mit einem Minimum an Raum das Maximum an Wohnlichkeit für den Mittelstand zu bieten. Die Hausarbeit wird durch die direkte Verbindung der Räume für Kochen, Waschen und Lagern von Vorräten im Keller erleichtert. Eine Speisedurchreiche ersetzt die Anrichte.

Die offene, plastisch gestaltete Treppe verbindet das Wohn-und Esszimmer mit dem Obergeschoss. Eine vorgefertigte Stahlspindeltreppe führt zum Dachgarten. Mit feinen Eisengeländern und Bullaugen wurde, wie oft auch im Werk Le Corbusiers, auf den Schiffsbau hingewiesen. Die Wände und Decken bestehen aus Beton, dessen Schalungsstruktur mit einem Kalkanstrich transparent gehalten wurde. Horizontale Bandfenster führen ohne Rahmenpfosten um die Gebäudeecke. Das ehemalige Haus des Architekten verfügte bis in die 1980er Jahre über das originale Mobiliar, welches von der nach der Fertigstellung veranstalteten Wohnbedarfsausstellung stammte. (Text aus Architekturführer Winterthur, Bd. 2)

Der Architekt Hermann Siegrist hatte die Stadt in den frühen 1930er-Jahren mit diesen Bauten geschockt und in der Architektenwelt Aufmerksamkeit erworben. Siegrist nahm mit diesen Häusern das Konzept des „Neuen Bauens“ auf. Einfache Formen, neue Materialien und viel Licht in den Wohnräumen waren die Leitsätze der neuen Prinzipien. Absolut neu waren auch die Flachdächer, auf denen mit einer Wohnterrasse ein zusätzliches Highlight gesetzt worden ist. Noch heute setzen diese Bauten, vom Zug und von der gegenüberliegenden Römerstrasse aus gut sichtbar, einen speziellen Akzent. Die neuen Besitzer des Hauses Leimeneggstrasse 43 haben das Haus in aufwändiger Selbstarbeit renoviert. Das neue Besitzerpaar hat dabei den architektonischen Wert des Hauses wieder belebt und zum Strahlen gebracht.

Bibliografie


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
15.02.2023