Verkehr und Infrastruktur
Steinberggasse
Der Name 'Hintergasse', wie die heutige Steinberggasse früher hiess, hatte für Anwohner immer einen despektierlichen Beigeschmack. Deshalb wurde die Gasse auf Antrag der Anwohner 1904 in Steinberggasse umbenannt. Der untere Teil zwischen Metzgasse und Neumarkt hiess zuvor 'Niedergasse'. Die Steinberggasse war der Ort der Handwerker, nur wenige 'Bessere' wohnten in dieser Gasse.
um 1900: Steinberggasse, gegen Osten
Foto: winbib (Signatur 025678)
Die Steinberggasse feiert Winterthur750. Unter dem Motto „Der Steinberggasse ein Gesicht geben“ schmücken Dutzende von Fahnenbildern den Gassenzug. Andreas Wolfenberger hat Bewohnerinnen und Bewohner von gestern und heute abgelichtet und auf die Fahnen projiziert. Auch Persönlichkeiten von früher fehlen nicht.
In einer Begleitbroschüre, -in den Steibi-Geschäften gratis erhältlich-, werden weitere spannende Einzelheiten aus dem Leben der Portraitierten erzählt. Damit setzt sich die einstige Hintergasse nach einer Idee von Katrin Bänziger einmal mehr in den Vordergrund.
Das Gebiet der heutigen Steinberggasse war einmal Wies- und Ackerland. Grundlegende Veränderungen ereigneten sich in der Zeit um 1200. Das Geviert wurde damals vermutlich mit der Stadtmauer befestigt. Eventuell war die Mauer ein Ersatz für eine ältere Befestigung.
Der Name der Gasse ist sehr wörtlich zu nehmen. Die Bewohner der früheren Hintergasse hielten sich immer einen Vorrat von Bollensteinen. Diese Steinberge wurden benötigt, um die Stadtmauer in Stand zu stellen, wenn sie wieder einmal nach Belagerungen durch Wurfgeschosse beschädigt wurde. So hiessen auch einzelne Häuser „Zum unteren, zum mittleren oder zum oberen Steinberg“. Die Steinberggasse erhielt bereits damals die heutige ungewöhnliche Breite. Diese Breite von 15 bis 25 Metern zeigt auf, dass die Gasse von allem Anfang an für Märkte konzipiert worden ist. Durch die Gasse floss der künstlich angelegte Stadtbach. Älter als die Befestigung ist nur der "Bauhof" (heute Steinberggasse 61/Technikumstrasse 68), ein erstes Steinhaus.
Ebenfalls an die Stadtmaurer angebaut ist das Steinhaus Steinberggasse 13/Technikumstrasse 20/22. Es war einst das Knabenschulhaus, später war dort das Wasser-und Gaswerk untergebracht. Die Steinberggasse war der Ort der Handwerker, nur wenige " Bessere" wohnten in dieser Gasse. Der berufliche Mittelpunkt der Stadt lag bei der "Metzg" (Ecke Steinberg-/Metzggasse). Durch die Hinter- und Niedergasse floss ein Seitenarm des Stadtbaches. Er zweigte vom Hauptlauf in der Marktgasse ab und floss durch die Obergasse zur Steinberggasse, zum Neumarkt und zurück zum Hauptbach am Untertor. Eine grosse Umwälzung fand im 19. Jhdt. statt. Die Tore wurden abgebrochen und der Stadtbach 1839 zugeschüttet. Auch die Metzg wurde 1833 abgebrochen. Damit öffneten sich die Hintergasse, die Niedergasse, die Steiggasse und die Metzggasse und fanden zueinander.
Wichtige Zeugen jener Bauzeit sind der 'Bühlhof' (Ecke Steinbergasse/Metzgasse) und das Albani um 1862. FOTO nebenan: Die beiden Häuser an der oberen Steinberggasse heissen ‚Zum Silberschild‘ und ‚Harmonie‘. Beide Bauten sind vor 1755 entstanden und enthalten alte Substanzen im Inneren und Äusseren. Auffallend ist der Aufzugserker, der beide Häuser zusammenfasst und im Gassenzug einen Akzent setzt. Das Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur, Band 347 von 2013 enthält eine Vielzahl von Informationen und Geschichten über diesen bedeutenden Strassenzug in der Winterthurer Altstadt. Dieses Buch ist die Grundlage für diesen Glossar-Artikel. In der Rubrik „Dokumente“ kann eine PDF-Tabelle heruntergeladen werden. Diese enthält Angaben, Notizen über sämtliche Häuser an dieser Platzstrasse.
FOTO nebenan: Das viergeschossige Zeilenhaus 'Zum Tiger', dessen Torbogen die Jahreszahl 1696 aufweist, gehört zu den wenigen Häusern der Steinberggasse, die im Innern wie im Äussern noch weitgehend in ihrer ursprünglichen Form erhalten sind. Die Gestaltung des Erdgeschosses zeigt eine Situation, wie sie bei vielen Altstadthäusern im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit üblich war.