Kunst im öffentlichen Raum

Stelzenläufer

Skulptur Schulhaus Rychenberg

Bei der Aufgangstreppe zum Schulhaus Rychenberg steht als künstlerischer Schmuck des 1957 in Betrieb genommen Schulhaus eine filigrane Skulptur. Die Bronzeplastik „Stelzenläufer“ des Künstlers Emilio Stanzani wurde dort 1963 platziert.


Baujahr
1963


2018: Stelzenläufer Foto: winbib, Heinz Bächinger

Die Erschliessung des Schulhauses Rychenberg in Oberwinterthur erfolgt von der Talackerstrasse aus über eine 27 Stufen zählende breite Treppe. In der Mitte dieses Aufstieges steht links auf einem Betonsockel das Kunstwerk «Die Stelzenläufer» von Emilio Stanzani. Ob die drei Knaben sich ungelenk auf diesen Gehhilfen bewegen oder ob sie diese Kunst akrobatisch beherrschen ist nicht so leicht erkennbar. Die Interpretation ist dem Betrachter überlassen. Die Szenerie auf einer Schulhaustreppe ist hingegen treffend. Draufgängerisch oder eher zögernd präsentieren sich die jungen Männer. Dass die drei Balancierenden in dieser Darstellung sich nackt zeigen, gab nun aber zu reden und fand auch in den Medien ihren Niederschlag, verstummt aber schnell. Die künstlerische Qualität der Skulptur war und ist so hervorragend, dass sie Kritik ganz einfach nicht zuliess.

Für den künstlerischen Schmuck beim Schulhaus Rychenberg war kein Wettbewerb ausgeschrieben worden. Man hatte sich von Anfang an für die Stelzenläufer von Emilio Stanzani entschieden. Der Künstler hatte sich mit dieser Bronzeplastik bereits im Jahr 1955 beim Wettbewerb für das Schulhaus Hohfurri in Wülflingen beworben. Berücksichtigt wurde dort aber eine Arbeit von Robert Lienhard. Später im Jahr 1958 beschloss die Kunstkommission, für das Schulhaus Rychenberg das vorliegende Modell Stanzanis weiter zu verfolgen, da es «künstlerisch eine hochwertige Arbeit» darstelle. Weil das Werk zwischenzeitlich vom Künstler mehrfach überarbeitet wurde, konnte der Guss in der Fonderia artistica Brotal in Mendrisio erst im Jahr 1963 erfolgen.

Die Arbeit „Stelzenläufer“ hat der Künstler Emilio Stanzani geschaffen. Er hat in Zürich gelebt, wo er am 12. August 1906 geboren und am 14. November 1977 gestorben ist. Er wuchs als Kind italienischer Emigranten auf. Sein Vater war Maurer und sein Onkel Steinhauer. 1923–1926, nach Beendigung der Schule, machte er eine Bildhauerlehre bei Otto Münch im Böcklin-Atelier Zürich. Ende der 1920er-Jahre arbeitete Stanzani mit Karl Geiser zusammen und begann zu modellieren, zu zeichnen und zu malen. Er unterstützte Geiser vor allem bei der Vergrösserung und Umsetzung der Modelle in Stein. Ende der 1940er-Jahre wendete er sich mit dem Harlekin und anderen Gestalten einem neuen Thema zu. Diese Auseinandersetzung wird durch die Freundschaft mit dem französischen Pantomimen Marcel Marceau, von dem Porträts, Büsten und eine Holzskulptur entstehen, intensiviert. In dieser Zeit erhielt Stanzani viele Aufträge für Skulpturen, die in einem architektonischen Zusammenhang stehen, sowie für Denkmäler und Kleinplastiken. 1950 wird er mit dem Conrad Ferdinand Meyer-Preis geehrt.

Quellen: "Kunst in Oberi" in "oberi zytig 7/2018" Foto E.S.: artnet.com


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
03.03.2022