Stadtkreise und Quartiere

Töss (Stadtteil)

Der Stadtkreis Töss steht unter Druck. Verschiedene Entwicklungen im ausgehenden 20. Jhdt. haben das Image beeinträchtigt. 2005 startete eine Gegenoffensive. Mit dem "Projekt Töss" will der Stadtrat Lösungsansätze zur Aufwertung des Stadtkreises Töss suchen und aufzeigen lassen. Eine Informationszusammenfassung (Sonderbeilage des „Tössemer, Juni 2006) kann unter Dokumente als PDF heruntergeladen werden.


2021: Töss mit Blick Richtung Stadtzentrum, Luftbild Foto: winbib, Nadia Pettannice

Ein alemannischer Häuptling war der Gründer von "Toissa". In den ältesten Urkunden, die von solchen Häuptlingen herrührende Namen enthalten, begegnet man dem Namen Töss zum ersten Male im Jahre 853.

Die erste eigentliche Ansiedlung von dörflichem Charakter entstand in der Gegend von Töss wohl erst mit der Erstellung eines besseren Weges, der von Niederwinterthur aus als Zugang zur Brüttemer Steig führte. Während nämlich bisher die alte Römerstrasse Vindonissa-Vitudurum als Verkehrsweg benützt wurde —von der Brüttenerhöhe herkommend traf sie bei der Kemptmündung auf die Töss, die in einer Furt (Als Furt bezeichnet man eine flache Stelle in einem Bach oder Flusslauf an denen das Gewässer zu Fuß oder mit Fahrzeugen überquert werden kann.) überquert wurde. Dann zog sie sich dem Vogelsang entlang. Von diesem besseren Weg wird 1348 von einer steinernen Brücke und einer guten Strasse berichtet. Sie begünstigte die Entwicklung die kleine Siedlung. Deren Bewohner wurden Jahrhunderte lang „die Leute an der Strasse zur Töss“ genannt, bestand diese Ansiedlung doch lange Zeit lediglich aus einer einzigen Häuserzeile, die sich der westlichen Seite der neuen Strasse entlang zog.

Später erweiterte sich die Häuserreihe gegen die Töss hin. Jene Gegend hiess damals „Krugeluntal“ und ist noch heute im als „Chrugeler“ bezeichneten Ortsteil enthalten. Dieses Quartier konnte sein altes Gesicht am würdigsten beibehalten. Aber auch in der Nähe der Tössbrücke bestand schon zu Anfang des 13. Jhdt. eine kleine Häusergruppe. Das waren ein Schwesternhaus (aus dem sich 1233 das „Kloster bei der Tössbrücke“ entwickelte), eine Mühle (die beim Klosterbau in den Hof miteinbezogen wurde) und einige Bauernhäuser. Politisch gehörte das Dorf immer zur Grafschaft Kyburg und kam wie auch Oberwinterthur, Seen und Veltheim 1424 und endgültig 1452 an Zürich. Die Pfarrei —die Grundlage zur späteren politischen Gemeinde— wurde während der Reformationszeit (1526) durch Abtrennung des Dorfes Töss von Oberwinterthur und die Zuteilung der Höfe Rossberg, Dättnau und Bläsihof gebildet. Mit dem Anbruch der Helvetik (1798) wurde Töss eine eigenständige Gemeinde. Per 1. Januar1922 erfolge die Stadtvereinigung, Dabei wurde der Bläsihof der Gemeinde Lindau abgetreten. Wie die anderen Vororte gab Töss seine politische Selbständigkeit auf und gehört seither der Gemeinde Winterthur an. Im gleichen Zuge wurde im Chrugeler-Quartier die Kanalstrasse zu Ehren des dort 1859 geborenen Dichters und Schriftstellers Jakob Christoph Heer in die J.-C-Heer-Strasse umgetauft.

Im Jahre 1233 stiftete Graf Hartmann IV. von Kyburg das Kloster Töss. Es entwickelte sich zu einem der bedeutendsten und auch wohlhabendsten Frauenklöster jener Zeit. Als die wohl vornehmste Nonne muss die ungarische Königstochter Elisabeth erwähnt werden, die 1315 eintrat und 1343 nach langjährigen Schmerzen in ihrer Klosterzelle verschied. Ihr zu Ehren wurde das ungarische Doppelkreuz ins klösterliche Wappen gesetzt. Nach der Auflösung des Klosters Töss am 31. Dezember 1525 oblag die Verwaltung des einstigen Klosterbesitztums dem Stadtstaat Zürich.

Mit der starken Zunahme des motorisierten Verkehrs Mitte des 20. Jhdts. kam dem Vorort Töss ein gewaltiger Wandel entgegen. Die Zürcherstrasse ist überlastet und der Verkehrsstrom teilte es in zwei Dorfhälften. Mit der Fussgängerunterführung beim Gmeindshüsli wird die Strassenüberquerung für Fussgänger Ende 1959 wieder gefahrlos. Später wurde zusätzlich wieder ein oberirdischer Übergang hinzugefügt. Bald wurde auch der Bau der Strassenunterführung unter der Bülacherlinie spruchreif. Im März 1961 stimmten die Winterthurer Stimmbürger diesem Baukredit zu. Dazu mussten zahlreiche Häuser auf der Westseite der Zürcherstrasse abgerissen werden. Ende 1964 kam das Bauwerk zum Abschluss und der Durchgangsverkehr nahm die Zürcherstrasse wieder in Besitz. Auch die Trolleybuslinie fuhr durch die Unterführung und wendete neu an der Klosterstrasse beim Rieter-Areal.

Kaum war die riesige Baustelle an der Zürcherstrasse aufgehoben begannen 1964 die Bauarbeiten an der Nordumfahrung der Stadt als Teilstück der Autobahn A1. Eine mächtige Schneise am Rande des Vorortes Töss wird in die Landschaft gezogen. Mit dem legendären Hotel Krone mit grossem gediegenen Saal und der Fussballanlage im Nägelsee mussten zwei traditionelle Freizeitanlagen und auch der Chilbi-Platz geopfert werden. 1964 war die letzte traditionelle Tössemerchilbi auf dem Platz beim Auenrain und dem Chilbitanz in legendären Kronen-Saal. Die Töss wird teilweise in einen Tunnel gezwängt und der Ebnet abgetragen. Anstelle der abgerissenen Häuser westlich der neuen Zürcherstrasse-Unterführung und weiteren Grundstücken entstand, Einweihung November 1970, als Dorfmitte die Zentrumsüberbauung mit Saalbau.

Spektakulär war 1966 (27. Oktober) der Einsturz des Baugerüstes und damit des neu betonierten Bauwerkes für die neue Autobahnbrücke über Töss und Schlosstalstrasse auf Wülflinger Gebiet. 1968 war das Teilstück Töss-Ohringen fertig und Ende 1974 wird mit der Eröffnung des Teilstückes Kemptthal-Töss die ganze A1 Zürich-St. Gallen freigegeben. Der Abbruch des Chrugeler-Quartiers für eine Neuüberbauung konnte 1981 unter grossem Bürgerprotest abgewendet werden. Das heimelige Alt-Töss mit dem Geburtshaus von J.C. Herr konnte gerettet werden. Die Einzonung wurde 1983 geändert, sodass dieser älteste Dorfteil von Töss als gerettet betrachtet werden kann.

Wappen

Das zürcherische Amt Töss führte nach der Auflösung des Klosters noch immer dessen altes Wappen, das ungarische Doppelkreuz auf einem Dreiberg. Mit dem Doppelkreuz wurden die ungarischen Farben übernommen, die silberne Figur im roten Feld. Die Gemeinde Töss, die bis weit ins 19. Jhdt. hinein eine Rebbauerngemeinde war, wählte 1798 ganz einfach Traube und Rebmesser als Insignien ihres Gemeindewappens. 1921 wurden die beiden Wappen zusammengeführt und in die heutige Form gebracht, eine Verbindung von alter Klostertradition und den Rebbausymbolen: in Gold eine blaue, grün beblätterte Traube neben blauem Rebmesser mit rotem Griff. Im Schildfuss eine rote Spitze mit silbernem Doppelkreuz auf grünem Dreiberg.

Bibliografie

    Töss. Geschichte

    • Einträge ab 2011

      Müller, Henry: Vor 50 Jahren: Abschied vom alten Töss. In: De Tössemer, Nr. 3, Jg. 56 (2013). S. 12-13. m. Abb.
      Hinrikson-Wepfer, Heinz: Vor dem grossen Umbruch - die Tösser Dorfmitte um 1963. In: Winterthurer Jahrbuch (2014). S. 112-115. m.Abb.
      Müller, Henry: Anekdoten aus dem alten Töss. In: Der Tössemer, Nr. 4 (2019). S. 18-19. m.Abb.

    Töss. Strassennamen

    • Einträge ab 2011

      Müller, Henry: Tössemer Strassennamen in Gedenken an Personen. In: Tössemer ; Jg. 55 (2012). S. 12-14, m. Abb.


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
05.04.2023