Die Villa Friedberg und die benachbarten Wohnhäuser Wülflingerstrasse 1 und 3 gibt es nicht mehr. Anstelle dieser Häuser, die gleich nach der Bahnunterführung an der Ecke Rudolf-/Wülflingerstrasse standen, sind zwei sechsgeschossige Häuser gebaut worden. Die 88 Mietwohnungen waren Ende 2010 fertiggestellt. Die Villa Friedberg war ein klassizistischer Bau, in dem in den letzten Jahren das Lernstudio untergebracht war. Er stammt aus dem Jahr 1866. Das Haus war eine der letzten noch erhaltenen Villen aus den 1860er-Jahren. Die Unterschutzstellung war strittig. Ginge es nach der städtischen Denkmalpflege, so würde die Villa Friedberg heute noch stehen. Es wurde aber anders entschieden. Im Rahmen einer Güterabwägung wurde für einen Neubau entschieden.
Dieser Entscheid beruhte auf einer Entwicklungsstudie für das Gebiet der Wartstrasse aus den 1990er-Jahren. Für das Areal hinter dem Hauptbahnhof mit der 1860 angelegten Wartstrasse sah die Stadt im 19. Jahrhundert Blockrandbebauungen vor. Das heisst, dass die Häuser aneinander gereiht und nicht freistehend gebaut werden sollten. Die Planung war zwar aufgegleist - doch dann ging den privaten Investoren und der Stadt wegen des gescheiterten Projekts der Nationalbahn, die durch das Schweizer Mittelland führen sollte, das Geld aus. Das Papier verschwand für mehr als hundert Jahre in der Schublade. In den 1990er-Jahren knüpfte die Stadt in ihrer Studie an die ursprüngliche Idee an: Diese Planung sei sinnvoll, weil das Gebiet so am intensivsten genutzt werden könne.
Als das Neubauprojekt der «Hofrandbebauung» der Architekten Dahinden und Heim vorlag, war klar, dass die Altbauten an der Ecke Rudolfstrasse/Wülflingerstrasse weichen müssen. Ein rund 150-jähriger Papiertiger sorgte also jetzt dafür, dass die Villa und das Doppel-Dreifamilienhaus abgerissen wurden. Das Doppel-Dreifamilienhaus an der Wülflingerstrasse 1 und 3 aus dem Jahr 1913 gilt im Gegensatz zur Villa nicht einmal für die Denkmalpflege als schutzwürdig. Im Inneren Lind gebe es vergleichbare Häuser aus derselben Zeit. Sie stehen dort frei in einem grünen Quartier: «Die Umgebung ist schöner, und die Baukunst haben wir höher gewertet als bei den Häusern an der Wülflingerstrasse», sagt die Denkmalpflege der Stadt.
Ueli Bachmann von der Erbengemeinschaft, die das Haus an der Rudolfstrasse verkaufte, hat Verständnis für dessen Abbruch: «Man kann heute nicht mehr in einem grossbürgerlichen Haus wohnen», sagt er. Zudem sei die Lage an der stark befahrenen Wülflingerstrasse nicht optimal. Bachmanns Mutter wurde in diesem Haus geboren, seine Grossmutter lebte noch längere Zeit darin. Trotz der Erinnerungen findet er es sinnvoll, dass das Haus durch einen Neubau ersetzt wird: «Als sich das Gebiet mit dem Neubau des Eichguts immer stärker veränderte, wurde der Altbau langsam absurd», sagt Bachmann. «Das Haus war zwar schön, aber es wurde zum Anachronismus.