Vereine und Verbände

Volksgesundheit Schweiz, Sektion Winterthur

Der Verein für Volksgesundheit Winterthur hat über 100 Jahre bestanden und einige wertvolle Zeugen hinterlassen. Es sind dies das Schwimmbad Wolfensberg, die Schrebergarten-Anlage und das Sonnenbad, alle auf dem Wolfensberg.


Gründungsdatum
1898


Ein fulminanter Start

Der „Naturheilverein Winterthur“ (ab 1914 Verein für naturgemässe Lebens- und Heilweise“, ab 1918 „Verein zur Hebung der Volksgesundheit“, ab 1943 „Verein für Volksgesundheit“ und ab 1983 „Volksgesundheit Schweiz“) wurde am 8. November 1898 durch 34 Mitglieder aus der Taufe gehoben. Aktueller Anlass war Vortrag über gewesen. Die Erwartungen waren hoch, und sie wurden nicht enttäuscht. Über die eigentliche Geburtsstunde des Winterthurer Vereins wird zwar in den Zeitungen nicht berichtet, aber schon am 21. November kündigte die neue Organisation einen Vortrag von Naturarzt Meier-Schlatter aus Neuhausen an zum Thema: «Wie verhüten wir Krankheiten?»

- Keine zwei Wochen nach seiner Gründung führte die neue Organisation bereits seine erste Veranstaltung durch! Die rasante Gründung des Winterthurer Vereins ist ein eindrückliches Beispiel für die Aufbruchstimmung, die um die Jahrhundertwende in der Schweizer Naturheilszene geherrscht hatte. Wie Pilze schossen damals neue Naturheilvereine aus dem Boden, wenn sie dazu nur den leisesten Antrieb erhielten.

Das erste Sonnenbad: ein Freiluft-Wellness-Center

Das Tempo seiner Gründung hielt der Verein auch in den kommenden Monaten und Jahren bei. Schon im Herbst konnte im «Ziel» ob Veltheim, also etwas unterhalb der heutigen Sonnenbad- und Gartenanlagen, das erste Licht- und Luftbad eröffnet werden, das bereits im Frühjahr 1902 aufgrund der Besucherfrequenz auf 900 m2 vergrössert wurde. Über dieses erste Sonnenbad ist kaum etwas überliefert. Wie aus den wenigen vorhandenen Bildern zu schliessen ist, war es eine einfache umzäunte Wiese, die in ein Frauen- und ein Männerbad unterteilt war. Dem Zaun entlang waren Holzpritschen aufgereiht, die durch kunstvolles Flechtwerk vor neugierigen Blicken geschützt wurden. Im Männerbad war auch Turngerät vorhanden, unter anderem ein Reck und ein Trapez. Bretterverschläge mit Vorhängen dienten als Kabinen. Das Leben in dieser Anlage muss man sich recht bunt vorstellen. Sonnenbadende ruhten auf ihren Pritschen, Luftbadende spielten auf der Wiese und machten Turnübungen.

Das erste Sonnenbad: ein Freiluft-Wellness-Center

Die Geschichte des Vereins ist ein Auf und Ab, da auch die Mitgliederzahlen eine Berg und Tal-Entwicklung darstellten. Er rettete sich aber immer wieder. Initiative und auch wagemutige Führungspersönlichkeiten trieben das Vereinsgeschehen an und nach vorn. 1909 kauften sie das Areal, um das Sonnenbad und die Schrebergartenanlage neu anzulegen und zu erweitern. Schrebergärten sind Erholungsgärten, benannt nach dem Leipziger Naturarzt und Lebensreformer Daniel Gottlieb Moritz Schreber (1808-1861). Der Betrieb des Sonnenbads und die Verwaltung der Schrebergarten-Anlage sowie die Organisation von Vorträgen und Kursen waren die Hauptaufgaben der Gesundheits-Organisation. Der Verein blühte im Jahrzehnt des 1. Weltkriegs wieder auf. 450 Mitglieder wurden gezählt und das Sonnenbad verzeichnete 1915 3222 Besucher. 1916 bildete sich sogar eine Gesangssektion und 1918 eine Turnsektion. Turbulenzen erzeugte die Idee ein Gebäude zu bauen und darin eine Wirtschaft zu betreiben. Trotz warnenden Stimmen wurde am 8. Juli 1928 die Wirtschaft „Zum Wolfensberg“ eröffnet. Die Skeptiker behielten recht. Die neueste Errungenschaft des Vereins verursacht nur Kosten und Ärger. Und eine Belebung des Sonnenbades wurde damit auch nicht erreicht.

Wieder ergriff man die Flucht nach vorn. Mit einem Schwimmbad sollte das wenig beachtete Sonnenbad und die defizitäre Wirtschaft belebt werden. Ein steiniger Weg hatten die Initianten aus dem Vorstand des Vereins zur Hebung der Volksgesundheit zu bewältigen. Aber er führte zum Ziel. Am 23. August 1936 konnte das Schwimmbad Wolfensberg eröffnet werden. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts änderte sich der Zeitgeist insbesondere auch in Bezug zur Gesundheitseinstellung. Gesund leben wurde zum allgemeinen Gedankengut, sodass die „Gesundheit Schweiz“ (Name seit 1983) an Bedeutung und Mitgliederzahlen stark in Bedrängnis kam. Neu entstand die vitaswiss (Volksgesundheit Schweiz) die sich für die allgemeine Gesundheit der Bevölkerung einsetzt. Sie erachtet Selbstwertgefühl, persönliche Souveränität, eine positive Lebenseinstellung, Lebensfreude, intakte Natur und eine naturverbundene Lebensweise als grundlegende Voraussetzungen für die Gesundheit. Die Winterthurer Organisation wurde eingestellt, hat aber als Zeugen ihrer Tätigkeit den heutigen Generationen der sonnenhungrigen und naturliebenden Bevölkerung drei nennenswerte Hinterlassenschaften überlassen: das Sonnenbad, die Schrebergartenanlage und das Schwimmbad.

Quelle: „Hundert Jahre Volksgesundheit Sektion Winterthur 1898-1998“, 1999, von Andres Betschart

Bibliografie

    Verein für Volksgesundheit, Sektion Winterthur - Vitaswiss

    • Einträge 1991–2010

      100 Jahre: Gallispitz Nr. 99 1998/4 von Andres Betschart, 1Abb.
      110 Jahre: Landbote 2008/138 von Andrea Jud, 1Abb.

    Elgg. Verein für Volksgesundheit

    • Einträge 1991–2010

      25 Jahre: Elgger Zeitung 1993/20


Autor/In:
Heinz Bächinger
Unredigierte Version
Letzte
Bearbeitung:
05.04.2023