Anlässe, Brauchtum und Feste

Winterthurer Weihnachtsmarkt

Neumarkt

Der Winterthurer Weihnachtsmarkt existiert in seiner heutigen Form seit 1997 und befand sich in den Anfangsjahren auf dem Merkurplatz. Seit 2001 steht er auf dem Neumarkt und zieht jährlich über 250'000 Besuchende an. Organisiert wird er vom Verein Weihnachtsmarkt Winterthur.


Gründungsdatum
07.04.1997


1997 eröffnete der Winterthurer Weihnachtsmarkt mit 60 Chalets auf dem Merkurplatz. Dauerregen trübte jedoch den Auftakt. 1998 sah es schon etwas besser aus.
Foto: winbib, Marc Dahinden (Signatur FotLb_001039)

Winterthurer Markttraditionen: Chlausmärt - Chrischtchindlimärt - Wiehnachtsmärt

Seit dem Mittelalter findet in Winterthur regelmässig ein Markt statt. Das Marktrecht war eine Grundvoraussetzung für die spätere Entwicklung eines Stadtrechts. Wann genau der erste Weihnachtsmarkt in Winterthur entstand, ist unklar. Wahrscheinlich gingen die Weihnachtsmärkte aus den spätmittelalterlichen Verkaufsmessen und Neujahrsmärkten hervor. Diese dienten damals der grundlegenden Versorgung der Bevölkerung mit wichtigen Gütern. Im 18. Jahrhundert wandelten sich die Märkte zunehmend zu geselligen Orten mit Veranstaltungscharakter. Spätestens 1839 gab es auch in Winterthur einen regelmässigen Weihnachtsmarkt. Darauf verweist ein Zeitungsinserat, in dem der Schmid Raths aus Pfäffikon nach seinem entlaufenen «Mopshündchen» suchte. Auf eine lange Tradition blickt auf der Klausmarkt zurück, der zuerst am Holderplatz situiert war und sich später rund um die Steinberggasse erstreckte (Chlausmärt). 1928 wartete er mit 108 gedeckten und 100 offenen Ständen auf.  Seit den 1970er-Jahren findet zudem im Rathausdurchgang jährlich der Christchindlimärt statt. 

Schaustellen im Winter – Weihnachtsmarkt nach süddeutschem Vorbild

Die Geschichte eines grossen Weihnachtsmarktes nach süddeutschem Vorbild begann in Winterthur im Jahr 1997. Damals wurden erstmals ein Weihnachtsdorf mit den charakteristischen Holzhüttchen auf dem Merkurplatz aufgebaut. Initianten waren das in Wülflingen wohnhafte Schaustellerehepaar Susi und Norbert Albl. Sie riefen die «IG Weihnachtsmarkt» ins Leben, woraus später der Verein Weihnachtsmarkt Winterthur hervorging. Mit der Organisation des Weihnachtsmarktes sollten die Mitarbeitenden aus der Schaustellerszene auch in der Winterzeit an Arbeitseinsätze kommen. Als Vorbild diente dem Ehepaar der ihnen wohlbekannte Weihnachtsmarkt in der süddeutschen Stadt Augsburg. Mit ihrem eher dörflichen Konzept setzten sie sich damals gegen andere Mitbewerbende durch.

Winterthur sorgt für Weihnachtshäuschen-Boom

Um den Weihnachtsmarkt stimmungsvoll zu gestalten, wandte sich Norbert Albl an den Landwirt Gerhard Schmid, mit dem er befreundet ist, und bestellte bei ihm einen Prototyp für ein Weihnachtshäuschen. Gerhard Schmid und sein Bruder Erich Schmid machten sich ans Werk. Sie liessen sich von Markthäuschen in Deutschland inspirieren und passten diese an die kleinräumigeren Schweizer Verhältnisse an. So entstanden in der Gemeinde Schlattingen im Kanton Thurgau die ersten 60 Weihnachtshäuschen für Winterthur. Die Häuschen wurden bald zum Markenzeichen des Winterthurer Weihnachtsmarktes. Aufgrund der grossen Nachfrage spezialisierten sich die Gebrüder Schmid auf die Anfertigung von Markthäuschen und beliefern seither die ganze Schweiz.

Obwohl jedes Hüttchen gleich aufgebaut ist, sorgen die Standbetreibenden mit individuellen Dekorationen für Abwechslung. Für die schönsten Dekorationen winkt als Belohnung ein besserer Standplatz für das Folgejahr.

Dichtestress auf dem Merkurplatz

Jeder, der wollte konnte ein Markhäuschen mieten. Die einzige Bedingung war in den Anfängen, dass auch Produkte angeboten werden, die in die Weihnachtszeit passen. Das Eröffnungsjahr stand allerdings unter keinem guten Stern: Dauerregen vermieste den Auftakt und so blieb der Umsatz deutlich unter den Erwartungen zurück. Auch ein Jahr später kam es zu leichten Misstönen, weil der Landbote in einem Artikel darauf hinwies, dass nur wenige einheimische einen Stand gemietet hätten. Von zu hohen Mietpreisen und zu wenig Umsatz war die Rede. Gleichzeitig verhinderte der Standort jegliches Wachstum. Obwohl der Weihnachtsmarkt schon von Anfang an ein Publikumsmagnet war, brauchte es sechs Jahre Geduld, bis auch die Kasse stimmte.

Weihnachtszauber auf dem Neumarkt

Im Jahr 2001 zog der Weihnachtsmarkt auf den Neumarkt in der Altstadt um. Im Gegensatz zum Stadtgarten befand er sich nun mitten in den Kundenströmen und er hatte Platz zum Wachsen. 100 Häuschen sind es mittlerweile im Durchschnitt. Damit gehört der Winterthurer Weihnachtsmarkt zu den Grössten der Schweiz. Mit wachsender Grösse nahm auch das Unterhaltungsprogramm einen immer wichtigeren Stellenwert ein. Tradition haben inzwischen der Chlauseinzug, der Märliwald und das Weihnachtsmarktkarussell. Seit 2007 verfügt der Neumarkt über einen extra von der Stadt eingebauten und mitfinanzierten Schacht, womit das Aufstellen eines grossen Weihnachtsbaumes möglich ist. Die Schausteller- und Zirkusseelsorgerin Katharina Hoby-Peter weihte den Baum 2007 feierlich ein.

Zu den markantesten Häuschen am Winterthurer Weihnachtsmarkt gehört seit 2010 die «alte Mühle», die von Susi und Norbert Albl betrieben wird. 2017 erhielt das Holzhäuschen mit dem Mühle-Bär «Schaggi» ein eigenes Maskottchen.

«Exzellenter» Weihnachtsmarkt

Die Corona-Pandemie setzte auch dem traditionellen Winterthurer Weihnachtsmarkt zu. Die Winterthurer Bevölkerung musste jedoch nicht ganz verzichten. 2020 fand der Markt in kleinerem Rahmen statt. Mitten in der Pandemie eröffnete auf dem Teuchelweiher das «Winterthurer Wintermarkt», ein zweiter Weihnachtsmarkt mit weiteren 60 Chalets. Das Angebot dort konzentriert sich vor allem auf Foodstände. Mitinitiator ist der Winterthurer Gastronom Marco Nisoli. Die beiden Märkte sehen sich nicht als Konkurrenz, sondern eher als gegenseitige Ergänzung. 2022 zogen sich die drei Gründungsmitglieder Norbert Albl, Robert Haug und Gerhard Schmid aus dem Vereinsvorstand zurück, womit der erste Generationenwechsel vollzogen wurde.

2024 gründeten Weihnachtsmarktbetreibende die «Vereinigung für Exzellente Weihnachtsmärkte» (EECMA). Zu den Gründungsmitgliedern gehört auch Norbert Albl. Die Vereinigung vergibt ein Gütesiegel, mit dem die erfolgreich aufgenommenen Mitglieder werben können. Um das Siegel zu erhalten, müssen neben einer finanziellen Beteiligung auch verschiedene Kriterien erfüllt sein. Dazu gehört beispielsweise ein bestimmtes Verhältnis zwischen Food- und Nonfoodständen, womit sich die traditionellen Weihnachtsmärkte von den Streetfoodfestivals abgrenzen möchten. Der Winterthurer Weihnachtsmarkt zählte 2024 gemeinsam mit dem Montreux Noël zu den ersten beiden Märkten der Schweiz mit dem neuen Gütesiegel.


Benutzte und weiterführende Literatur

Weber, Manuela: Die 7 schönsten Weihnachtsmärkte der Schweiz, in: nau.ch, 01.12.2024.
o.A.: Generationenwechsel beim Verein Weihnachtsmarkt Winterthur, in: Winterthurer Zeitung, 07.04.2022.
Riesen Gaël: Ein zweiter Weihanchtsmarkt, in: Winterthurer Zeitung, 30.09.2021.
Saggese, Christian: In der Winterthurer Altstadt wächst ein Märliwald, in: zueriost.ch, 28.11.2018.
Hudec, Tanja: Winterhturer Weihnachtsmarkt erhält den «Mühle»-Bär, in: zueriost.ch, 20.11.2017.
Saggese, Christian: «Der Markt war von Beginn weg ein Publikumsmagnet», in: zueriost.ch, 21.11.2016.
Saggese, Christian: Weihnachtshäuschen eine Erfolgsgeschichte, in: Winterthurer Stadtanzeiger, 10.11.2016.
Herter, David: Das Weihnachtsdorf mitten in der Stadt, in: Der Landbote, 05.12.2007.
o.A.: Der Winterthurer Weihnachtsmarkt, in: Zürcher Oberländer, 21.12.1928.
Raths: Entlaufenes Mopshündchen, in: Zürcherische Freitagszeitung, 18. Januar 1839.

Bibliografie

    Weihnachtsmarkt am Neumarkt

    • Einträge ab 2011

      Sedioli, Claudia: Wenn Winterthur weihnachtlich wird. In: Winterthurer Jahrbuch 2019 (2018). S. 72-77. m. Abb.
      Generationenwechsel beim Verein Weihnachtsmarkt Winterthur. in: Winterthurer Zeitung, Nr. 14 (2022). S. 9. m.Abb.
      Stutz, Georg: Geschenkidee, Unterhaltungen und herrliche Glühwein-Idylle. In: Winterthurer Zeitung, Nr. 47. m.Abb.
      Stutz, Georg: Grosse Ehre für den Weihnachtsmarkt. In: Winterthurer Zeitung, Nr. 50 (2024). S. 13. m.Abb.

    Weihnachtsmarkt am Stadtgarten

    • Einträge ab 2011

      Stadtgarten Weihnachtsmarkt, Anzeige, Brief, 1999, in: Doku Landbote 11/9.

      Einträge 1991–2010

      Winterthurer Dok. 1997/43 + 43a. - 2002, auf dem Neumarkt: w'er Dok.2002/62


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
27.12.2024