Wirtschaft und Gastronomie

Carl Heinrich Ernst

Unternehmer, Mäzen (1879–1952)

Carl Heinrich Ernst war Unternehmer und führte das Drogerie- und Lebensmittelgeschäft «zum Schneeberg» in Winterthur. 1951 gründete er die Carl-Heinrich-Ernst-Kunststiftung zur Förderung des literarischen, künstlerischen und musikalischen Nachwuchses in der Stadt.


Sterbeort
Winterthur

Geburtsort
Winterthur

Geboren
15.07.1879

Gestorben
07.06.1952


Carl Heinrich Ernst (in der Mitte sitzend) war das jüngste von insgesamt fünf Kindern und der einzige Knabe. Er pflegte zeitlebens ein sehr inniges Verhältniss zu seinen Schwestern, insbesondere mit Lydie, die gemeinsam mit ihm das familieneigene Geschäft führte. Dass Carl Heinrich Ernst auf dem Foto ein Kleidchen trägt und seine Schwestern uniformartige Gewändchen, entspricht der bürgerlichen Kindermode des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Die Aufnahme entstand etwa um 1881 im Winterthurer Fotostudio Linck.
Foto: winbib, Johann Linck  (Signatur 160068)

Ein Winterthurer Kaufmann

Carl Heinrich Ernst wurde am 15. Juli 1879 als jüngstes von fünf Kindern geboren. Er war der Sohn des Kaufmanns Carl Ernst und der Emilie geb. Hintermeister. Carl Ernst wuchs gemeinsam mit seinen vier Schwestern im Haus «zum Schneeberg» an der Metzggasse 19/Spitalgasse 1 in einem christlich geprägten Elternhaus auf. Weil Carl Ernst in Winterthur nur wenige männliche Kameraden fand, schickten seine Eltern ihn in das christlich geführte Knabeninstitut Steinegg nach Herisau. Nach der Schulzeit absolvierte er eine Lehre im grossen Drogerie- und Lebensmittelgeschäft A+E Simond in Lausanne. Danach reiste er nach London. 1902 wurde Carl Ernst von seinem Vater zurück nach Winterthur gerufen, da es um das Geschäft schlecht stand und gleichzeitig auch noch die Mutter schwer erkrankte. Der damals erst 23-jährige Carl Ernst unterstützte seinen Vater deshalb im Geschäft. So vollzog sich der Generationenwechsel in der Geschäftsführung fliessend. Schon bald ging es mit dem Geschäft wieder Bergauf und Carl Heinrich Ernst konnten in der Gemeinde Wald eine weitere Filiale gründen. Danach folgte ein schwerer Schicksalsschlag, als 1904 seine Mutter und zwei Jahre später auch sein Vater starben. Der Verlust der Eltern führte dazu, dass die Geschwister noch enger aneinander gebunden wurden. 

So baute Carl Ernst gemeinsam mit seiner einzigen ledig gebliebenen Schwester Lydie das Familiengeschäft aus. Sie expandierten nach Wald und Turbenthal, wobei sie die Filialen 1907 bereits wieder verkauften und sich auf den Standort WInterthur konzentrierten. Die beiden wohnten und arbeiteten nämlich im Haus zum Schneeberg.  Das Geschäft florierte und so eröffnete Carl Ernst 1923 eine Filiale an der Feldstrasse in Veltheim. 1925 kaufte er ein Lagerhaus an der Lagerhausstrasse in Winterthur. Bis 1947 wurde der Betrieb als Einzelfirma geführt, danach folgte die Umwandlung in die Ernst zum Schneeberg AG und 1948 konnte die modernisierte Schneeberg-Drogerie eröffnet werden.

Als Delegierter unterwegs

Aufgrund seiner vielfältigen Erfahrungen und seiner Vernetzung wurde Carl Ernst immer wieder als schweizerischer Delegierter an internationale Kongresse entsandt. Daneben arbeitete er zeitweise als Aushilfslehrer und Prüfungsexperte an der Gewerbeschule und wirkte als Handelsrichter. Obwohl er von vielen Gesellschaft umworben wurde, hielt er sich in Sachen Verwaltungsratstätigkeiten mehrheitlich zurück. Einzig der Aktiengesellschaft Lindt & Sprüngli stellte er sich zur Verfügung. Im Bereich der Sozialfürsorge engagierte er sich im Aufsichtsorgan der Anstalten Regensberg und Sonnenbühl.

Förderer und Mäzen

Als erfolgreicher Kaufmann wurde Carl Ernst im Jahr 1920 ins Führungsgremium der «Union Schweizerische Einkaufsgesellschaft Olten (USEGO)» gewählt, wo er bis 1950 mitwirkte. Die Stadt Winterthur profitierte mitten in der Weltwirtschaftskrise von dieser Verbindung, denn Carl Ernst setzte durch, dass die USEGO eines ihrer grossen Verteilzentren in der Grüze errichtete, womit viele Arbeitsplätze geschaffen werden konnten.

Ein wichtiges Element seines bürgerlichen Selbstverständnisses war die gemeinnützige Wohltätigkeit. 1928 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Rotary-Club Winterthur und setzte sich dort für sozialfürsorgerische Projekte ein. So engagierte er sich für die Kinderheime Sonnenbühl bei Brütten und Regensberg. 1932 rief er für seine Angestellten eine eigene Personalfürsorgestiftung ins Leben. Carl Ernst brachte der Geschichte Winterthurs ein grosses Interesse entgegen und erwies sich im Historisch-antiquarischer Verein Winterthur als grosszügiger Förderer. Der Stadt Winterthur schenkte er 1936 den Fischmächenbrunnen  Auch dem kulturellen Leben in Winterthur fühlte er sich besonders verpflichtet und so gründete er 1951 anlässlich seines 70gsten Geburtstages die Carl Ernst-Kunststiftung zur Förderung des literarischen, musikalischen und künstlerischen Schaffens junger Winterthurerinnen und Winterthurer. Seither werden jedes Jahr herausragende Arbeiten mit dem Carl-Heinrich-Ernst-Kunstpreis ausgezeichnet. Der Historische Verein und auch die Literarische Vereinigung ernannten ihn darauf zum Ehrenmitglied.

1952 machte sich allmählich eine schwere Krankheit bei ihm bemerkbar. Trotz Operation und Erholungsaufenthalt im Tessin verstarb er am 7. Juni 1952. Zu seinen Ehren fand eine grosse Trauerfeier in Winterthur statt, ehe er auf dem Friedhof Rosenberg bestattet wurde. Lydie überlebte seinen Bruder bis 1962. Die Firma Schneeberg wurde 2004 liquidiert. 


Benutzte und weiterführende Literatur

Nekrolog: Carl Heinrich Ernst, 1879–1952, 1949.
o.A.: Carl Heinrich Ernst zum Siebzigsten Geburtstag, 1949.
R.M.: Abschied von Carl Ernst, in: Der Landbote (?), 1952 (Sammlung Winterthur, Winterthurer Biographien, Nachrufe A–K)
k.: Zum Andenken an Carl Ernst, in: Der Landbote (?), 1952 (Sammlung Winterthur, Winterthurer Biographien, Nachrufe A–K)

Bibliografie


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
18.09.2023