Kirchengebäude

Kirche Rosenberg

Bettenstrasse 3

Mit der reformierten Kirche Rosenberg erhielt Veltheim 1965 als einzige Kirchgemeinde der Stadt eine zweite Kirche. Der Bau entstand aufgrund der zunehmenden Bebauung des Rosenbergs und des Bedarfs an einem kirchlichen Zentrum in diesem Quartier. Seit Anfang des 21. Jahrhunderts nutzt man die Kirche nicht mehr für kirchliche Zwecke. Sie diente unter anderem als Asylunterkunft und Corona-Testzentrum.


Baujahr
1965


Adresse
Reformierte Kirche Rosenberg
Bettenstrasse 3
8400 Winterthur

Die Kirche Rosenberg aus der Luft gesehen, 1970.
Foto: winbib, Lajos Kotay (Signatur 011912)

Eine zweite Kirche für Vetlheim

Während Jahrhunderten wurde die reformierte Kirchgemeinde Veltheim von nur einer Pfarrperson betreut und die einzige Kirche stand mitten im Dorf (Dorfkirche).  Mit dem Anwachsen der Bevölkerung in Veltheim wurden bis 1949 eine zweite und dritte sowie 1965 schliesslich eine vierte Pfarrstelle geschaffen. Gleichzeitig mit der Bevölkerung wuchs auch das Bedürfnis nach einer zweiten Kirche auf dem Rosenberg, wo die Einwohner:innenzahl durch den Bauboom in den 1950er-Jahren stark gestiegen war.

1961 erteilte die Kirchenpflege Projektaufträge an fünf Architekturbüros. Der Entwurf des Architekten Heinrich Affeltranger überzeugte am meisten. Der Kredit für die Pläne der Kirche und des Pfarrhauses wurde im Juli 1962 bewilligt, und der Bau der Kirche wurde in einer Volksabstimmung im November 1962 deutlich angenommen. Ein halbes Jahr später, am 29. Juni 1963, fand der erste Spatenstich statt. Im November 1965 konnte die Kirche Rosenberg feierlich eingeweiht werden.

Moderne Architektur und reformierte Strenge

Mit der leicht erhöhten Stellung an der Ecke Bettenstrasse / Schaffhauserstrasse erbauten Kirche und ihrem 25 Meter hohen Turm erhielt das Rosenberg-Quartier einen modernen Akzent. Der Architekt legte besondere Aufmerksamkeit auf den Innenraum der Kirche Rosenberg, dessen Kargheit die reformierte Strenge symbolisiert. Durch die unterschiedlichen Längen und Richtungen der Wandpartien wirkt der Gottesdienstraum dennoch lebendig. Das Wandrelief «Lebensbaum» und die farbigen Glasfenster – beides Werke des Künstlers Hans Affeltranger (1919–2002), des Bruders des Architekten – verleihen dem Inneren der Kirche eine dezente Ausschmückung. Im Turm der Kirche hängen vier Glocken aus der Glockengiesserei Rüetschi in Aarau. Sie wurden im August 1965 feierlich in Winterthur empfangen und von Pfarrer Vittorio Arsuffi mit besinnlichen Worten in den Turm aufgezogen. Zusammen wiegen die Glocken 4,5 Tonnen und läuten in Es-Dur.

Seit 1991 überspannt ein 15 Meter hoher Bogen aus Stahl den Vorplatz der Kirche. Dieses Werk stammt von der Winterthurer Künstlerin Susan Schoch und konnte aus dem Vermächtnis von Martha Stahel, einem 1986 verstorbenen Kirchenmitglied, realisiert werden. Das grosszügige Legat war eigens für einen künstlerischen Schmuck der Dorfkirche oder der Kirche Rosenberg bestimmt.

Nicht-kirchliche Nutzungen seit 2012

In den 2000er-Jahren zeigte sich, dass die Dorfkirche in Veltheim ausreicht, um Gottesdienste abzuhalten. Zudem standen teure Renovationen an. Die Kirchenpflege Veltheim überlegte sich daher eine neue Nutzung. Mit dem Projekt «Kulturkirche» schlug sie vor, die Kirche künftig für kulturelle Veranstaltungen zu nutzen. Dieses Projekt scheiterte jedoch im November 2015 an der Urne. Die Reformierten der ganzen Stadt lehnten den Kredit für einen Pilotbetrieb ab.

Keinen Monat nach der Ablehnung der Kulturkirche stand die neue Nutzung der Kirche Rosenberg fest: Die Kirchgemeinde Veltheim bot den Kirchenraum der Stadt vorübergehend als Asylunterkunft für geflüchtete Personen an. Ab Januar 2016 bewohnten 70 Menschen auf der Flucht die Kirche. Sie kamen vor allem aus Afghanistan, Syrien, dem Irak, dem Sudan und Eritrea. Im Innern der Kirche wurden kleine Holzhäuschen für je fünf Personen mit Betten, Tisch und Stühlen gebaut. Für Küchen und sanitäre Anlagen wurden auf dem Vorplatz der Kirche provisorische Bau-Container aufgestellt. Ende 2017 benötigte die Stadt die Kirche nicht mehr als Notunterkunft. Die letzten dort verbliebenen Asylsuchenden wurden an andere Orte verlegt, die kleinen Holzhäuser in der Kirche und die Container vor der Kirche wurden wieder abgebaut und der Innenraum der Kirche in den alten Zustand gebracht.

Nach einem längeren Leerstand folgte eine weitere Zwischennutzung des Kirchenraumes: Während der Corona-Pandemie richtete die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich von Januar 2021 bis Ende März 2022 in der Kirche Rosenberg ein Covid-19-Testzentrum ein.

Schweizer Radio und Fernsehen (SRF): Asylsuchende in Kirche in Winterthur und Sportzentrum in Huttwil, Sendung Schweiz Aktuell vom 15.12.2015.

Benutzte und weiterführende Literatur

Peter Ziegler, Veltheim. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Winterthur 1981.
Bericht der Architekten, in: Der Landbote, 6.11.1965
Der Stahl-Bogen vor der Kirche Rosenberg, in: Gallispitz 1991/71
Steht in Veltheim eine Kirche zuviel?, in: Gallispitz 2005/124
Die Kulturkirche kommt vors Volk, in: Der Landbote, 24. Juni 2015
Die Kirche Rosenberg öffnet die Tür für 70 Menschen auf der Flucht, in: Der Landbote, 16. Dezember 2015
Testen geht jetzt auch in der Kirche, in: Der Landbote, 5. Januar 2021

Bibliografie

    Veltheim. Reformierte Kirche

    • Einträge ab 2011

      Steiger, Kurt: Café international. Ein bereicherndes Projekt. In: Gallispitz, Nr. 3 (2018). S. 20-22. m.Abb.
      Keller, Karl: Die restaurierte Kirche in Veltheim. In: Dokumentation Urs Widmer, Bauwerke und Häuser A-Sch. 10 S.
      Betschart, Andres: Transformation #2: Vulnerable Tensions. Temporäre Kapelle Dorfkirche Veltheim. In: Gallispitz, Nr. 4 (2019). S. 17. m.Abb.
      Felix, Christian: Eine feste Burg ist unser Gott. In: Winterthurer Zeitung, Nr. 50 (2021). S. 16. m.Abb.
      Sedioli, Claudia: Kunstkapelle auf Zeit. In: Winterthurer Jahrbuch 2022. S. 34-37. m. Abb.
      Reformierte Kirchgemeinde Winterthur-Veltheim (Hrsg.): Temporäre Kapelle Veltheim. 2019-2022. Transformation #1-10. Winterthur, 2022. 43 S., ill.

      Einträge 1991–2010

      Kirchturm-Spitze. Geheimnis: Gallispitz 2003/119 von Gisela Nagy.
      Kirchenglocken. Läuten um 6.00 Uhr: Gallispitz 2003/117.
      Kirche Rosenberg. Eine Kirche zuviel? Gallispitz 2005/124 m.Abb.
      40 Jahre: Kirchenbote Veltheim 2005/21 von Gisela Nagy. - Gallispitz 2005/127 Zwischen Lebensbaum und Lebensbogen


Autor/In:
Regula Geiser
Letzte
Bearbeitung:
23.09.2024