Kirchengebäude

Reformierte Kirche Veltheim

Felsenhofstrasse

Die reformierte Kirche Veltheim hat ihre Ursprünge im 8. oder 9. Jahrhundert und ist eine der ältesten Kirchen im Raum Zürich. Ihre heutige Form stammt hauptsächlich von An- und Umbauten im späten 15. Jahrhundert, als die Dorfkirche eine über Veltheim und Winterthur hinaus bekannte Marien-Wallfahrtskirche war.


Baujahr
8./9 Jh.


Adresse
Felsenhofstrasse
8400 Winterthur

Die Kirche Veltheim hat einen markanten Turm auf der Westseite und einen Chorraum, der südlich der Kirchenachse liegt. Diese Eigenheiten erklären sich aus ihrer langen Baugeschichte. Postkarte von 1933.
Foto: winbib (Signatur Kirche Veltheim_11_6)

Die Kirche heute

Die Kirche Veltheim besteht heute aus einem Chor, einem Kirchenschiff und einem Turm mit Vorbau, in dem sich das Pfarrzimmer befindet. Die Baugeschichte umfasst mehrere Anbauten und Abbrüche, weshalb sich die einzelnen Teile heute nicht zu einer harmonischen Gruppe zusammenfügen. Die nach Osten ausgerichtete Kirche wird durch das Südportal betreten. Auffällig ist der spätgotische Chorraum mit polygonalem Abschluss. Er liegt südlich der Kirchenmittelachse, da er ursprünglich über dem Maria geweihten Nebenaltar erbaut wurde. Das Kirchenschiff ist im Gegensatz zum Chorraum sehr schlicht gehalten.

Baugeschichte

Als die reformierte Kirche Veltheim von 1977 bis 1980 umfassend restauriert wurde, wurden auch archäologische Untersuchungen durchgeführt. Diese belegen verschiedene Bauphasen. Die genaue zeitliche Einordnung ist manchmal schwierig, da datierte Funde fehlen.

Eine erste Kirche in Veltheim kann auf das 8. oder 9. Jahrhundert datiert werden. Es handelte sich um einen kleinen Holzpfostenbau, den möglicherweise eine Privatperson für die Totenfürsorge errichtet hat. Bald darauf wurde das Holzgebäude durch eine fast doppelt so grosse Kirche aus Stein ersetzt. Der Stifter dieser Kirche ist nicht bekannt. Mögliche Stifter sind das Domkapitel Konstanz, das Kloster St. Gallen oder die Abtei Reichenau, die alle zu dieser Zeit Besitzungen in Veltheim hatten. Ob die Kirche ursprünglich der Heiligen Anna geweiht war – wie manchmal behauptet wird – lässt sich nicht belegen. Spätestens ab Mitte des 15. Jahrhunderts ist sie als Marienkirche bekannt.

Im 10. oder 11. Jahrhundert wurde neben anderen Ausbauten und Umgestaltungen auch ein 3,6 m tiefer und 2,6 m breiter Raum für den Hochaltar angebaut. Später wurde auch dieser rechteckige Chor durch einen quadratischen Neubau ersetzt. Die Südmauer dieses Chorquadrates ist identisch mit der Nordmauer des heutigen Chors. Die restlichen Mauern wurden 1864 abgebrochen.

1230 wird die Kirche erstmals urkundlich erwähnt. Graf Hartmann der Ältere von Kyburg erwarb das Dorf Veltheim, inklusive dem Patronatsrecht der Kirche. Dieses Recht wurde 1264 nach dem Aussterben der Grafen von Kyburg an die Grafen von Habsburg übertragen.

Die Dorfkirche Veltheim als Marienwallfahrtsort

In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde eine neue Kapelle gebaut, mit einem Nebenaltar, der der Gottesmutter Maria geweiht war. Vermutlich veranlassten die Dominikanerinnen des Klosters Töss, die seit 1358 das Kirchenpatronat innehatten, diesen Bau. Es ist jedoch auch möglich, dass die Kirchgemeinde selbst den Bau initiierte. Die Kirche erlangte daraufhin regionale Bedeutung als Wallfahrtskirche. In einer Urkunde von 1454 findet sich die früheste namentliche Erwähnung der Kirche Veltheim als Marienkirche, beziehungsweise Kirche «Unserer Lieben Frau». Ab 1466 fand in Winterthur zweimal jährlich am 2. Juli (Mariae Heimsuchung) und am 8. Dezember (Mariae Empfängnis) eine Wallfahrt zur nahegelegenen Marienkirche «zu unserer lieben frowen gen Veltheim» statt. Dies geschah als Dank dafür, dass man die Belagerung durch die Eidgenössischen Orte im Herbst 1460 überstanden hatte. Bei diesen Prozessionen mussten alle Geistlichen der Stadt und aus jedem Haushalt mindestens ein Vertreter dabei sein. Die Opferkerzen wurden aus der Stadtkasse bezahlt.

Grössere Änderungen fanden gegen Ende des 15. Jahrhunderts statt, um die Kirche den Bedürfnissen des wachsenden Wallfahrtsbetriebs anzupassen. Der Marienaltar erhielt 1482 einen eigenen Chorraum (den heutigen Chorraum), wodurch der einstige Nebenaltar zum Hauptaltar wurde. Die im Chorraum abgebildeten Personen Rudolf Bruchli und Anna Ehinger (Schultheiss von Winterthur und seine Ehefrau) unterstützten vermutlich den Bau finanziell, was das Interesse der Führungsschicht Winterthurs an der Wallfahrtskirche zeigt. Der bisherige Chorraum wurde erst 1864 abgerissen. Zuvor diente er zuerst als Kapelle und später als Sakristei. 1498 wurde an der Südseite der Westfassade der bis heute stehende, monumentale Turm errichtet.

Die Reformation und ihre Folgen

Mit der Reformation, die 1525 auch Winterthur erreichte, endeten die Wallfahrten. Nach der Aufhebung des Klosters Töss ging das Kirchenpatronat an den Zürcher Rat. Wie in allen Kirchen im Einflussgebiet der Reformation wurden vermutlich Bilder und Altäre entfernt. Schriftliche Quellen über die Ausräumungen sind jedoch nicht vorhanden. Die Wandmalereien und die für den neuen Chor gestifteten farbigen Wappenfenster blieben erhalten. Der Bau der Kirche selbst blieb von der Reformation unberührt. Erst im 19. Jahrhundert fanden wieder grössere Renovationen und Änderungen statt. 1893 passte man das Kirchenschiff, das im Vergleich zum 1482 gebauten Chor sehr niedrig war, in der Höhe dem Chor an und stattete es mit neugotischen Fenstern des Zürcher Glasmalers Friedrich Berbig aus. Die barocken Wappenscheiben – zwei aus dem 15. und sieben aus dem 17. Jahrhundert – wurden entfernt und 1900 an das Landesmuseum Zürich verkauft. 1931 baute man das heutige Südportal und riss die Westmauer des Kirchenschiffs ab, um eine Vorhalle anzubauen.

Die Wandmalereien

Die farbigen Wandmalereien der Spätgotik stammen vermutlich vom Winterthurer Maler Hans Haggenberg. Glücklicherweise sind einige erhalten geblieben. Ursprünglich zierten sie den Chorraum und alle Wände des Kirchenschiffes. Die in Seccotechnik ausgeführten Malereien in leuchtenden Farben (die Farbe wird auf trockenen Mörtel aufgetragen) sind vor allem im Chorraum erhalten. Dort wurden sie zum Teil erst 1740 übertüncht. 1899 legte man sie bei einer Innenrenovation frei, konnte aber wegen fehlender Finanzierung nicht alle restaurieren. Die nicht restaurierten Bilder wurden wieder übertüncht. Erst zwischen 1977 und 1980 wurden die Malereien umfassend wiederhergestellt.

Im Chor finden sich neben dekorativen Verzierungen auch figürliche Darstellungen, die teilweise fast lebensgross sind: Christus als Lamm Gottes, Maria mit dem Schutzmantel sowie Heilige und Apostel. Oberhalb der Chorfenster sieht man Halbfiguren, von denen einige auch Stifter der Kirche darstellen. Die sie umgebenden Spruchbänder sind nicht mehr vollständig lesbar. In den Gewölbefeldern sind die vier Evangelisten und zwei Engel abgebildet.

An der Südwand des Kirchenschiffs konnten sieben von ursprünglich mindestens elf Szenen freigelegt und restauriert werden. Diese Szenen zeigen den Leidensweg von Christus. Seit der Freilegung der Malereien bei der umfassenden Restauration von 1977 bis 1980 ist sichtbar, wie niedrig das Kirchenschiff im Vergleich zum Chor vor der Erhöhung von 1893 war. Über die Bemalung der Nordwand, die 1893 abgebrochen wurde, gibt es keine Aufzeichnungen.


Benutzte und weiterführende Literatur:

Niederhäuser, Peter: Reformation in Winterthur. Im Schatten von Zürich und Konstanz, Winterthur 2018.
Felicia Schmaedecke: Die Reformierte Kirche Winterthur-Veltheim. In: Baudirektion des Kantons Zürich, Kantonsarchäologie (Hrsg.): Berichte der Kantonsarchäologie Zürich. Nr. 18. Zürich und Egg 2006, S. 52.
Schmaedecke, Felicia: Die reformierte Kirche Winterthur-Veltheim. Neuauswertung der archäologischen Untersuchungen 1977-1978. In: Hochbauamt Kantonsarchäologie (Hg.): Zürcher Archäologie, Heft 10, Zürich und Egg 2003.
Schmaedecke, Felicia: Die reformierte Kirche in Winterthur-Veltheim und ihre Wandmalereien, Zürich 2003.
Schmaedecke, Felicia: Die reformierte Kirche in Veltheim. In: Denkmalpflege der Stadt Winterthur (Hrsg.): Veltheim. Ein Weinbauerndorf in der Stadt, Winterthur 2003. S. 17-19.
Kirchenpflege Veltheim (Hrsg.): Dorfkirche Veltheim. Festschrift zur Restauration 1977­–80, Winterthur 1980.

Bibliografie

    Veltheim. Reformierte Kirche

    • Einträge ab 2011

      Steiger, Kurt: Café international. Ein bereicherndes Projekt. In: Gallispitz, Nr. 3 (2018). S. 20-22. m.Abb.
      Keller, Karl: Die restaurierte Kirche in Veltheim. In: Dokumentation Urs Widmer, Bauwerke und Häuser A-Sch. 10 S.
      Betschart, Andres: Transformation #2: Vulnerable Tensions. Temporäre Kapelle Dorfkirche Veltheim. In: Gallispitz, Nr. 4 (2019). S. 17. m.Abb.
      Felix, Christian: Eine feste Burg ist unser Gott. In: Winterthurer Zeitung, Nr. 50 (2021). S. 16. m.Abb.
      Sedioli, Claudia: Kunstkapelle auf Zeit. In: Winterthurer Jahrbuch 2022. S. 34-37. m. Abb.
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      Einträge 1991–2010

      Kirchturm-Spitze. Geheimnis: Gallispitz 2003/119 von Gisela Nagy.
      Kirchenglocken. Läuten um 6.00 Uhr: Gallispitz 2003/117.
      Kirche Rosenberg. Eine Kirche zuviel? Gallispitz 2005/124 m.Abb.
      40 Jahre: Kirchenbote Veltheim 2005/21 von Gisela Nagy. - Gallispitz 2005/127 Zwischen Lebensbaum und Lebensbogen

    Veltheim. Reformierte Kirche. Pfarrhaus Aeckerwiesenstrasse 16

    • Einträge ab 2011

      Dubach, Seline: Daheim im Pfarrhaus. In: Coucou, Nr. 58 (2017). S. 20-21. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      Zukunft: Kirchenbote Veltheim 2007/14 m.Abb.

    Reformierte Kirche Veltheim. Kirchenchor

    • Einträge 1991–2010

      100 Jahre: Gallispitz 1992/75 von Ruedi Vonrüti, m.Abb. - Landbote 1993/253


Autor/In:
Sarah Schmidt
Letzte
Bearbeitung:
03.02.2025