Kunst und Kultur

Renate Bodmer

Kunstmalerin, 1939 - 2020

Renate Bodmer war eine Winterthurer Künstlerin. Hauptberuflich arbeitete sie viele Jahre als Lehrperson für Bildnerische Gestaltung und Kunstbetrachtung an der Kantonsschule im Lee. Ihr Partner war der Winterthurer Künstler Bendicht Fivian. Gemeinsam führten sie eine Ateliergemeinschaft in der Schleife und in Töss.


Sterbeort
Winterthur

Geburtsort
Zofingen

Geboren
1939

Gestorben
2020


Herkunft, Ausbildung und Unterrichtstätigkeit

Renate Bodmer wurde 1939 in Zofingen geboren. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie in Thun. Von 1957 bis 1961 besuchte sie dort das staatliche Lehrerseminar. Nach einer kurzen Zeit als Primarlehrerin studierte sie an der Schule für Gestaltung und Kunst in Bern sowie an der Universität Bern. Nachdem sie das Lehrdiplom für Bildnerische Gestaltung und Kunst erlangt hatte, unterrichtete sie von 1967 bis 1972 in Thun, Herzogenbuchsee und Bern. 1972 zog Bodmer nach Berlin, wo sie ihre Mal- und Zeichenstudien vervollständigte. Dort arbeitete sie für die Max-Planck-Gesellschaft und unterrichtete Fachpersonen in Didaktik.

Rückkehr in die Schweiz und erste Ausstellungen

1975 kehrte sie in die Schweiz zurück. An der Kantonsschule im Lee in Winterthur nahm sie eine Stelle als Lehrperson für Bildnerische Gestaltung und Kunstbetrachtung an. Neben dem Unterrichten war Renate Bodmer als Künstlerin tätig. 1978 mieteten sie und Bendicht Fivian in Wülflingen ein kleines Atelier. 1980 zogen sie gemeinsam ins Industrieareal Schleife in ein grösseres Atelier. Dort arbeitete Bodmer in den 1980er Jahren an einem Zyklus abstrakter, meist grossformatiger Bilder. Bald wandte sie sich dem Figürlichen und sich selbst zu. So entstanden grossformatige figürliche Abstraktionen auf Leinwand. Im Mai 1983 stellte sie in der Galerie und Kunsthandlung Walter Lüssi an der Schulgasse in Winterthur erstmals aus. Zu sehen waren Bilder und Kleinplastiken. 1986 folgte eine weitere Ausstellung in Bonn zusammen mit anderen Künstlerinnen unter dem Titel «Renate Bodmer, Béatrice Gysin, Eva Haas, Manuela Stähli-Legnazzi – Vier Künstlerinnen im Frauenmuseum Bonn». Im selben Jahr waren Bodmers Werke auch zusammen mit Eva Haas im Vebikus in Schaffhausen zu sehen. 1988 präsentierten sie ihre Werke zusammen mit Lilly Keller, Vreni Stein und weiteren Frauen im Kirchgemeindehaus Langnau. 1988 mussten Bodmer und Fivian ihr Atelier auf dem Schleifeareal aufgeben, da die Räumlichkeiten fürs neue Fotomuseum gebraucht wurden.

Auseinandersetzung mit sich selber und Atelieraufenthalte in Paris

1991 zeigte Renate Bodmer ihren Zyklus «Kindergeschichten» im Kunstkeller in Winterthur. Zum Zyklus gehören Kohlezeichnungen auf Packpapier, Skizzen sowie grossformatige Ölbilder. 1992 erhielt sie einen Atelieraufenthalt, in der Cité Internationale des Arts in Paris, was für sie auch die Anerkennung durch die Fachwelt bedeutete.  1994 trat sie der Künstlergruppe Winterthur bei und wirkte dort im Vorstand mit. In dieser Zeit setzte sie sich mit ihrer persönlichen Geschichte sowie ihren Erfahrungen als Kind, als Frau und als Künstlerin auseinander. Dabei entstanden friesenartige und raumfüllende Aufzeichnungen, in denen Bodmer die Erinnerungen an ihre Adoleszenz aufarbeitete. 1998 verbrachte sie erneut 6 Monate in Paris. 

Naturstudien in Tusche

Um die Jahrtausendwende wandte sich Renate Bodmer von den grossformatigen Kohle- und Kreidezeichnungen ab und den ostaistaisch anmutenden Naturstudien zu. Inspiriert dazu wurde sie von einer keimenden Kartoffel, deren verschiedene Wachstumsstadien  sie mit Bleistift, Aquarell und Tusche festhielt. Ihr Werk führte sie weiter mit der Studie verwelkter Pflanzen. Aus diesem Werkzyklus stammt auch das 2007 aus einem Guss geschaffene Bild «Verwelktes Kraut», das im Besitz der Stadt Winterthur ist und im Superblock im 1. Obergeschoss hängt. Es ist mit lichtechter Tinte auf grossformatigem Hahnemühlenpapier gezeichnet. Ihre grossformatigen Naturstudien, die sie mit Bleistift, Aquarell und Tusche festhielt, stellte sie erstmals 2008 im Atelier Alexander aus. 

Eine stille Schaffende, die die Öffentlichkeit nicht suchte

Renate Bodmer war eine stille Schaffende und eine bescheidene Persönlichkeit. Stets überliess sie ihrem Partner, dem bekannten Winterthurer Künstler Bendicht Fivian, das Rampenlicht. Wenn Besucher:innen ihr gemeinsames Atelier besuchten, zeigte sie ihnen immer nur die Werke von Bendicht Fivian. Ihr eigenen Bilder präsentierte sie nie von sich aus. Auch an die Öffentlichkeit trat sie mit ihrer Kunst nur zurückhaltend und wohl dosiert. Möglicherweise wollte sie ihre Kunst in Ruhe für sich selber schaffen ohne dabei ständiger Kritik ausgesetzt zu sein. Zudem verdiente sie als Lehrerin am Gymnasium genug um nicht auf den Verkauf ihrer Kunst angewiesen zu sein. Auch die Grösse ihrer Bilder erleichterten den Verkauf nicht gerade und kleine Galerien hatte Mühe ihre grossformatigen Werke aufzuhängen. Hinzu kam, dass Künstler:innen zu ihrer Zeit generell wenig Aufmerksamkeit erfuhren. Es war ein Beruf, in dem meist nur Männer grosse Erfolge feierten.

Tod und Nachlass

2019 verstarb Renate Bodmer nur drei Monate nach dem Tod ihres Lebensgefährten Benedicht Fivian. Das Künstlerehepaar hinterliess in ihrem Atelier eine umfangreiche Sammlung von Werken. Ein Teil ihrer Werke überführte das Paar bereits 2014 in eine Stiftung. Im Rahmen einer öffentlichen Auktion wurden 2020 rund 700 Objekte zum Verkauf angeboten. Während alle Werke von Fivian eine Käufer:in fanden, blieb die meiste Kunst von Renate Bodmer unverkauft. Der Winterthurer Architekt und Sammler Ruedi Lattmann und Roger Cottier, die mit dem Künstlerpaar befreundet waren, sichteten darafhin die Werke Bodmers und erkannten die Vielfältigkeit und Eigenwilligkeit ihres Schaffens. Sie beschlossen daraufhin, Renate Bodmers Werk in einem Buch zu zeigen. Dem Buch "Den Blick schärfen" folgte 2024 eine Ausstellung zu Renate Bodmers Werk im Kunsthaus Zofingen.


Benutzte und weiterführende Literatur

Fischer, Matthias: Den Blick schärfen. Das künstlerische Werk von Renate Bodmer. Zürich, 2024. 
Mebold, Adrian: Die Aussenseiterin, die mit ihrem satirischen Blick provozierte. In: Der Landbote, 19.9.2024.
Mebold, Adrian: Jetzt ist es endgültig still um Renate Bodmer. In: Der Landbote, 7.2.2020.
Kindheitserinnerungen. In: Der Bund, 22. Mai 1991. 

Bibliografie

    Bodmer, Renate, 1939-2020, Künstlerin

    • Einträge ab 2011

      Kirchheim, Eva: Nachrufe. Renate Bodmer. In: Winterthurer Jahrbuch 2021. S. 184-185. m.Abb.
      Russo, Giampaolo; Salon der Gegenwart (Hrsg.): Renate Bodmer. In: Salon der Gegenwart. edition clandestin, 2021, S. 66-67, m. Abb.

      Einträge 1991–2010

      Ausstellung Atelier Alexander: Landbote 2008/279 von Anne Suter, 1Abb.
      In: Nachdenken über den Kunstbetrieb: Winterthurer Jahrbuch 2009 von Walter Büchi, Kathrin Bänziger und Andreas Wolfensberger, m.Abb.


Autor/In:
Karin Briner
Letzte
Bearbeitung:
17.03.2025