Wirtschaft und Gastronomie

Richard Bühler

Textilfabrikant und Kunstsammler, 1879–1967

Richard Bühler gehörte zur vierten Generation des Spinnerei-Unternehmens Hermann Bühler AG. Er leitete den elterlichen Betrieb zusammen mit seinem Bruder Hermann Bühler-Sulzer (1870–1926) und erlebte die schwersten Krisenjahre des Unternehmens. Richard Bühler war zudem Kunstmäzen und -sammler. Als Präsident des Kunstvereins war er 1916 massgeblich am Bau des Kunstmuseums Winterthur beteiligt.


Geburtsort
Winterthur

Geboren
28.05.1879

Gestorben
14.05.1967


Richard Bühler um 1915
Foto: winbib (Signatur 170861)

Kindheit und Jugend

Richard Bühler wurde am 28. Mai 1879 als Sohn des Textilfabrikanten Hermann Bühler-Weber (1843–1907) geboren und besuchte die städtischen Schulen und das Gymnasium in Winterthur. Schon früh war klar, dass Richard Bühler in die Fussstapfen seines Vaters treten und die familieneigene Textilfabrik (Bühler Spinnereien) übernehmen würde. Er absolvierte eine kaufmännische Ausbildung und unternahm anschliessend eine ausgedehnte Studienreise nach Ägypten, Indien und Ceylon führte. Nach seiner Rückkehr nach Winterthur heiratete er 1905 Margrit Steiner. Die Eheleute wohnten zunächst  im Haus zum Rosenhag an der Seidenstrasse und bezogen ab 1925 die elterliche Villa «zum Bühlstein». Ab 1906 trat er gemeinsam mit seinem Bruder Hermann Bühler-Sulzer in die Hermann Bühler & Cie. ein und führte die Firma als Kollektivgesellschaft.

Kunstmäzen und -sammler

Um 1905 kam Richard Bühler in Kontakt mit dem Winterthurer Maler Carl Montag, der sein Interesse für zeitgenössische französische Kunst weckte. In seiner Cousine Hedy Hahnloser-Bühler fand er zudem eine enge Vertraute, die seine Begeisterung für französische Kunst teilte. Bereits 1907 trat Bühler in den Vorstand des Kunstvereins Winterthur ein und wurde 1913 zum Präsidenten gewählt – ein Amt, das er bis 1939 innehatte. Daneben war er bis 1933 auch Präsident des 1913 gegründeten Galerievereins. In Bühlers Amtszeit fiel die Planung und Realisierung des neuen Kunstmuseums an der Museumstrasse.

Richard Bühler traf sich regelmässig mit dem Kunstsammlerpaar Hedy und Arthur Hahnloser sowie dem Architekten Robert Rittmeyer in der Villa Flora zum sogenannten «Revolutionskaffee». Bei diesen Treffen gestalteten sie die Politik im Kunstverein und prägten damit auch die inhaltliche Ausrichtung des Kunstmuseums Winterthur. Der Sammlungs- und Ausstellungsschwerpunkt lag auf moderner und überwiegend französischer Kunst – damit gehörte das Museum zu den Vorreitern in der Schweiz und setzte mitten im Ersten Weltkrieg einen provokativen Kontrapunkt, denn das traditionelle Bürgertum fühlte sich zu jener Zeit eher mit Deutschland verbunden.

Um die eingeschlagene Richtung zu fördern und zu festigen, überreichten Richard Bühler und Arthur Hahnloser dem Museum mehrere hochkarätige Werke aus ihrer eigenen Sammlung als Schenkung. Bühler kümmerte sich nicht nur um die strategische und inhaltliche Planung der Ausstellungen, sondern richtete diese auch persönlich ein. Ebenfalls betätigte er sich künstlerisch als Gartenarchitekt und Designer.

Bühlers umfassendes kulturelles Interesse zeigte sich in mehreren Gremien. So war er von 1913 bis 1915 Mitglied der Eidgenössischen Kunstkommission. Von 1925 bis 1946 war er Präsident des Schweizerischen Werkbunds und von 1935 bis 1941 auch des Schweizerischen Kunstvereins.

Richard Bühler als Fabrikant

Richard Bühlers vielfältiges Engagement für die Kunst hatte negative Auswirkungen auf seine Funktion als Fabrikant und führte zu Spannungen mit seinem Bruder Hermann. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges verursachte eine grosse unternehmerische Krise. Ein Grossteil der Fabrikbelegschaft wurde zum Militärdienst eingezogen, und das Import- und Exportgeschäft kam beinahe vollständig zum Stillstand. Dank Aufträgen für das Militär konnte sich die Firma jedoch einigermassen über Wasser halten. Mitten in der Krise starb 1926 sein Bruder Hermann.

Die Situation im Betrieb verschärfte sich während der Weltwirtschaftskrise erneut, sodass das Familienunternehmen in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten geriet. Richard Bühler sah sich in dieser Zeit gezwungen, zuerst seinen persönlichen Wohnsitz – die Villa Bühlstein – und später sogar grosse Teile seiner Sammlung zu verkaufen. Nachdem die Schweizerische Bankgesellschaft 1931 alle Bankkredite gekündigt hatte, wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Während dieser Umwandlungsphase kam es erneut zu innerfamiliären Spannungen, diesmal zwischen Richard Bühler und seinen beiden Neffen, die nach dem Tod des Vaters in die Firmenleitung eingestiegen waren. Richard Bühler zog sich daraufhin ganz aus der Geschäftsleitung zurück, blieb jedoch bis zu seinem Tod im Verwaltungsrat.


Benutzte und weiterführende Literatur

Niederhäuser, Peter: Vom Pionierbetrieb zu einem führenden Industrieunternehmen, in: Christina Frehner-Bühler (Hg): 200 Jahre Hermann Bühler, Belp 2012, S. 33 –58. 
Schnepf, Paul: Die Weichenstellungen im 20. Jahrhundert, in: Christina Frehner-Bühler (Hg): 200 Jahre Hermann Bühler, Belp 2012, S. 59 –76. 
Bühler-Frehner, Christina: Whos who seit 1912: Die Firmenchefs und ihre Gattinnen, in: Christina Frehner-Bühler (Hg): 200 Jahre Hermann Bühler, Belp 2012, S. 86 –94. 
Bitterli, Konrad: Richard Bühler. Pioniergeist der Moderne, in: Kunst Museum Winterthur (Hg.): Modernité – Renoir, Bonnard, Vallotton. Der Sammler Richard Bühler, Winterthur 2020, S. 7 – 13.

Bibliografie

    Bühler, Richard, 1879-1967, Industrieller, Mäzen

    • Einträge ab 2011

      Kunst Museum Winterthur (Hrsg.): Modernité - Renoir, Bonnard, Vallottn. Der Sammler Richard Bühler. München, 2020. S. 109, ill.

      Einträge 1991–2010

      Un homme du XVIe siècle, von Matthias Frehner, m.Abb., in: Die Kunst zu sammeln, Schw. Kunstsammlungen seit 1848. Zürich, SIK, 1998.
      Pioniersammler moderner Kunst: Landbote 1998/181 von Matthias Frehner, m.Abb.


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
22.07.2024