Kirchengebäude

Kapelle Rossberg

Rossbergstrasse 40.1

Die Rossbergkapelle entstand im 12. oder frühen 13. Jahrhundert als Wegkapelle und gehörte lange Zeit dem Kloster Töss. Nach der Reformation nutzte man das Gebäude als Speicher und Lagerraum. 1903 beschädigte ein Brand das Gebäude, das einige Jahre später als Remise wiederaufgebaut und aufgestockt wurde. 1979 rekonstruierte die Stadt Winterthur das Gebäude im Stil des 13. Jahrhunderts.


Baujahr
12. Jahrhundert

Gesamtrestauration
1979


Adresse
Rossbergstrasse 40.1
8406 Winterthur

Die zur Remise umgebaute ehemalige Kapelle vor der Restaurierung. Zustand von 1977.
Foto: winbib (Signatur 080473)

Nutzung als Wegkapelle bis zur Reformation

Seit 1169 sind die «Herren von Rossberg» urkundlich belegt. Sie unterhielten auf dem Rossberg bei Töss ein Gehöft. Bereits im 12. oder spätestens im 13. Jahrhundert veranlassten die Kyburger den Bau einer Wegkapelle. Diese befand sich direkt entlang der alten Landstrasse von Winterthur nach Pfäffikon. 1241 erwähnten schriftliche Quellen die Kapelle auf dem Rossberg erstmals. Damals gehörte sie zur Pfarrei Illnau. Zwischen 1266 und 1525 gehörte die Kapelle hauptsächlich zum Dominikanerinnenkloster Töss, mit kurzzeitigen Wechseln zu Rudolf von Habsburg und dem Kloster Wettingen.

Umnutzung und Brand

 Mit der Aufhebung des Klosters Töss im Jahr 1525 wurde das einstige Gotteshaus säkularisiert. Die Kapelle diente nun als Speicher. Am 27. Februar 1903 kam es bei einem benachbarten Gebäude zu einem Grossbrand. Das Feuer griff auf die Kapelle über und zerstörte den Dachstock sowie Teile der oberen Wandbereiche im Innern. Bis 1908 folgte eine aufwendige Restaurierung und der Umbau zu einer Remise mit neuen Knechtkammern. Zu diesem Zweck wurde das Gebäude mit einem Fachwerkgeschoss aufgestockt.

1928 ging das gesamte Gehöft samt Kapelle in den Besitz der Maggi AG über. Diese betrieb dort ein Mustergut und verpachtete einen Teil für Forschungszwecke an die ETH Zürich (Eidgenössische Technische Hochschule Zürich). Die Kapelle wurde weiterhin als Remise, Weintrotte und Lagerraum genutzt. Danach stand sie lange Zeit leer und geriet in einen immer schlechteren Zustand.

1978 schenkte die Maggi das Gebäude der Stadt Winterthur unter der Bedingung, dass diese die Restaurierung übernimmt. 1979 wurde die Gesamtsanierung in Angriff genommen. Da das mittelalterliche Gotteshaus denkmalpflegerisch als überkommunal bedeutend eingestuft wurde, schüttete der Zürcher Regierungsrat auch wiederkehrende Pauschalbeträge für die Renovation und den Unterhalt aus. Ebenfalls beteiligten sich die römisch-katholische und reformierte Kirchgemeinde Töss sowie die Hermann-Stoll-Stiftung der Firma Maggi an der Finanzierung der umfangreichen Renovationsarbeiten. Die durch die langen Jahre der Umnutzung und des Leerstandes stark mitgenommene Bausubstanz wurde während der Restaurierung zu einem grossen Teil abgetragen. Verantwortlich für die Restaurierung war der Winterthurer Architekt und Stadtbaumeister Karl Keller. Um den ursprünglich sakralen Zweck wiederherzustellen, liess er die Aufstockung und spätere Einbauten entfernen. Die Kapelle wurde dann anhand der vorhandenen mittelalterlichen Strukturen und mithilfe von Vergleichen mit anderen Kirchen aus der gleichen Zeitspanne wiederhergestellt.

Eine neoromanische Kapelle

Bei der 1979 rekonstruierten Kapelle Rossberg handelt es sich um eine einschiffige romanische Saalkirche mit eingezogenem Chor. Sie hat ein Satteldach. Das Mauerwerk besteht aus verputzten und weiss gestrichenen Bruchsteinen und wird durch drei kleine Rundbogenfenster gegliedert. Im Innern gibt es einen Chorbogen, der nach dem Vorbild einer noch bestehenden Kapelle in Degenau wiederhergestellt wurde. An originaler Bausubstanz sind noch die Mauerfundamente und Teile des Mauerwerks bis zu einer Höhe von drei Metern erhalten. Im Innern wurde ein historisierender Tonplattenboden verlegt. Das dafür nötige Material stammt aus abgebrochenen Altstadthäusern.

Fenster von Hans Affeltranger

1989 wandte sich der Tössemer Kunstmaler Hans Affeltranger an den damaligen Stadtpräsidenten Urs Widmer und bat darum, die kleinen Fenster der Kapelle gestalten zu dürfen. Für Hans Affeltranger, der viel Kunst am Bau in Winterthur verwirklichen durfte, war dieser Auftrag eine persönliche Angelegenheit. Sein Vater war nämlich 1933 – Hans Affeltranger war damals 13 Jahre alt – in der Nähe der Kapelle mit dem Fahrrad tödlich verunglückt. Der Stadtrat erfüllte dem Künstler diesen Wunsch. Affeltranger arbeitete mit geätztem Überfangglas und den Farben Grün, Rot und Blau. Die grüne Farbe symbolisiert neues Leben, während Rot für die Liebe steht und Blau für den Himmel und den Übergang vom Diesseits ins Jenseits. Das Chorfenster zeigt einen Lebensbaum, der zugleich das Familienwappen der Familie Affeltranger darstellt.

Künstlerische Aufwertung

1999 fanden nochmals kleinere Sanierungsarbeiten statt. Weil die Kapelle nach wie vor sehr wenigen Menschen bekannt war, und nur ab und an für Hochzeiten genutzt wurde, beauftragte ein anonymer Kreis von Winterthurer Kunstfreunden den Künstler und Plastiker Silvio Mattioli mit der Erstellung eines Leseständers, eines Kreuzes und eines Lesepults. Dadurch sollte die kleine Kapelle aufgewertet werden. Das Hauptwerk ist das geschmiedete und mit Eisenelementen verschweisste, rund 300 Kilogramm schwere Kreuz, worin Elemente der Passion – nämlich die Dornenkrone und ein zerrissenes Tuch – eingearbeitet sind.


Benutzte und weiterführende Literatur:

Sollberger, Raphael: Kapelle, in: Inventar der Denkmalschutzobjekte von überkommunaler Bedeutung, Stadt Winterthur, Bd. 5, 2018, S. 6–12.
Meyer, E.: Kaum bekanntes Kleinod künstlerisch bereichert, in: Neue Zürcher Zeitung, 09.10.1999.
Keller, Karl: Heimatschutz und Denkmalpflege 1978/79, in: Winterthurer Jahrbuch 1980, Winterthur 1981, S. 148–152.
H. Re.: Wiederherstellung der Rossbergkapelle in Töss-Winterthur, in: Neue Zürcher Zeitung, 15. September, 1979.

Bibliografie

    Rossberg, Kapelle

    • Einträge 1991–2010

      Sanierung; Skulpturen von Silvio Mattioli: NZZ 1999/235 S.51 1Abb. - Landbote 1999/234 1Abb. - Tages-Anzeiger 1999/235 1Abb. [Winterthurer Dok. 1999/62]. - Zürcher Oberländer 1999/235 Mattioli und Hans Affeltranger, 1Abb.


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
09.10.2024