Burgen, Schlösser und Stadtbefestigung

Schloss Hegi

Hegifeldstrasse 125

Das Schloss Hegi gilt als typisches Beispiel für eine Weiherburg. Der um 1200 errichtete Turm zählt heute zu den ältesten erhaltenen Wohntürmen im Kanton Zürich. Das Schloss Hegi ist als einstiger Sitz der Zürcher Obervögte ein wichtiges sozialhistorisches Baudenkmal für die Zeit der Obervogteien von 1587 und 1798. Heute handelt es sich um einen beliebten Auflugsort.


Baujahr
Um 1200


Adresse
Schloss Hegi
Hegifeldstrasse 125
8409 Winterthur

Um das Jahr 1200 entstand in Hegi ein bewehrter Wohnturm. Er diente als Sitz für die Herren von Hegi. Ob der Wohnturm bereits mit einem Wassergraben oder einer Holzpalisade versehen war ist nicht gesichert. Der Stich von Hans Heinrich Bluntschli zeigt den Wohnturm noch im Zustand vor dem Brand von 1707. Er hat ihn von einer älteren Vorlage abgezeichnet. Im Vordergrund ist noch der Wassergraben angedeutet.
Foto: winbib, Hans Heinrich Bluntschli (Signatur 068213_O)

Die Anfänge unter den Herren von Hegi

Um 1200 entstand an der Handels- und Verkehrsroute zwischen Winterthur und Konstanz ein Wohnturm, der als befestigter Adelssitz diente und ein Lehen des Hochstifts Konstanz war. Die ersten bekannten Verwalter waren Ministerialen, nämlich die Herren von Hegi. Ministeriale waren ursprünglich unfreie Dienstleute, die im Auftrag ihrer Herrschaften verschiedene Aufgaben übernahmen und durch treue Dienste in den Adelsstand aufsteigen konnten.  So wurde Recko von Hegi im Jahr 1252 zum Ritter erhoben. Die Herren von Hegi dienten verschiedenen Herrschaften, darunter dem Bischof von Konstanz und den Grafen von Kyburg. Sie übten für diese verschiedene herrschaftliche Funktionen in der Region aus. Ihr Einfluss in der Region blieb jedoch bis ins 15. Jahrhundert vergleichsweise gering.

Der viergeschossige Wohnturm verfügt über einen quadratischen Grundriss von etwa 10 mal 10 Metern und ist 24.4 Meter hoch. Aus strategischen Gründen war der Zugang ursprünglich nur über eine steile Holztreppe im dritten Obergeschoss möglich. Im Innern befanden sich Wohnräume, eine Küche und die Ritterstube, während die unteren Geschosse als Vorrats- und Lagerräume dienten. Das vierte Geschoss bestand aus einem vorkragenden hölzernen Überbau, der vermutlich als Sommerwohnung genutzt wurde. Ob der Turm bereits von einem Wassergraben oder einer hölzernen Palisade umgeben war, ist nicht eindeutig belegt.

Die Familie von Hohenlandenberg

Zwischen 1443 und 1459 wurde der Turm um ein hölzernes Ritterhaus erweitert. 1460 endete die Herrschaft der Herren von Hegi und die Burg ging an Jakob von Hohenlandenberg über. Die heutige Gestalt der Anlage geht massgeblich auf umfangreiche Umbauten am Ende des 15. Jahrhunderts zurück. Damals liessen die Brüder Hugo und Ulrich von Hohenlandenberg die Hofanlage samt Ringmauer und Wassergraben neu errichten. Weiter liessen sie vier neue Ecktürme und ein Vorderhaus errichten. Damit verfügten sie nun über ein herrschaftliches und repräsentatives Schloss, das sie auch mit einer neuen Ausstattung versahen um den Geschmack ihrer Zeit zu entsprechen.

Übergang an die Familie von Hallwil

Durch die Heirat von Barbara von Hohenlandenberg mit Kaspar von Hallwil ging Schloss Hegi 1519 in den Besitz der Famlie von Hallwil, die sie über drei Generationen hinweg bis 1587 hielt. Neben dem Schloss erwarben sie auch die niedere Gerichtsbarkeit über das Dorf Hegi sowie mehrere bedeutende Liegenschaften, darunter den Kehlhof und die Mühle von Hegi. Damit bildete das Schloss und das Dorf Hegi erstmals eine rechtliche Einheit – die Herrschaft Hegi. 

Hegi als Zürcher Obervogtei (1587–1798)

Im 16. Jahrhundert versuchte die wohlhabende Stadt Winterthur, ihren Einflussbereich auszuweiten, und bekundete Interesse an der Herrschaft Hegi. Doch die Stadt Zürich verhinderte eine Übernahme durch ihren wirtschaftlichen Rivalen und kaufte die Herrschaft 1587 selbst. Sie gliederte sie in die Landvogtei Kyburg ein, deren Verwaltung jeweils einem Mitglied des Kleinen Rates oblag.

1613 liess der Obervogt Hans Jakob Gessner den Hof überdachten und Mägdekammern sowie Stallungen errichten. 1707 zerstörte ein Brand das hölzerne Obergeschoss des Turms, das anschliessend in Stein neu aufgebaut wurde. Im 18. und 19. Jahrhundert wurden der alte Wehrgang im Osten abgetragen sowie die Dachkonstruktionen erneuert.

Das Schloss als staatliches Lehen

Die Franzosen hoben die Obervogtei Hegi 1798 auf und stellte die Burg unter die Aufsicht der Zivilgemeinde Hegi. 1805 wurde die Eingangsseite nach den Plänen von Hans Conrad Bluntschli neu gestaltet und das Schloss als staatliches Lehen an die Bauernfamilie Fahrner übergeben, die es 1881 als Eigentum übernehmen konnte. Ab 1900 wohnten drei bis vier Bauernfamilien im Schloss, die eine neue Milchhütte auf der Nordseite errichten liessen. Die Familien waren allerdings untereinander zerstritten, was sich negativ auf den Zustand des Schlosses auswirkte. Das historische Baudenkmal drohte allmählich zu verlottern. Mitten im Ersten Weltkrieg, im Jahr1915 kaufte der Geschichtsprofessor Friedrich Hegi-Naef das Schloss und das umliegende Gelände. Er liess einige der jüngeren Anbauten wieder Rückgängig machen und liess da Schloss nach besten Wissen und Gewissen und unter Beratung des Zürcher Kantonsbaumeisters Hermann Fietz restaurieren. Nach den Umbauarbeiten begann er die Innenräume mit seiner Privatsammlung zu bestücken und eröffnete ein Privatmuseum. 

Stadt Winterthur wird Schlossherrin

1947 kaufte die Stadt Winterthur das Schloss für 358'000 Franken. Die Investition war damals umstritten und wurde vor allem von der Seite der Linken entschieden abgelehnt. In Zeiten grösserer Infrastrukturprobleme und dem angespannten Wohnungsmarkt erschienen ihnen der Aufkauf eines ehemaligen Adelssitzes als fehlplatziert. Für den Erhalt der Baudenkmäler weibelten damals vor allem brügerliche Parteien. Mit dem Lokalhistoriker Werner Ganz hatte das Schloss Hegi zudem einen prominenten Fürsprecher.  Der Kauf wurde durchgesetzt und so richtete die Stadt 1954 in der Burg die erste offizielle Jugendherberge von Winterthur ein, die bis 2000 bestand hatte. Aus dieser Zeit stammt auch der Übernahme «Jugendburg». Danach erfolgte die Umwandlung in ein Museum, das seit 2016 vom Verein Schloss Hegi betrieben wird. Bespielt wird das Schloss regelmässig von der Theatergruppe Schloss Hegi, die regelmässig szenische Führungen anbietet und Theaterstücke entwickelt. 

Schlossschenke und Pflanzengarten

Im Jahr 2010 baute die Stadt Winterthur in Zusammenarbeit mit dem Schlossverein den ehemaligen Esel- und Hühnerstall in die Schloss Schenke um. Diese verfügt über eine kleine Gaststube mit 10 Sitzplätzen und bedient im Sommer die Gartenwirtschaft. 

Inspiriert von  Ansichten aus dem 19. jahrhundert, die einen Schlossgarten zeigen, legte der Schlossverein einen neuen Pflanzengarten ein. Dafür arbeitete er mit der Denkmalpflege und der Stiftung ProSpeciaRara zusammen. Das Projekt konnt eim Winterthur 2011/2012 dank grosszügigen privaten Spenden realisiert werden. Der Garten wird von Freiwilligen des Schlossvereins betreut. Seit 2021 ist er auch das Zuhause von sechs Landschildkröten, die der Verein aufgrund eines anstehenden Hausverkaufs kurzerhand adoptierte. 

Umfassende Sanierung

Zwischen 2022 und 2024 erfolgte eine sanfte Renovierung und Modernisierung der Anlage für 3 Millionen Franken.  Die Arbeiten wurden durch das Architekturbbüro Brandenberg&Müller in Zusammenarbeit mit mehreren Teams von auf historische Bauten spezialisierte Handwerksfirmen durchgeführt. Im Mai 2024 konnte das Schloss Wiedereröffnet werden. 


Benutzte und weiterführende Literatur

Stadt Winterthur: Sanierung 2024. Schloss Hegi, Winterthur 2024.
Niederhäuser, Peter: Ein Verlustgeschäft, das vor allem die  Bürgerlichen wollten, in: Der Landbote, 03.05.2022.
Hirsekorn, Till: Walliseller sanieren Schloss Hegi, in: Der Landbote, 22.05.2020.
Michel, Regula/ Sollberger, Raphael: Schloss Hegi, in: Inventar der Denkmalschutzobjekte von überkommunaler Bedeutung. Stadt Winterthur, Mattenbach, Oberwinterthur, Seen, Zürich 2018, S. 110–115.
Bächtold, Jakob: Museumsbetrieb zum Schnäppchenpreis, in: Der Landbote, 06.05.2017.
Niederhäuser, Peter: Wie ein Hegi als junger Bauherr das Schloss samt Grüngürtel rettete, in: Der Landbote, 25.03.1015.
Reich, Felix: Ein Gemüsegarten und eine Beiz, in: Der Landbote, 05.03.2011.
Niederhäuser, Peter/Sennhauser Raphael/Tiziani Andrea: Vom Ritterturm zur Jugendherberge: DAs Schloss Hegi, in: Hegi. Ein Dorf in der Stadt, Winterthur 2001, S. 11–58.
Rentsch, Hans: Winterthurer Schlossführer, Winterthur 1987.
Gubler, Hans Martin:  Schloss Hegi, in: Schlösser Wülflingen, Hegi und Mörsburg bei Winterthur (Schweizerische Kunstführer), Basel 1974, S. 11–18.
Hegi-Naef, Friedrich: Schloss und Herrschaft Hegi, Winterthur, 1925.

Bibliografie

    Schloss Hegi, Museum für Wohnkultur, Schlossgarten

    • Einträge ab 2011

      Lanz, Christian: Spannender Schlossbesuch. In: Stadtinfo, Nr. 2 (2013), m. Abb.
      Kirchheim, Eva: Die Rückkehr der Gemüsegärten. In: Winterthurer Jahrbuch 2014. S. 17-21. m. Abb.
      Weber, Bruno: Hundert Zürcher Ansichten, Zürich 2017. S. 212-213.
      Günter, Birgit: Die guten Geister vom Schlossgarten. In: Hegi Info, November 2023. S. 22-23. m.Abb.
      Westermann, Reto: Restaurierung Schloss Hegi. In: Winterthurer Jahrbuch 2024. S. 133. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      Vom Wohnturm zum Schlossmuseum, eine kleine Baugeschichte: Oberi Zytig 1993/96 von Alfred Schneider, m.Abb.
      Gedanken zur Zukunft: Oberi Zytig 1993/100 von Alfred Schneider, m.Abb.
      In:Tage der Kulturgüter 9./10. September 1995. Bern, 1995.
      Kulturgut von nationaler Bedeutung: Landbote 2000/110.
      Das Gesamtkunstwerk [Restauration duch Friedrich Hegi]: Landbote 2001/214 von Peter Niederhäuser, 1Abb.
      Schöner Christophorus, ein bisher unbekannter Einblattholzschnitt aus dem 15. Jh: ZSAK 2004/2 S. 65-83 von Bruno Weber, m.Abb.
      Schlosswart: Landbote 2004/160 (hiner der Fassade),1Abb.
      Tag des Denkmals: Landbote 2005/212 1Abb.
      Nutzungskonzept: Landbote 2007/89 1Abb.
      Schlossgarten. Öffnung: Landbote 2008/87.
      Ortsverein für Offnung; Restaurant: Landbote 2008/250 1Abb.
      Schlossgarten. Öffnung: Hegi Info 2009/2 m.Abb. - Landbote 2010/81 Quartierbeiz, 1Abb.
      Zukunft, Interview Schlosswart: Hegi Info 2010/3 m.Abb.


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
22.03.2025