Schulbauten und Kindergärten

Schulhaus Wallrüti

Guggenbühlstrasse 140

Ende 1973 fertigstellten die Architekten Heinrich Irion und Dieter Egli das Schulhaus Wallrüti an der Guggenbühlstrasse 140. Der Stahlbau mit Fassaden aus gerostetem Cortenstahlblech erhielt den Übernamen «Rosthaufen». Von 2007 bis 2009 plante die Stadt Winterthur eine Sanierung des Baus. Wegen der hohen Sanierungskosten gab die Stadt das Vorhaben jedoch auf. 2016 beschloss die Stadt einen Ersatzneubau, und im August 2022 bezogen die ersten Schülerinnen und Schüler das neue Schulhaus «Grosser Bär».


Baujahr
1973

Neubau
2022


Adresse
Schulhaus Wallrüti
Guggenbühlstrasse 140
8404 Winterthur

Schulhaus Wallrüti  an der Guggenbühlstrasse 140 im Bau.
Foto: winbib, Arnold Renold (Signatur 065865)

Eines der modernsten Schulhäuser der Schweiz

In den 1950er und 1960er Jahren wuchs die Bevölkerung in Oberwinterthur stark an. Man rechnete bis in die 1970er Jahre mit einer Bevölkerungszunahme von 16'000 auf 20'000 Personen. Mit der Bevölkerung wuchs auch die Anzahl Schüler:innen und ein neues Primarschulhaus wurde immer nötiger. Aus diesem Grund reservierte die Stadt Winterthur bereits 1958 nördlich des Schwimmbads und westlich der Bahnlinie an der Guggenbühlstrasse 140 ein Stück Land.

1963 lancierte die Stadt einen Wettbewerb für den Neubau. Das neue Primarschulhaus sollte ein Begegnungsort für Oberwinterthur und ein neues Zentrum für das Quartier werden. 49 Entwürfe wurden eingereicht. Das Rennen machte das Projekt «Lino» der Architekten Heinrich Irion und Dieter Egli, das sich durch die damaligen Ideale des Schulhausbaus auszeichnete und mit seiner Konstruktion, einem Stahlbauskelett mit passenden Stützen und Fassadenverkleidungen aus Cortenstahl, bestach. 1971 begann der Bau, und 1973 konnten die ersten der 18 Klassenzimmer bezogen werden. 1972 nahm der Kindergarten mit seinen drei Abteilungen den Betrieb auf. Zusätzlich wurde eine Militärunterkunft im Untergeschoss erstellt. Bis die Turnhallen fertiggestellt waren, dauerte es noch eine Weile. Erst im Frühling 1974 konnte die Einweihung der gesamten Schulanlage gefeiert werden, die wegen ihrer Cortenstahlfassaden zu den modernsten der Schweiz zählte.

Die Sanierung des «Rosthaufens» wird immer dringender

Bereits bei der Einweihung des neuen Schulhauses fragten sich die Anwesenden, ob sie sich je an den rostigen Anblick des Gebäudes gewöhnen könnten. Man ging davon aus, dass die Oberflächen der Cortenstahl-Fassaden unter dem Einfluss der Witterung mit der Zeit allmählich rosten und dadurch eine Art Schutzschicht bilden würden. Diese Schicht sollte die unter der Fassade liegenden Stahlgerüste dauerhaft vor Rost schützen. Die Rechnung ging jedoch nicht auf, und unter der Fassade rostete der Stahl aufgrund des feuchten Klimas weiter.

In den Jahren 2007 bis 2009 plante die Stadt Winterthur, das Schulhaus zu sanieren. Bereits bei der ersten Etappe, als die drei Kindergärten saniert wurden, wurde klar, dass der Aufwand den vorgegebenen Kosten- und Terminrahmen bei weitem übersteigen würde. Schuld daran waren neben dem Rost auch die komplizierten, aber notwendigen Schadstoffsanierungen, die während des Kindergarten- und Schulbetriebs nicht möglich waren. Aufgrund der Erfahrungen bei der Sanierung der Kindergärten rechnete die Stadt damit, dass eine Erneuerung des Schulhauses Mehrkosten von 4,8 Millionen Franken zur Folge hätte und die Gesamtsanierung statt drei sechs Jahre dauern würde. Dies hätte bedeutet, dass die Arbeiten erst 2014 abgeschlossen werden könnten. In der Folge kam die Stadt Winterthur zum Schluss, dass eine über sechs Jahre dauernde Baustelle mit entsprechenden Lärmemissionen und Platzverlusten dem Schulbetrieb nicht zugemutet werden könne. 2016 kam nur noch ein Neubau in Frage. Der Stadtrat gab daraufhin den Ersatzneubau in Auftrag. 2018 genehmigte der Grosse Gemeinderat das Projekt, und am 29. Mai 2019 nahm die Winterthurer Bevölkerung den 28-Millionen-Kredit in einer Volksabstimmung an. Im August 2020 konnten die Bauarbeiten beginnen.

Ersatzneubau «Grosser Bär»

Auch für den Neubau des Schulhauses Wallrüti wurde 2016 ein öffentlicher Projektwettbewerb ausgeschrieben. Das Rennen machte das Projekt «Grosser Bär» des Architekturbüros Schneider Studer Primas GmbH Zürich, das durch sein modernes Konzept und die tiefen Baukosten überzeugte. Mit einem Kostendeckel von 32 Millionen Franken musste möglichst kostensparend gebaut werden. Die Architekt:innen nutzten diese Vorgabe, um bisherige Schulbaukonventionen zu hinterfragen. Beim neuen Schulhaus wurden die 28 Schulräume darum nicht von innen, sondern vollständig von aussen erschlossen. Der Zugang zum Gebäude im Erdgeschoss ist von allen Seiten möglich. Die oberen Geschosse mit Laubengängen sind durch vier Treppen erreichbar. Die Schulräume bilden zusammen einen kompakten Gebäudekörper ohne innere Erschliessungskorridore und ohne Garderoben. Dies führt dazu, dass die Anlage sehr flächeneffizient ist, was wiederum die Heizkosten senkt und nur ein Minimum an haustechnischen Installationen nötig macht. Eine Belüftungsanlage braucht es nicht. Es wird über die Fenster gelüftet. Die Architekt:innen nehmen dabei Bezug auf die Idee der modernen Freiluftschulen der 1920er und 1930er Jahre. Mit dem Konzept einer «Freiluftschule» nimmt das Gebäude architektonische Charakteristika und Impulse der Heilpädagogik des frühen 20. Jahrhunderts auf.

Im August 2022 konnte das neue Schulhaus Wallrüti, der «Grosse Bär», bezogen werden. Es ist zu diesem Zeitpunkt das grösste Sekundarschulhaus der Stadt Winterthur und eines der grössten Schulhäuser im Kanton Zürich. So wie die Schulanlage Wallrüti mit ihrer Cortenstahl-Fassade in den 1970er Jahren weit über die Grenzen von Winterthur als eine der modernsten Anlagen wahrgenommen wurde, macht auch der Ersatzneubau der «Grosse Bär» aufgrund seiner innovativen Bauweise von sich reden und gehörte 2022 zu den speziellsten Schulhäusern der Schweiz.


Benutzte und weiterführende Literatur

Festliche Einweihung des Schulhauses Wallrüti in Oberwinterthur. In: Der Landbote, 20. Mai 1974.
Neubau 2022. Schulhaus Wallrüti. Amt für Städtebau, 2022.
Fischer, Sabine von: Ei­ne Frei­luft­schu­le für das 21. Jahr­hun­dert, in: Espazium (Online), 09.09.2022. 
Fonti, Mirjam: Gross und dennoch günstig – das Geheimnis des neuen Schulhauses. In: Der Landbote, 3.9.2018.
Huwyler, Marco: Schulhaus Wallrüti wird «grosser Bär». In: Der Landbote, 28.10.2016.

Bibliografie

    Schulhaus Wallrüti, Oberwinterthur

    • Einträge ab 2011

      Briner, Karin: Oberi aus dem Bildarchiv der Winterthurer Bibliotheken. In: Oberi Zytig, Nr. 239 (2021). S. 6. m.Abb.
      Bächtiger, Marcel: Mit der Welt verwachsen. In: Hochparterre, Nr. 4 (2023). S. 38-44. m.Abb.
      Schmid, Janik: Architekturpreis geht an Schulhaus Wallrüti. In: Winterthurer Zeitung, Nr. 44 (2023). S. 5. m.Abb,
      Neuweiler, Chelsa Angel: Widerspruch für Widerspruch. In: Coucou, Nr. 122 (2023). S. 15. m.Abb. (Fragmente von Zilla Leutenegger)
      Portmann, Sandro: Ausgezeichnet gebaut. In: Winterthurer Zeitung, Nr. 36 (2024). S. 7. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      Sanierungsbedürftig: Tages-Anzeiger 1998/292.
      Sanierung: Landbote 2006/125. - Winterthurer Zeitung 2006/24.
      Asbest: Landbote 2007/149 1Abb. - NZZ 2007/149 S.60.
      Stopp Sanierung; Neubau? Landbote 2008/95 1Abb.


Autor/In:
Karin Briner
Letzte
Bearbeitung:
02.10.2024