Politik

Stadtparlament (früher Grosser Gemeinderat)

Pionierstrasse 7

Das Stadtparlament von Winterthur setzt sich aus 60 durch das Volk im Proporzverfahren gewählten Personen zusammen. Das Parlament wird zusammen mit der Exekutive (Stadtrat) alle vier Jahre neu gewählt. Winterthur besitzt seit 1895 ein Parlament; zuvor hat die Gemeindeversammlung über Sachgeschäfte, Budget und Rechnung entschieden. Seit seiner Einführung ist das Winterthurer Stadtparlament bürgerlich dominiert.


Adresse
Stadtparlament Winterthur
Parlamentsdienst
Pionierstrasse 7
8403 Winterthur
Der Ratssaal vor dem Umbau, 1968 Foto: winbib, Otto Engler (Signatur 021936)

Die Organisation vor der Einführung des Stadtparlaments

Die Stadt Winterthur hat erst seit 1895 ein Parlament im modernen Sinne. Gemäss den Gemeindeordnungen von 1831, 1839, 1865 und 1873 stand dem Stadtrat nur die Gemeindeversammlung gegenüber. 1873 setzte sich diese erstmals aus den Mitgliedern der politischen Gemeinde zusammen, nicht mehr der Bürgergemeinde. Es konnten also alle in Winterthur wohnhaften Schweizer Bürger mitbestimmen, nicht nur Winterthurer Stadtbürger. Die Gemeindeversammlung entschied über das Budget und die Rechnung der Stadt und sie wählte den Stadtrat und die Vorsteher der städtischen Ämter. Auch die Gemeindeordnung von 1880 sah kein eigentliches Parlament vor, sondern einen Gemeindeausschuss, der aus 24 Stadtbürgern und dem Stadtrat bestand. Somit war er keine reine Legislative, auch wenn er gewisse parlamentarische Funktionen ausübte.

Die Gemeindeordnung von 1895

Die Gemeindeordnung vom 26. Mai 1895 führte ein modernes Gemeindeparlament ein. Der Grosse Stadtrat setzte sich aus 45 Einwohnern der Stadt zusammen. Er bestimmte in erster Linie über Sachgeschäfte aus den städtischen Ämtern. Über die Stadtfinanzen entschied weiterhin die Gemeindeversammlung. Die Mitglieder der Legislative, der Exekutive und der Schulbehörden wurden neu an der Urne gewählt. Um die Gewaltentrennung und die Unabhängigkeit des Grossen Stadtrats von der Verwaltung zu sichern, durften Stadträte sowie städtische Beamten und Angestellte nicht ins Parlament gewählt werden. Die Wahl erfolgte bis 1919 im Majorz-, seither im Proporzwahlverfahren; die Sitze werden also anteilmässig auf die Parteien verteilt.
Seit 1895 tagt das Gemeindeparlament im Rathaus an der oberen Marktgasse. Der Gemeinderatssaal wurde 1970 umfassend erneuert.

Die Gemeindeordnung nach der Stadtvereinigung 1922

Am 10. April 1921 stimmten die Stadt Winterthur und die bisherigen Vorortgemeinden der Gemeindeordnung für das neue Gross-Winterthur zu. Die städtische Legislative hiess nun Grosser Gemeinderat und setzte sich neu aus 60 Mitgliedern zusammen. In dieser Form besteht sie bis heute, seit der Revision der Gemeindeordnung auf Anfang 2022 heisst sie Stadtparlament. Neben der Überwachung der städtischen Verwaltung liegt auch der Entscheid über Budget und Rechnung in der Kompetenz des Stadtparlaments. Die Sitzungen sind öffentlich.
Das Stadtparlament wird von den Stimmberechtigten der Stadt Winterthur alle vier Jahre gewählt. Das ganze Stadtgebiet bildet dabei einen einzigen Wahlkreis. Wählbar sind alle Stimmberechtigten der Stadt. Seit 1922 weist das Stadtparlament eine bürgerliche Mehrheit auf. Seit 1986 sind die Grünen darin vertreten, seit 2006 die Grünliberalen.

Einführung des Frauenstimmrechts und erste Frauen im Stadtparlament

1969 stimmten die Winterthurer Männer der Einführung des Frauenstimm- und -wahlrechts auf kommunaler Ebene zu. Für die Gemeinderatswahlen 1970 hätten sich also auch Frauen zur Wahl aufstellen lassen können. Mit einer juristischen Finte verhinderte dies aber eine Gruppe von Männern, so dass die Winterthurerinnen erst 1974 erstmals zur Wahl antreten konnten. Als erste Frauen wurden Sibyll Kindlimann, FDP, und Verena Büchi, NA, in den Grossen Gemeinderat gewählt. Als erste Präsidentin des Grossen Gemeinderats übernahm Sibyll Kindlimann 1986/87 gleich nochmals eine Pionierrolle.

Benutzte und weiterführende Literatur

Eugster, Erwin (Hg.): Winterthurer Stadtgeschichte, 2 Bde., Winterthur 2014. 
Ganz, Werner: Geschichte der Stadt Winterthur 1798–1922, Winterthur 1979.

Bibliografie

    Gemeinderat

    • Einträge ab 2011

      Pettannice, Nadia: 100 Jahre Grosser Gemeinderat - es lebe das Unspektakuläre! In: Winterthurer Jahrbuch 2022. S. 128-131. m. Abb.

      Einträge 1991–2010

      Parlament, Zusammensetzung seit 1922: Landbote 1997/142.
      Parlaments-Reform: Landbote 1998/140, 194, 195. - Stadtblatt 1998/47. - Anträge, Anfragen und Interpellationen des Grossen Gemeinderates Winterthur 1998/33, 2001/101. - Weinländer Zeitung 2002/6. - Reform: NZZ 2000/78 S. 48. --NZZ 2002/230 S.41.
      Geschäftsordnung. Neu: Transparent 2002/2.6.
      Landbote 2002/62, 103 1Abb.
      Reform. Kritik; Erfahrungen: NZZ 2002/288 S. 48. - Landbote 2003/20. - Erfahrung fehlt: Landbote 2004/107 1Abb.
      Stadtblatt 2003/3.
      Immer mehr öffentliche Angestellte: NZZ 2004/116 S. 59.
      Reform: Landbote 2005/245, 2006/29, 49. - Anträge, Anfragen und Interpellationen des Grossen Gemeinderates Winterthur 2006/14, 2010/10

    Rathaus

    • Einträge ab 2011

      Widmer, Urs: Rathaus Winterthur. In: Dokumentation Urs Widmer, Bauwerke und Häuser A-Sch. 2 S.
      Steiner, Lukas; Robert: Das Rathaus von Winterthur. In: Dokumentation Urs Widmer, Bauwerke und Häuser A-Sch. 2 S.
      Rathaus. In: Dokumentation Urs Widmer, Bauwerke und Häuser A-Sch. 39 S.

      Einträge 1991–2010

      Passage, in: Wolfgang Lauter. Passagen. 2.Aufl. Dortmund, 1985, m.Abb.
      Rathaussaal. Projekt 1959, in: Friedhof der archtektonischen Visionen: Winterthurer Jahrbuch 2010 von Adrian Mebold, m.Abb.

    Stadtratswahlen und Gemeinderatswahlen

    • Einträge ab 2011

      Biberstein, Sandra; Sekanic, Aleks: Welche 60 von 116'935 Einwohner*innen? In: Coucou, Nr. 102 (2021). S. 14-20. m.Abb.
      Politische Stimmen aus Winterthur. In: Coucou, Nr. 102 (2021). S. 25-33. m.Abb.

      Einträge 1991–2010

      Landbote 2010/24 Beilage Wahlen, m.Abb., 55 m.Abb.

    Stadtratswahlen und Gemeinderatswahlen 2002

    • Einträge 1991–2010

      Stadtpräsident. Kandidaten FDP: Tages-Anzeiger 1999/24 m.Abb. [Winterthurer Dok. 1999/8].
      Landbote 2000/56.
      Kandidaten: Landbote 2001/86, 112. - Tages-Anzeiger 2001/112. - NZZ 2001/86 S. 49, 113 S. 47.
      Wahlkampf: Landbote 2001/146.
      Kandidaten: Landbote 2001/217 m.Abb. - Tages-Anzeiger 2001/206 m.Abb. [Winterthurer Dok.2001/22]. - Gespräch Stahel-Wohlwend: NZZ 2002/9 S. 45 1Abb.
      Vorstellung Kandidaten: Landbote 2002/30 m.Abb.
      Podiumsgespräch: NZZ 2002/25 S. 42. - Landbote 2002/25.
      Fragen an Parteien: Landbote 2002/39.
      Wahlwerbung: Landbote 2002/48.
      Verschwundene Stimmrechtsausweise: Landbote 2002/49, 57.
      In: Landbote 2002/51. - NZZ 2002/52. - Tages-Anzeiger 2002/52.
      Stadtpräsidium: Tages-Anzeiger 2020/53. - NZZ 2002/53 S.50 m.Abb.
      Weinländer Zeitung 2002/27. - Stadtblatt 2002/9.
      2. Wahlgang Stadtpräsidium: NZZ 2002/71 S.47.
      Landbote 2002/75, 77 Wahlkampf.
      Die Gewählten: Landbote 2002/8. 6. Bilder.

    Stadtratswahlen und Gemeinderatswahlen 1998

    • Einträge 1991–2010

      Landbote 1996/213 m.Abb. - Zürcher Oberländer 1997/298. - NZZ 1998/3 S.45 Gemeinderats-Kandidaten, 24 S.57.
      Parteiprogramme: Landbote 1998/33.
      Resultate: Landbote 1998/44. - NZZ 1998/44. - Tages-Anzeiger 1998/44. - Weinländer Zeitung 1998/23


Autor/In:
Heinz Bächinger
Letzte
Bearbeitung:
05.04.2023