Wohnhäuser

Villa Frohberg und der Frohbergpark

Heiligbergstrasse 50

Die Villa Frohberg entstand 1868 im Auftrag des Ingenieurs Johann Rudolf Ernst-Reinhart. Seit 1958 gehört sie der Stadt Winterthur. Lange Zeit nutzte die Schweizer Armee das Gebäude als Kommandobüro und Kindergarten. Ab 2024 befinden sich darin Mietwohnungen.


Baujahr
1869


Adresse
Heiligbergstrasse 50
8400 Winterthur

Blick auf die 1868 errichtete Villa Frohberg ohne die Erweiterung. Auf dem Foto ist der ursprüngliche kreuzförmige Grundriss gut zu sehen.
Foto: winbib (Signatur 051560_O)

Wohnen mit Blick auf die Fabrik

Die Villa Frohberg wurde 1868 vom Winterthurer Architekten Ernst Georg Jung im Auftrag des Sulzer-Ingenieurs Johann Rudolf Ernst-Reinhart gebaut und 1886 erweitert. Wie für die Bauten von Ernst Jung typisch, handelt es sich um eine schlossartige Sichtbacksteinvilla mit neugotischen Form- und Zierelementen. Diese Bauweise war bei Industriellen in Winterthur sehr beliebt. Die gesamte Anlage ist architekturhistorisch ein gut erhaltenes Zeugnis des Historismus des 19. Jahrhunderts. Die bauliche Gestaltung der Villa ist anspruchsvoll, weil der ursprüngliche Bau im Jahr 1886 durch einen fast gleich grossen Baukörper erweitert wurde. Die unterschiedlichen Bauphasen sind gegen die Heiligbergstrasse gut zu erkennen, während die Villa auf der Gartenseite durch einen polygonalen Eckbau samt Fassadenturm optisch als ein Baukörper wirkt.

Die Villa befindet sich auf der nordwestlichen Hangkante des Heiligbergs. Ernst-Reinhart liess rund um die Villa einen grossen englischen Landschaftsgarten anlegen. Die Gartenarchitektur stellt einen bewussten Gegenpol zu den damals verbreiteten streng geometrischen französischen Barockgärten dar. Die für den Frohberg zuständigen Gartenarchitekten Evariste Mertens und Leopold Karl Theodor Fröbel strebten danach, eine natürliche Umgebung zu schaffen. Dieses Konzept ist noch heute in der erhaltenen Parkanlage mit ihren geschwungenen Wegen, Freiflächen und Hainen zu erkennen. Der Park wird durch zwei Brunnen, einen Ententeich und eine Grottenpartie ergänzt.

Villa geht an die Stadt Winterthur

1947 und 1958 erwarb die Stadt Winterthur in zwei Etappen die Villa Frohberg und das dazugehörige Land inklusive der Ökonomiegebäude für über 3 Millionen Franken. Damit entzog sie das Bauland möglichen Spekulanten, denn die Erbgemeinschaft hatte bereits Vorstudien für ein grosses Bauprojekt anfertigen lassen. Stattdessen sollte der Park aus städtebaulichen Überlegungen erhalten bleiben und die Parzelle künftig als Standort für ein technisches Museum dienen. Die Villa selbst war in einem schlechten Zustand und galt zu diesem Zeitpunkt als Abbruchprojekt. Es kam zu verschiedenen Zwischennutzungen: Im ersten Obergeschoss quartierten sich zwei Kindergärten ein, und auch die Stiftung Technorama der Schweiz nutzte die Liegenschaft als Lagerraum für ihre technische Sammlung, während die Büros extern vermietet wurden. Im Kellergeschoss zog die Stadtgärtnerei ein.

Die Visionen für ein technisches Museum auf der Parzelle des Frohbergs versandeten, und so plante die Stadt stattdessen, die Villa abzureissen und einen neuen Kindergarten zu bauen. Auch dieses Vorhaben wurde aber 1974 aufgrund der angespannten Lage in der Baubranche verworfen. Ebenso wurde die Villa bei einer neuen Beurteilung wesentlich wertvoller geschätzt als zwanzig Jahre zuvor. Die Stadt beschloss daher, die Villa zu renovieren und im Kellergeschoss um ein neues Revierdepot für die Stadtgärtnerei zu erweitern. 1986 erfolgte schliesslich noch die Umnutzung des Dachstocks in eine Wohnung.

Die «Armeevilla»

Obwohl die alten und verwinkelten Räume den Grundanforderungen eines Kindergartenlokals nicht entsprachen, spielten die Kinder gerne darin. Die Stadt beschloss daher bei den Renovationsarbeiten von 1974 bis 1976, die beiden Lokale zu einem vollwertigen Doppelkindergarten auszubauen. So galt der Frohberg insgeheim als «der schönste Kindergarten» der Stadt.

Spätestens 1976 mietete die mechanisierte Division 11 der Schweizer Armee mehrere Büroräume für ihr Kommando. Diese Kommandobüros blieben auch in der Villa Frohberg, nachdem das Zeughaus 2005 geschlossen wurde. Mit dem Auszug von Brigadier Willy Brülisauer und seinen neun Mitarbeitenden aus der Villa Frohberg endete 2017 die rund 168-jährige Geschichte Winterthurs als Garnisonstadt.

Stadt setzt auf gehobenen Wohnraum

Nach dem Auszug des Militärs waren auch die Tage des verbleibenden Kindergartens bald gezählt, denn die Stadt hatte neue Pläne für die Liegenschaft. Sie liess sie für 5,6 Millionen Franken sanieren und darin fünf Wohnungen einbauen. Ursprünglich wollte die Stadt sieben Wohnungen umsetzen, doch dagegen wehrte sich die Kantonale Denkmalpflege. Mit der Umsetzung beauftragte die Stadt das Winterthurer Architekturbüro «Kilga Popp Architekten». Die Bauarbeiten dauerten von 2023 bis 2024.


Benutzte und weiterführende Literatur

Hirsekon, Till: Schöner wohnen in Winterthur: Villenwohnung für 5430 Franken pro Monat zu haben, vermietet von der Stadt, in: Der Landbote, 21.06.2024.
Graf, Michael: Traumvilla mit Tücken, in: Der Landbote, 29.04.2020.
Graf, Michael: Herrschaftlich wohnen am Heiligberg, in: Der Landbote, 26.04.2019.
Sollberger, Raphael: Ensemble Villa «Frohberg», in: Inventar der Denkmalschutzobjekte von überkommunaler Bedeutung, 2018, S. 182–188.
Eggli, Marisa: Militär will aus einzigartiger Villa raus, in: Der Landbote, 28.11.2013.

Bibliografie

    Frohberg, Villa, Heiligbergstrasse 50

    • Einträge ab 2011

      Widmer, Urs: Villa Frohberg, Heiligbergstrasse 50. In: Dokumentation Urs Widmer, Bauwerke, Häuser und Villen St-Z. 1 S.

      Einträge 1991–2010

      Kunst+Architektur 2000/2 S. 62 1Abb.


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
09.10.2024