Architektur

Albert Bodmer

Architekt, Stadtplaner, 1893–1990

Albert Bodmer gilt als Pionier der Schweizer Stadt- und Raumplanung. Er war von 1922 bis 1931 Stadtplaner in Winterthur und erstellte den ersten Nutzungszonenplan für eine Schweizer Stadt. Bodmer unterstützte die Gartenstadtbewegung und prägte die Entwicklung Winterthurs in diese Richtung massgeblich. 1923 war er zudem Mitbegründer der Heimstättengenossenschaft Winterthur.


Geboren
03.07.1893

Gestorben
15.02.1990


Mit dem «Bodmerplan» prägte Albert Bodmer den Ausbau der Stadt entscheidend. Hier sehen Sie eine Aufnahme aus dem Jahr 1980.
Foto: winbib, Urheberschaft unbekannt (Signatur 170214)

Ausbildung

 Albert Bodmer war der Sohn eines gleichnamigen Bauingenieurs und Bauleiters. Er trat in dessen Fussstapfen. Er studierte Bauingenieurwesen an der ETH Zürich und belegte mehrere Vorlesungen. von Hans Bernoulli zum Thema Städtebau, die für ihn und sein späteres Wirken prägend waren. Bereits während des Studiums sorgte er für Aufsehen, als er gemeinsam mit Konrad Hippenmeier den zweiten Preis beim Wettbewerb «Gross-Zürich» gewann. Die beiden legten einen fundierten Entwicklungsplan für die Limmatstadt vor. Mit diesem prestigeträchtigen Preis fand Bodmer schnell den Einstieg in die Stadtplanung, zuerst als Stellvertretung des Stadtbaumeisters von Biel. Dort wirkte er von 1919 bis 1922 und beschäftigte sich im Rahmen der Eingemeindung mit der Planung von «Gross-Biel».

Stadtplaner von Winterthur

Im Jahr 1922 wurde Winterthur zur flächenmässig grössten Stadt der Schweiz, als die Eingemeindung stattfand. Um die gesetzlich vorgeschriebenen planerischen Vorkehrungen für die Stadtentwicklung zu treffen, bildete die Stadt eine «Kommission für den Bebauungsplan». Diese Kommission war für die stadtplanerische Entwicklung und die Prüfung eingereichter Bauprojekte zuständig. Da jedoch viele Ressourcen in die Prüfung flossen, kam die Stadtplanung nicht mehr voran. Aus diesem Grund empfahl die Kommission dem Stadtrat, eine separate Fachstelle für die Stadtplanung einzurichten.

Der «Bodmerplan»

1922 wählte die Stadt Albert Bodmer zum «Bebauungsplan-Ingenieur». Der damals 30-jährige Albert Bodmer war ein begeisterter Anhänger der Gartenstadtbewegung und übernahm dieses wichtige Amt. Für Bodmer war es ein reizvoller Posten, da er in Winterthur die Entwicklung einer viel grösseren Stadt planen sollte als in Biel. Bodmer bezog sein Büro im Stadthaus und begann, einen Nutzungszonenplan für Winterthur auszuarbeiten, den «Bodmerplan». Dies war der erste Plan dieser Art für eine Schweizer Stadt. Er bildete die Grundlage für die spätere Entwicklung Winterthurs zur Gartenstadt.

Im Plan ging Bodmer davon aus, dass Winterthur im Jahr 2030 eine Bevölkerung von 150'000 Personen erreichen würde. Er plante die Stadtentwicklung so, dass genügend Wohnraum für die Bevölkerung geschaffen werden konnte, ohne Hochhäuser zu bauen, die er als kinderfeindlich betrachtete. Zudem unterteilte er die gesamte Stadtfläche in drei gleich grosse Nutzungszonen: Grünflächen (Wälder, Pünten), Landwirtschaftsflächen und Siedlungsgebiete. Besonders wichtig war ihm, dass die Siedlungsgebiete nicht bis an die Stadtgrenzen vordringen, sondern stets von einem grünen Waldring umschlossen werden.

An städtebaulichen Herausforderungen mangelte es zu dieser Zeit in Winterthur nicht: Das Hoch- und das Tiefbauamt waren mit der Sanierung und Renovation von Schulbauten, der Erweiterung des Gas-, Elektrizitäts- und Wassernetzes, dem Bau von Strassen sowie mit den Vorbereitungen für eine zentrale Kläranlage beschäftigt. Es handelte sich um mehrere wegweisende Infrastrukturprojekte.

Präsident der Heimstättengenossenschaft

 Gleichzeitig herrschte in der Eulachstadt seit dem Ende des Ersten Weltkrieges eine wachsende Wohnungsnot. Deshalb mussten bereits Notunterkünfte erstellt werden. Dieses Problem lag dem Stadtplaner besonders am Herzen. Daher regte er zusammen mit Heinrich Gerteis an, Lösungen zu finden. und Gustav Adolf Kellermüller die Gründung der Heimstättengenossenschaft (HGW) an, die er auch präsidierte. Sie realisierte ab 1923 rund 70 Einfamilienhäuschen in drei Arbeitersiedlungen, für deren Projektierung Bodmer seinen einstigen Lehrer Hans Bernoulli gewinnen konnte.

Weiterer Lebensstationen und späte Rückkehr nach Winterthur

Nach seinem mehrjährigen Engagement in Winterthur übernahm Albert Bodmer 1932 die Leitung des Amtes für Stadtplanung in Genf. Dort entwickelte er den ersten kantonalen Richtplan der Schweiz. Bis 1947 arbeitete er in Genf, bevor er von 1948 bis 1955 die Leitung des Regionalplanungsbüros in Bern übernahm. 1956 machte er sich selbstständig und eröffnete ein eigenes Planungsbüro in Bern. Ab 1959 war er als UNO-Experte für Stadt- und Landwirtschaftsplanung in der Türkei tätig. Von 1963 bis 1966 arbeitete er schliesslich als Kreisplaner für die Region Winterthur-Zürcher Oberland und fand so wieder Kontakt zur Stadtverwaltung vor Ort.

Nachlass

Der Nachlass befindet sich im Institut für Orts-, Regional- und Landesplanung der ETH Zürich ( heute gta Archiv).

Benutzte und weiterführende Literatur

Bodmer, Albert: Erinnerungen an die Zukunft der Stadt Winterthur, in: Winterthurer Jahrbuch 1972, S. 173–218.
Koch, Michael: Bodmer, Albert, in: Rucki/Huber (Hg.): Architektenlexikon der Schweiz. 19./20. Jahrhundert, Basel/Boston/Berlin 1998, S. 67.
Kurzbiographie: https://archiv.gta.arch.ethz.ch/nachlaesse-vorlaesse/albert-bodmer


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
11.10.2024