Politik

Ernst Wetter

Volkswirtschafter, Politiker, Bundesrat (FDP), 1877–1963

Der ursprünglich aus Winterthur-Töss stammende Ernst Wetter machte sich schnell einen Namen als versierter Wirtschafts- und Finanzpolitiker. 1938 wurde er in den Bundesrat gewählt. Er übernahm das Finanzdepartement. Während dem Zweiten Weltkrieg entwickelte Wetter zwei Kriegsfinanzierungsprogramme. Einige der während dem Krieg eingeführten Steuern wurden beibehalten.


Sterbeort
Zürich

Geburtsort
Winterthur-Töss

Geboren
27.08.1877

Gestorben
10.08.1963


Ernst Wetter um um 1939
Foto: winbib, Urheberschaft unbekannt (Signatur 173064)

Jugend und berufliche Laufbahn

Johann Ernst Wetter wurde am 27. August 1877 in Winterthur-Töss geboren. Sein Vater arbeitete als Drehermeister in der Maschinenfabrik Rieter. Wetter sollte jedoch nicht in die Fussstapfen seines Vaters treten. Er besuchte das Lehrerseminar in Küsnacht und erwarb später an der Universität Zürich das Sekundarlehrerpatent. 1906 heiratete er die Haushaltungslehrerin Rosa Wiesmann. Der Ehe entsprangen drei Söhne.

 

Ernst Wetter unterrichtete in Uster und Winterthur und studierte neben bei von 1911 bis 1914 Nationalökonomie. Danach unterrichtete er als Handelslehrer an der Kantonsschule Winterthur und habilitierte 1917 im Bereich Bankbetriebslehre. Dabei interesseierte er sich insbesondere für die Bankgeschichte, zu der er auch publizierte. 1920 wurde Ernst Wetter zum Generalsekretär des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements und 1922 Direktor der Handelsabteilung.

 

Politische Karriere

1924 wechselte Ernst Wetter zum Schweizerischen Handels- und Industrie-Verein. Als Delegierter des «Vororts», einem Vorgänger der Economisuisse, nahm Wetter wesentlichen Einfluss auf die Wirtschafts- und Finanzpolitik. Während der Weltwirtschaftskrise übertrug ihm der Bundesrat mehrere wichtig Mandate für bilaterale Verhandlungen und Konferenzen auf internationaler Ebene. Von 1926 bis 1834 sass Ernst Wetter als Vertreter der FDP im Zürcher Kantonsrat. 1929 schaffte er zudem die Wahl in den Nationalrat.

Bundesratswahl

1938 trat der freisinnige Zürcher Bundesrates Albert Meyer zurück. Die SP machte einen Anspruch auf den Sitz geltend und nominierte den damaligen Zürcher Stadtpräsidenten und Ständerat Emil Klöti. Die radikal-demokratische Fraktion entschied jedoch den Sitz im Bundesrat zu verteidigen und stellte Ernst Wetter als Kandidat auf. Für die Wahl Wetters sprach vor allem seine herausragende Qualifikation für das frei werdende Finanz- oder für das Volkswirtschaftsdepartement. Schon im ersten Wahlgang setzte er sich gegen Klöti mit 117 zu 98 Stimmen durch.

Finanzminister während dem Zweiten Weltkrieg

Ernst Wetter übernahm das Finanz- und Zolldepartement. Seine hauptsächliche Aufgabe bestand darin, den Bundesfinanzen eine Verfassungsgrundlage zu geben. Diese Pläne wurden aber vom Ausbruch des Zweiten Weltkrieges durchkreuzt und Wetter musste stattdessen ein Kriegsfinanzprogramm entwickeln. Es enthielt unter anderem die Einführung der Kriegsgewinn- und die Wehrsteuer und der Warenumsatzsteuer (Wust). Hinzu kam die Verpflichtung zur Entrichtung eines «einmaligen» Beitrages, des sogenannten «Wehropfers», das nach dem Einkommen berechnet wurde. Der Bundesrat nutzte seine kriegsbedingten Vollmachten für die Durchsetzung des Programms ohne Volksabstimmung.

 

1941 lancierte Ernst Wetter ein zweites Programm zur Kriegsfinanzierung, das mehrheitlich auf der Entrichtung eines zweiten Wehropfers basierte sowie mit einer massiven Erhöhung der Wehr- und Warenumsatzsteuern einherging. Hinzu kam die Einführung einer Luxussteuer auf Güter wie Schaumweine, Kosmetika, Filme, Teppiche, Pelze, Schmuck, Fotoapparaten, Plattenspieler und Schallplatten sowie Radios. Mithilfe von Wetters Finanzierungsprogrammen verschaffte sich der Bund während dem Krieg fast 3 Milliarden Franken. Dennoch stieg die Staatsverschuldung während dem Krieg von 1.5 auf 8.5 Milliarden Franken. Besonders die Ausgabedisziplin auf Seiten der Armee liess aus Sicht von Ernst Wetter zu wünschen übrig. Moralisch bedingte Einwände von Seiten des Finanzministers gegen die Mitfinanzierung von Rüstungsexporten sind keine belegt. Den Ankauf von teilweise geraubten oder erbeutetem Gold von der Deutschen Reichsbank durch die Schweizerische Nationalbank hiess die Landesregierung zudem einstimmig gut. Ernst Wetter gehörte zu jenen Politikern, die am Zustandekommen des sogenannten «Frontistenempfanges» am 10. September 1940 beteiligt waren, der für heftige Kritik in der Öffentlichkeit sorgte und insbesondere den damaligen Bundespräsidenten Marcel Pilet-Golaz in Misskredit brachte.  

 

Die Finanzpolitik von Ernst Wetter führte dazu, dass die finanziellen Belastungen für die Bevölkerung sozial ausgeglichener waren als noch im Ersten Weltkrieg. Als Bundespräsident rief er 1941 die Parteien zur Zusammenarbeit auf und appellierte an seiner Ansprache anlässlich der 650-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft auf dem Rütli an den Durchhaltewillen und die Disizplin in der Bevölkerung. Die von Ernst Wetter eingeführten Steuerinstrumente wurden nach dem Krieg zum Teil beibehalten und wurden zu einer Grundlage für den Ausbau des Wohlfahrtsstaates.

Rücktritt

1943 trat der inzwischen 66-jährige Ernst Wetter zurück. Seine Nachfolge trat mit Ernst Nobs erstmals ein Vertreter der Sozialdemokraten an. In dieser Zeit gründeten verschiedene Alliierte Staaten das Nothilfswerk United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA) das sich für den Wiederaufbau nach dem Krieg einsetzte. Für die neutrale Schweiz kam eine Mitwirkung nicht in Frage. Um der humanitären Tradition gerecht zu werden und auch um das Image der Schweiz im Ausland zu verbessern, gründete sie mit der «Schweizer Spende» ein eigenes Hilfswerk und Ernst Wetter übernahm das Präsidium.  Daneben übte er mehrere Verwaltungsratsmandate aus, nämlich bei der Rentenanstalt, der Firma Aluminium-Industrie Aktiengesellschaft (AIAG), bei der Sulzer und der NZZ.

Am 10. August 1963 verstarb Ernst Wetter in seiner Wohnung in Zürich.

Nachlass

Der Nachlass von Ernst Wetter befindet sich im Schweizerischen Bundesarchiv. 

Benutzte und weiterführende Literatur

Wehrli, Christoph: Ernst Wetter, in: Das Bundesratslexikon hrsg. von Urs Altermatt, Basel 2019, S. 362–365.
Bucher, Erwin/Rentsch, Hans U. : Bundesräte aus Winterthur, in: Winterthurer Jahrbuch 1984, Winterthur 1984, S. 29–51.

Bibliografie

    Wetter, Ernst, 1877-1943, Volkwirtschafter, Bundesrat

    • Einträge 1991–2010

      In: Die Schweizer Bundesräte, ein biographisches Lexikon. Hrsg. Urs Altermatt. Zürich, 1991, S. 401 ff. von Christoph Wehrli, m.Abb.


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
05.08.2022