Kirchengebäude

Reformierte Kirche Wülflingen

Wülflingerstrasse

Die reformierte Kirche Wülflingen wurde 1681 auf dem angestammten Kirchenplatz neu erbaut. Es handelt sich um einen schlichten Rechteckbau mit quadratischem Turmchor.


Baujahr
1681


Adresse
Kirche Wülflingen
Wülflingerstrasse
8400 Winterthur

Zeichnung der reformierten Kirche Wülflingen und dem Schloss aus dem Jahr 1810. Die Geschichte der Kirche reicht bis ins 7. Jahrhundert zurück. Bei Archäologischen Ausgrabungen im Jahr 1972 kamen unter den Fundamenten der Steinkriche negativabdrücke von Holzpfosten zum Vorschein. Es handelte sich um den ersten Fund dieser Art in der Schweiz und war deshalb eine archäologische Sensation. 
Foto( winbib 110826_O)

Sensation bei den Ausgrabungen

Wülflingen besass bereits im 7. oder 8. Jahrhundert eine Holzkirche, wie archäologische Ausgrabungen in den 1970er-Jahren zu Tage brachten. Darüber hinaus konnten mehrere Vorgängerbauten erfasst werden, die aufzeigen, dass Sakralbauten über die Jahrhunderte verschiedene Veränderungen erfahren und vor allem der wachsenden Bevölkerung angepasst werden mussten. Der schweizweit erste Fund von Holzpfostennegative im Boden war eine archäologische Sensation, weil man es bis dato nicht für möglich hielt, dass in der Schweiz hölzerne Kirchen gebaut wurden. Ein ähnlicher Fund wurde später auch in der Stadtkirche Winterthur gemacht.

Die Vorgängerbauten

Die Holzkirche und der erste steinerne Neubau entstanden noch in merowingischer Zeit. Dabei handelte es sich um einfache rechteckförmige Saalbauten mit eingezogener Chorschranke. Schon zu dieser Zeit handelte war es eine Pfarrkirche. Im 9. Jahrhundert folgte eine karolingische Erweiterung selben Bautyps. Im 11. Jahrhundert wurde die Kirche deutlich erweitert und erhielt möglicherweise einen ersten Turm. Obwohl die Bauherrschaft nicht sicher identifiziert werden kann, hält die Forschung die Gräfin Willebirg von Wülflingen als Erbauerin für wahrscheinlich. Sie residierte von 980 bis 1052 auf der Burg alt-Wülflingen und hatte einen starken Bezug zum Klerus. Brandschichten weisen darauf hin, dass diese steinerne Kirche einem Feuer zum Opfer fiel. Im 12 oder 13 entstand eine grössere romanische Kirche mit Turm und Sakristei. Danach wurde das Langhaus nochmals stark verbreitert und erhielt nun die heutigen Dimensionen.

Die Kirche von 1681

1647 war die bestehende Kirche alt und baufällig geworden. Ebenfalls platzte sie aufgrund der raschen Bevölkerungszunahme aus allen Nähten. Ebenfalls platzte sie aufgrund der raschen Bevölkerungszunahmen aus allen Nähten. Deshalb beschloss die Gemeinde einen Neubau und der Pfarrer liess bereits das dafür notwendige Baumaterial zusammentragen. Steine, Holz, Kalk und Sand standen bereit, doch der Bau wurde aus unbekannten Gründen nicht realisiert und das Baumaterial bald zum Verkauf angeboten. Als der Pfarrer für einen Kuraufenthalt verreiste, nutzte der benachbarte Gerichtsherr Hans Hartmann Escher die Gelegenheit und beschlagnahmte das Material für den Bau seines neuen Schlosses in Wülflingen. Da er die Gemeinde dafür nicht entschädigte und sich auch unentgeltlich am Gemeindewald bediente, klagte die Dorfgemeinde ihn beim Zürcher Rat an. Die Verhandlungen zogen sich jedoch bis in die 1670er-Jahre hin, wobei die Dorfgemeinde in einigen Punkten Recht erhielt, der Diebstahl des Baumaterials galt allerdings als verjährt, weshalb sie nie eine Entschädigung dafür erhielt.

 

Erst 1681 setzte die Dorfgemeinde den Neubau mehrheitlich in Fronarbeit um. Diesmal unterstützte sie auch der damalige Gerichtsherr Jakob Nüscheler, der beim Zürcher Rat einen Subventionsantrag stellte. Tatsächlich spendete Zürich 200 Pfund an den Bau und liess als Gegenleistung in der Kirche das Zürcher Standeswappen anbringen. Die Wülflinger rissen das alte Langhaus bis auf die Grundmauer ab und ersetzten es durch einen deutlich grösseren Neubau. Den alten Kirchturm aus dem frühen 15. Jahrhundert liessen sie vorerst stehen. 1757 war er jedoch einstrurzgefährdet, weshalb Chor und Turm neu errichtet wurden.

Spätere Renovationsarbeiten

1870 beschloss die Kirchgemeinde den Turm um 12 Meter zu erhöhen und ein neues Geläut einzubauen. Ebenso wurden die alten Zifferblätter des Uhrwerks ersetzt. 1929 erfolgte nochmals eine Aufstockung um 4.5. Meter und die Elektrifizierung des Glockenantriebs. Seither besitzt die Kirchenuhr auch einen Minutenzeiger. In der Kirchgemeindeversammlung vom 25. Oktober 1960 fiel der Entschluss zur Gesamtrenovation der Kirche. Das erste Projekt lehnte die Kirchgemeindeversammlung jedoch ab, womit sich das Vorhaben verzögerte.1968 sprachen die reformierten Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der Stadt Winterthur den Renovationskredit von 850'000 Franken. Das ganze Projektvorhaben war geprägt von Meinungsverschiedenheiten und heftigen Auseinandersetzungen, die zu mehreren Rücktritten innerhalb der Kirchenpflege und der Baukommission führten. 1970 verweigerte das städtische Bauamt die Baubewilligung. Das Projekt musste erneut umgearbeitet werden, bevor es 1972 bis 1973 umgesetzt werden konnte.

2011 erfolgte die Tieferlegung der Emporenbrüstung und es wurde auch eine neue Beleuchtung eingebaut. 2021 wurde der Turm renoviert.

Hirzel-Grablege

Bis ins 20. Jahrhundert lag der Wülflinger Friedhof auf dem Kirchenareal. Durch die Vergrösserungen der Kirche befanden sich bald einige Gräber unter der Kirche. Während der Ausgrabungen von 1972 wurden diese Freigelegt. Es gibt aber auch Gräber von adligen und Herrschaften, die bewusst innerhalb des Kirchenraumes angelegt wurden. In Wüllfingen sind die Bestattungen von Margaretha Nüscheler-Escher, Hans Hartmann Meiss, Salomon Hirzel und dessen Ehefrau Anna Margaretha Hirzel-Meiss verbrieft. General Hirzel, der damals Gerichtsherr in Wülflingen war, liess für sich unterhalb des Chors eine gewölbte Grabkammer einrichten. Hölzerne Grabtafeln an der Kirchenwand erinnern an die Grablege. Bei Renovationsarbeiten im Jahr 1913 wurde diese Grabkammer geöffnet, sie war jedoch leer.

Glocken und Uhrwerk

1871 schmolzen die Gebrüder Bodmer von Neftenbach die drei alten Glocken von 1626, 1784 und 1871 ein und gossen daraus eine grosse Mittagsglocke, die Betzeitglocke, die Vesperglocke und eine kleine Sterbeglocke für Kinder.

Das mechanische Uhrwerk aus dem Jahr 1538 ist eine Rarität im Kanton Zürich, da die meisten spätestens im frühen 20. Jahrhundert entfernt. Gebaut wurde das Uhrwerk wahrscheinlich von Erhard Liechti, einem Spross der bekannten Winterthurer Uhrmacherdynastie Liechti. Das historische Uhrwerk wurde 1972 stillgelegt und durch eine elektrische Anlage ersetzt.


Benutzte und weiterführende Literatur

Niederhäuser, Peter: 150 Jahre Glocken von Wülflingen, 2021.
Schmaedecke, Felicia/ Rüegsegger Ueli, Die reformierte Kirche Winterthur-Wülflingen, hg. von Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte GSK, Bern 2009.
Meier, Hans-Rudolf/Zäch, Benedikt: Die Reofmierte Kirche Winterthur-Wülflingen. Neuauswertung der archäologischen Untersuchungen 1972, in: Archäologie im Kanton Zürich 2001–2002 (Berichte der Kantonsarchäologie Zürich 17), 2004.
Tanner, Alexander: Aus der Frühgeschichte der Kirche Winterthur-Wülflingen, in: helvetia archaeologica (Archäologie in der Schweiz), 1974, Bd. 5, Nr. 17, S. 10–27.
Tanner, Alexander/Ziegler Peter: Die Kirche Wülflingen, Zur Restauration von 1972/73.
Ziegler, Peter: Ortsgeschichte Wülflingen, 1975 (305. Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur)

Bibliografie

    Wülflingen. Reformierte Kirche. Gebäude

    • Einträge 1991–2010

      Neuauswertung der archäologischen Untersuchungen 1972, von Hans-Rudolf Meier; mit einem Beitrag von Benedikt Zäch, in: Archäologie im Kanton Zürich : 2001-2002 Zürich ; Egg , 2004. (Berichte der Kantonsarchäologie Zürich ; 17). --325 Jahre: Kirchenbote Wülflingen 2006/7 von Stephan Denzler. - Wulfilo 2006/4 m.Abb.
      Kunstführer, Geschcihte: Landbote 2009/159 m.Abb.

    Wülflingen. Reformierte Kirche. Glocken

    • Einträge ab 2011

      Oppliger, Brigitt: Mehr als nur tönendes Erz. In: Wulfilo ; Nr. 2 ; Jg. 8 (2012). S. 9. m. Abb.
      Gnehm, Hansjürg; Niederhäuser, Peter: 150 Jahre Glocken von Wülflingen. Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Wülflingen, Winterthur, 2021. 46 S., ill.

    Wülflingen. Reformierte Kirche. Orgel

    • Einträge 1991–2010

      60 Jahre: Landbote 2008/289 1Abb.

    Wülflingen. Reformierte Kirche. Pfarrhaus

    • Einträge 1991–2010

      Pfarrhaus Oberdorfstrasse. Sanierung: Weinländer Zeitung 1994/56.
      Pfarrhaus Wülflingerstrasse 191. Verkauf: Landbote 2000/72 1Abb.

    Wülflingen. Reformierte Kirche. Gottesdienst

    • Einträge 1991–2010

      Vesper: Kirchenbote Wülflingen 2005/12.
      Salbung: Kirchenbote Wülflingen 2005/20


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
28.06.2024