Vereine und Verbände

Kynologische Gesellschaft Winterthur (KGW)

Eichliwaldstrasse 14

Die Kynologische Gesellschaft Winterthur (KGW) wurde 1922 gegründet und hat sich seitdem der Förderung der Hundeerziehung und -zucht verschrieben. Die KGW organisiert Hundeausstellungen, bietet Erziehungskurse an und verfügt über verschiedene Ausbildungs- und Sporthundgruppen.


Gründungsdatum
09.08.1922


Adresse
Kynologische Gesellschaft Winterthur
Schaffhauserstrasse 201
8400 Winterthur

Hundetraining auf dem Übungsgelände der KGW im Jahr 1972.
Foto: winbib, Arnold Renold (Signatur 101927)

Winterthurer Hundefreunde

Noch einige Jahre bevor in Winterthur eine eigene Sektion der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft gegründet wurde, beschäftigten sich zwei Winterthurer mit der Idee, eine grosse Internationale Hundeausstellung in Winterthur zu organisieren. Es waren dies Engelbert Vogt und der damalige Forstmeister Siber. Als Ausstellungspaltz diente ihnen die Schützenwiese, die der Schützenverein Winterthur ihnen bereitwillig zur Verfügung stellte. Die Schweizerische Kynologische Gesellschaft unterstützte das Vorhaben. 

Die Ausstellung fand nach einer Vorbereitungszeit von nur vier Wochen vom 27. bis 29. August 1898 statt und zog viele Schaulustige an. Statt der erwarteten 300 Hunde, nahmen rund 600 Tiere teil, womit die Schützenwiese vollständig ausgelastet war. Der Kanton Zürich, die Stadt Winterthur und auch viele private Vereine und Institutionen stifteten grosszügig Geld für die Auszeichnung der schönsten Tiere. Stolz war man in Winterthur vor allem auf die beiden anerkannten heimischen Hunderassen, nämlich die Schweizer Laufhunder und die Bernhardiner, von denen es 120 an der Ausstellung zu sehen gab. Die Neue Zürcher Zeitung schwärmte von den rund 80 ausgestellten «Hühnerhunden» und den vielen «Modehunden». Für jeden Geschmack war also etwas dabei. Die Ausstellung war ein voller Erfolg, dennoch sollte es noch über zwanzig Jahre gehen, bis sich die Winterthurer Hundeliebhabenden in einem eigenen Verein organisierten. Aktive gab es hingegen schon im nationalen Dachverband, dort wirkte der aus deutschland stammende aber in Winterthur wohnhafte Hundeexperte Max Fehr als Vorsitzender.

Die Anfänge des Vereins

Am 9. August 1922 fand im Restaurant Steinbock in der Marktgasse die Gründungsversammlung der Kynologischen Gesellschaft Winterthur (KGW) statt. Initiator war eben jener bereits erwähnte Max Fehr, der über die Grenzen hinaus als Kynologe bekannt war und neben seinen Aktivitäten in der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft auch Mitbegründer des Deutschen Schäferhundklubs in Deutschland war. Zu den ersten Mitgliedern des KGW gehörten wohlhabende Personen aus Winterthur. Die Hundeerziehung und -dressur war oft Sache der Frauen, weshalb sie schon von Anfang an im Verein mitwirkten. Das Ziel der Gesellschaft war es, durch Vorträge und Öffentlichkeitsarbeit über die Aufzucht und Erziehung von Hunden aufzuklären. Ebenso setzte sich die Gesellschaft für die Förderung der offiziellen Hunderassen ein. Menschen, die Mischlinge oder Hunde ohne Stammbaum besassen, waren entsprechend im Verein nicht zugelassen. 

 

Zu den wichtigsten regelmässigen Anlässen gehörten neben einem Stammtisch und den Vorträgen vor allem die Organisation von Hundeausstellungen. Bereits 1924 veranstaltete die noch junge Gesellschaft eine grosse «Internationale Ausstellung von Hunden aller Rassen». Im gleichen Jahr eröffnete der Verein eine eigene Vermittlungsstelle, die Interessierte in Sachen Hundekauf beriet. Ebenfalls diskutierte man die Errichtung eines Hundefriedhofs in Winterthur, was aber aufgrund der Haltung der Gesundheitsbehörden wenig Aussicht auf Erfolg hatte und deshalb nicht weiterverfolgt wurde. 

Ein Tierheim für Winterthur

Ein wachsendes Bedürfnis war einerseits die Verfügbarkeit von Ferienplätze für Hunde. Solche Angebote gab es damals nämlich nur in Zürich. Ebenso sollten ausgesetzte und streunende Hunde besser versorgt werden. 1936 beteiligte sich die KGW gemeinsam mit dem Tierschutzverein bei der Errichtung eines Tierheims, das hauptsächlich von pensionierten Menschen betreut wurde. Zwischen 20 und 59 Hunde lebten dort während des Zweiten Weltkrieges. Nach dem Krieg konnte das Tierheim um eine Futterküche und ein Hundebad erweitert werden. Aufgrund von Lärmklagen musste bald ein neuer Standort gefunden werden. Zu diesem Zweck wurde 1952 die Genossenschaft Tierheim Winterthur ins Leben gerufen, bei der die KGW Einsitz im Vorstand nahm. Noch im selben Jahr konnte an der Seuzacherstrasse ein neues Hundeheim eröffnet werden. 1938 veranstaltete die KGW in Winterthur ein grosses Windhundrennen nach englischem Vorbild.

Hunde werden kriegstauglich gemacht

Weitere Betätigungsbereiche waren die Hundedressur und der Hundesport. Die Dressurgruppe war schon bei der Gründung ein Thema, hatte jedoch Startschwierigkeiten, bis sie sich in den 1930er-Jahren wirksam formierte. Ab 1940 übernahm die Dressurgruppe die Ausbildung von Armeehunden, was bald ihre Hauptaufgabe war. Die Früchte der Ausbildung präsentierte der Verein 1943 auf dem Reitplatz mit einer grossen Dressurvorführung. Etwa 1200 Zuschauer liessen sich das Können der Hunde zeigen. Die KGW setzte dabei gezielt auf verschiedene Hunderassen, die sie zu Diensthunden ausbildete. Damit setzte sie ein wichtiges Zeichen, denn bis dahin hielt sich hartnäckig die Meinung, dass sich nur Schäferhunde als Diensthunde eignen würden.

Rationiertes Hundefutter

Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kamen schwierige Zeiten auf den Verein zu. Viele Mitglieder wurden in den Aktivdienst eingezogen und die allgemeinen Rationierungsmassnahmen machten auch vor dem Hundefutter nicht halt. Unmittelbar nach dem Krieg grassierte in der Schweiz eine schwere Hundeseuche, gegen die es damals noch keine Medikamente oder einen Impfstoff gab. Einige Mitglieder verloren in dieser Zeit ihre Hunde.

 

Ab 1948 kam der Wunsch nach einem eigenen Klubhaus auf. Erst wollte die Gesellschaft einen ausrangierten Personenwagen der SBB organisieren, was jedoch scheiterte. Ein Jahr später schloss die Gesellschaft einen Pachtvertrag mit der Stadt Winterthur ab und sicherte sich eine kleine Landparzelle beim Schützenweiher, die fortan als Übungsgelände diente. 1950 wurde auf dem Gelände ein kleiner Holzschopf errichtet, der als Vereinslokal diente und Platz für 15 Personen hatte. Der Bedarf an Trainingsmöglichkeiten für Hunde war da: In Winterthur lebten um 1955 rund zwei bis drei Hunde pro 100 Einwohner.

Als die Tollwut heimische Hunde gefährdete

Zwischen 1960 und 1970 erlebte der Verein eine regelrechte Expansionsphase. Die Mitgliederzahl stieg von 116 auf zeitweise über 1050. Das Vereinsleben wurde aktiv gefördert. So erschien 1962 erstmals die vereinseigene Zeitung "Hundepost" und vier Jahre später liess der Verein vom Grafiker Spörli ein eigenes Vereinslogo gestalten. Die immer grössere Zahl an Hundebesitzern in der Schweiz führte aber auch zu vermehrten Zwischenfällen, was das Image des Hundes als besten Freund des Menschen schädigte. Um den wachsenden Forderungen nach gesetzlichen Verschärfungen in Bezug auf die Hundehaltung zuvorzukommen, begann der Verein ab den 1960er-Jahren mit der Durchführung von Erziehungskursen für Hunde. Dennoch erliessen 1966 mehrere Gemeinden in der Region Winterthur einen Leinenzwang. Die zunehmende kritische Haltung gegenüber Hunden zwang den Verein dazu, sich auch politisch gegen weitere Verschärfungen zu engagieren.

1967 gerieten die Tiere abermals in den Fokus, diesmal aber wegen eines Tollwutausbruchs in der Schweiz. Um eine Ausbreitung zu verhüten, musste der Verein alle Übungen und Ausstellungen absagen, und der Betrieb stand praktisch still.

Blütezeit

Weil der Verein so starken Zuwachs erhalten hatte, erweiterten engagierte Mitglieder 1969 das Klubhaus in Fronarbeit. 1972 feierte die Gesellschaft ihr 50-jähriges Bestehen mit einer grossen nationalen Hundeausstellung in der Reithalle. Der Verein hatte sich inzwischen gewandelt: Er war nicht nur grösser geworden, sondern insgesamt auch weiblicher. Zählte er 1972 noch 265 Herren und 179 Frauen, waren es ein Jahr später schon 384 zu 328. Weil die Hundehaltung immer populärer wurde, liess die KGW 1972 auch die Stammbaumpflicht für Hunde fallen. Nun konnten auch Personen im Verein mitwirken, die einen Mischling hatten. 1977 fusionierte die KGW mit der Jagdhundegruppe (JAG) und wurde damit zur grössten Sektion der Schweiz. 1978 fand eine weitere grosse Internationale Hundeausstellung in Winterthur statt, diesmal in den Eulachhallen. Über 1600 Hunde konnten dort bewundert werden.

Neue Gesetzgebungen

Grosse Veränderungen für Hundehalter standen im Jahr 1979 an. Dann trat das neue Tierschutzgesetz in Kraft. Der Hundehandel wurde dadurch stärker reguliert und das Kupieren von Hundeohren verboten – was in Hundezuchtkreisen nicht überall auf Gefallen stiess. Der Verein konzentrierte sich derweil vermehrt auf den Hundesport und führte 1989 erstmals Agility-Trainings durch. Dabei stehen vor allem die Geschicklichkeit und Beweglichkeit des Hundes im Vordergrund, der einen Hindernisparcours meistern muss. Später kam auch noch die Disziplin «Obidience» hinzu, in der vor allem die exakte Übungsausführung und das harmonische Zusammenspiel zwischen Mensch und Tier im Vordergrund stehen. Die KGW konnte in nationalen und internationalen Wettbewerben bald grosse Erfolge feiern. Weiter führte der Verein Ausbildungsgruppen für Begleit-, Schutz-, Sanitäts-, Such- und Fährtenhunde an. 1989 hatte das Klubhaus abermals ausgedient und wurde abgerissen und durch ein Neues an der Pfaffenstudenstrasse ersetzt. 

In den 1990er-Jahren gerieten schwere Bissvorfälle, bei denen Menschen oder Tiere zu Schaden kamen, vermehrt in die Schlagzeilen. Im Fokus standen dabei die sogenannten «Kampf- oder Listenhunde». Ebenfalls warfen die Vorfälle Fragen in Bezug auf die nötigen Kompetenzen für die Haltung von Hunden auf. Die Erziehungskurse waren entsprechend wieder gefragt. 1995 führte der Verein neu eine Welpenprägungsspielstunde ein, in der die jungen Hunde ihr Sozialverhalten unter Artgenossen üben können. Über 180 Welpen nahmen an dem Kurs teil.

100 Jahre KGW

2003 organisierte der KGW eine Schweizermeisterschaft aller Hunderassen, an der über 120 Rassenhunde teilnahmen. Als Austragungsort stellte ihnen die Segelfluggruppe Winterthur den Flugplatz Hegmatten zur Verfügung. Da es sich dabei um einen Notlandeflugplatz handelt, hat das BAZL ihn erstmals in der Geschichte alleine für den Anlass als gesperrt gemeldet. 2021 verschärfte der Kanton Zürich abermals die Hundegesetzgebung und schreibt seither den Besuch von obligatorischen Hundehalterkurse für alle Hunderassen vor. Die KGW bietet entsprechende Kurse in Winterthur an. Am 7. Mai 2022 feierte der Verein am «Tag des Hundes» sein 100-jähriges Bestehen mit einer grossen öffentlichen Vorführung der verschiedenen Disziplinen und Angebote. 


Benutzte und weiterführende Literatur:

KGW: 100 Jahre KGW. 1922–2022.  Jubiläumsausgabe Hundepost 2/2022.
Brunner Artho: Kathrin: Sie betreiben seit 1922 Hundesport in Winterthur, in: Der Landbote, 09. Mai 2022.
Schmid, Jürg: Marktplatz für bellende Vierbeiner, in: Tages-Anzeiger, 02.02.2004.
KGW: 75 Jahre Kynologische Gesellschaft Winterthur. Chronik 1922–1996. 
o.A.: Erziehungshilfe für Vierbeiner, in: Neue Zürcher Nachrichten, 11.08.1982.
o.A.: Hundeausstellung in Winterthur, in: Neue Zürcher Zeitung, 12.05.1926.
o.A.: Internationale Hundeausstellung Winterthur, in: Neue Zürcher Zeitung, 24.08.1898.

Bibliografie

    Kynologische Gesellschaft Winterthur

    • Einträge ab 2011

      Kynologische Gesellschaft Winterthur (Hrsg.): 100 Jahre KGW. Winterthur, KGW. Winterthur, 2022. 55 S. m. Abb.

      Einträge 1991–2010

      75 Jahre: Landbote 1997/143 mit Chronik, 1Abb.


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
16.05.2024