Im Mittelalter wurden alte und kranke Menschen zu Hause medizinisch versorgt und von ihren Angehörigen gepflegt. Wer mittellos war und kein familiäres Umfeld hatte, das die Pflege übernehmen konnte, fand im Unteren Spital am Neumarkt Unterschlupf. Dort wurden neben armen Kranken auch alleinstehende Frauen und Mütter nach ihrer Niederkunft sowie Waisenkinder und Handwerker, Bettler oder Pilger, die auf der Durchreise waren, aufgenommen. Alle mussten, wenn es ihre Kräfte zuliessen, auf dem Spitalareal oder den Gütern des Spitals für ihr tägliches «Mus» arbeiten. Im Gegensatz zu den armen Kranken residierten die wohlhabenden Kranken, die sogenannten Herrenpfründer, im Oberen Spital an der Marktgasse 27. Sie konnten sich mit einer grösseren Summe Geld, einer sogenannten Pfrund, ins Spital einkaufen, wo für sie dann bis zu ihrem Tod gesorgt wurde. Im Zuge der Reformation wurde 1523 das Frauenkloster "Sammlung", in dem bis dahin der Schwesternkonvent der Predigerfrauen lebte, aufgelöst und das Haus zur Sammlung gemäss einer viel früher festgelegten Stiftungsbedingung dem Spital übertragen. Dieses verlegte das Obere Spital daraufhin ins ehemalige Klostergebäude an die Marktgasse 53 und verkaufte 1528 das Haus an der Marktgasse 27. Zum Zeitpunkt der Verlegung war das Obere Spital eine gut organisierte und wohlhabende Institution mit Grundbesitz, Liegenschaften und Mühlen.