KMU und Gewerbe

Papierfabrik Wülflingen

Industrie im Papiermühlenareal, (1834–1965)

1834 gründete die Firma Ziegler & Co. eine Papierfabrik. Sie stand zwischen dem Schlosshof und der Wespimühle. 1883 brannte die Fabrik bis auf die Grundmauern ab und wurde nicht wieder aufgebaut. An ihren Standort erinnert noch heute der Papiermühlenweg. Das Areal wurde bis zum Bau der Autobahn im Jahr 1965 industriell genutzt.


Baujahr
1884

Abgebrochen
1965


Die Papierfabrik Wülflingen bestand ursprünglich aus einer zweiflügigen Fabrikanlage, das drei Stockwerke hoch war und über ein Nebengebäude verfügte. Hinzu kam ein Wohngebäude und verschiedene Landflächen.  Das Bild zeigt den Briefkopf der Fabrik um 1874.
Foto: winbib (Signatur 112662_O)

Eine Papierfabrik in Wülflingen

1834 eröffnete die Firma Ziegler & Co. im Schlosstal in der Nähe der Wespimühle eine neue, zweiflüglige Papierfabrik mit Wohnhaus. Die Fabrik verfügte über zwei Ganzholländer und einen Halbzeugholländer. Dabei handelte es sich um einen etwa hüfthohen, ovalen Trog aus Holz, Metall oder später auch Beton. In diesem Trog zerkleinerten Mitarbeitende Lumpen, Hadern sowie Zell- und Holzstoffe zu einem Faserbrei (Pulpe). Das Gerät konnte auch zum Mahlen eingesetzt werden. Angetrieben wurden die Holländer durch zwei Wasserräder. Diese erhielten ihr Wasser über einen eigens angefertigten Kanal, der über die sogenannte «gelbe Falle» beim Haus zum «Letten» mit Wasser gespeist wurde.

Nur sechs Jahre nach der Erstellung versuchte die Firma Ziegler & Co., die Fabrik zu verkaufen, was jedoch nicht gelang. Stattdessen entstand 1840 ein neues Dampfhaus, in dem Leim und Lumpen gekocht werden konnten. Im selben Jahr erweiterte die Firma ihren Betrieb und trat nun unter dem Namen Frei, Ziegler & Co. auf. Diese investierte regelmässig in die technische Verbesserung der Anlage. So erhielt die Papiermühle 1854 ein neues Wasserrad mit zwei gusseisernen Zahnkränzen. Um 1875 baute die Firma eine Dampfmaschine ein, und 1877 ersetzte sie das alte Wasserrad durch eine Turbine.

Die Fabrik brennt nieder

In der Nacht vom 3. Juni 1884 brannte die Papierfabrik bis auf die Grundmauern nieder. Nur einige Nebengebäude blieben verschont. Vermutlich entzündeten sich eingelagerte Lumpen in einem Nebenschuppen. Brennende Papierfetzen trugen der Wind bis nach Winterthur. Die Feuerwehren der umliegenden Gemeinden eilten zur Hilfe. Zwei Feuerwehrmänner aus Töss bezahlten ihren Einsatz mit ihrem Leben, als eine Mauer einstürzte und sie unter sich begrub. Die gesamte Feuerwehrmannschaft aus Töss verzichtete nach dem Brand auf ihren Lohn und stellte diesen den Hinterbliebenen zur Verfügung. Rund 60 Mitarbeitende der Fabrik verloren über Nacht ihre Arbeitsstelle.

Im Dezember 1884 beschloss die Aktionärenversammlung, die Fabrik nicht wiederaufzubauen und die Gesellschaft aufzulösen. Gottfried Schoch aus Fischenthal kaufte daraufhin das ungenutzte Fabrikareal. Er errichtete dort eine Hufnagelfabrik, die um ein neues Turbinenhaus und einen Hochkamin erweitert wurde. Fünf Nagelmaschinen produzierten pro Tag bis zu 100'000 Nägel. Es handelte sich schweizweit um die erste Hufnagelfabrik ihrer Art. Die Fabrik konnte sich jedoch nicht lange halten und stellte bereits 1896 den Betrieb ein. 1897 lehnte die Gemeinde Wülflingen den Kauf des Fabrikareals ab. Stattdessen eröffnete E. Gouverné-Baumann dort eine Kehlleistenfabrik mit Hobelwerk und stellte englische Riemenböden, Dachverschalungen, Krallentäfer, Konsolen sowie Tür- und Fensterverkleidungen her. Auch dieser Fabrikzweig florierte nicht und wurde bereits im Jahr 1901 wieder verkauft.

Autobahn besiegelt das Ende des Fabrikareals

E. Bänninger-Volkart versuchte danach sein Glück mit einer Sperrholzplatten- und Furnierfabrik. In den 1940er-Jahren wurde es jedoch bereits wieder still im Fabrikareal. Zuletzt stellte der Chemiefabrikant Heinrich Tavernaro auf dem Areal Reinigungs- und Bodenpflegemittel her. 1965 musste das gesamte Fabrikareal der neu geplanten Autobahn weichen. Deshalb zog die Fabrik von Tavernaro nach Neftenbach. 

Heute erinnert die Strassenbezeichnung «Papiermühlenweg» an die industrielle Vergangenheit des Ortes. 


Benutzte und weiterführende Literatur

Ziegler, Peter: Wülflingen (305. Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur), Winterthur 1975.
o.A.: Zürich, in: Zürcherische Freitagszeitung, 30.12.1887
o.A.: Zürich, in: Anzeiger für Thun und das Berner Oberland, 09.12.1887.
o.A.: Zürich, in: Neue Zuger Zeitung, 18.06.1884.
o.A.: Zürich, in: Der Volksfreund, 07.06.1884.
o.A.: Verkaufs-Anzeige, in: Der Erzähler, 10.03,1840.

Bibliografie


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
09.09.2024