Schulbauten und Kindergärten

Schulhaus Ausserdorf

Wieshofstrasse 59

Die Schulraumnot in Wülflingen führte 1897 zum Bau des Schulhauses Ausserdorf, das mit modernen Einrichtungen wie Zentralheizung und Schulbad ausgestattet wurde. Die Schulanlage ist ein wichtiges und nach wie vor belebtes Baudenkmal von Wülflingen. Das Primarschulhaus bietet Platz für etwa 380 Kinder.


Baujahr
1897


Adresse
Schule Ausserdorf
Wieshofstrasse 59
8408 Winterthur

Schulraumnot in den Gemeinden

Aufgrund der einsetzenden Industrialisierung wuchs die Bevölkerung in der Gemeinde Wülflingen gegen Ende des 19. Jahrhunderts stark an, was zu einer Überfüllung der bestehenden Schulklassen führte. 1895 beschloss die Gemeindeversammlung deshalb den Bau eines neuen zweistöckigen Schulgebäudes. Dieses umfasste sechs Klassenzimmer, eine Zentralheizung und eine Badeeinrichtung. Das Schulbad war ein wichtiges Element der öffentlichen Schule im frühen 20. Jahrhundert. Die meisten Gebäude in der Schweiz verfügten nämlich bis in die 1950er-Jahre über keine Nasszellen. Die Schulen standen im Dienst der Volksgesundheit und stellten eine hygienische Grundversorgung für die Kinder sicher.

Für den Bau kamen drei Parzellen in Frage: in der Nähe des Schlosses Wülflingen, ein kleiner Baumgarten zwischen der Wülfingerstrasse und der Metzgerhalle sowie ein dreieckiger Spickel zwischen der Wieshof- und Lettenstrasse. Die Wahl fiel auf den letztgenannten Bauplatz. Ein separater Antrag zum Bau einer Turnhalle hingegen wies die Gemeindeversammlung ab.

Schulneubauten als Treiber für die Eingemeindung

Mit der Umsetzung wurde der Winterthurer Architekt Georg Schulthess beauftragt. Die Gesamtkosten für den Bau beliefen sich auf 132'689 Franken, wovon der Kanton 43'042 Franken übernahm. Damit stellte der Schulhausbau für die Gemeinde Wülflingen eine erhebliche finanzielle Belastung dar. Es waren genau diese vielen dringend nötig werdenden Schulhausneubauten, die die Vorortsgemeinden finanziell massiv unter Druck brachten und das politische Bedürfnis nach einer Eingemeindung weckten. Das fertiggestellte Schulhaus konnte am 26. September 1897 feierlich eingeweiht werden. Die kostümierte Kinderschar zog singend vom alten Schulhaus Eulach in den Neubau. 1898 besuchten rund 411 Kinder die Schule. Doch schon zwei Jahre später stieg die Zahl auf 477, weshalb das bestehende Schulhaus für 78'677 Franken aufgestockt und der Dachboden ausgebaut werden musste. Die Umsetzung erfolgte 1907 nach den Plänen vom Winterthurer Architekten Hermann Siegrist.

Kein Geld für die erste Turnhalle von Wülflingen

1907 kam abermals der Ruf nach einer Turnhalle auf. Aufgrund laufender Rekurse und fehlender finanzieller Mittel verzögerte sich das Vorhaben jedoch um einige Jahre. Dieses Schicksal ereilte die meisten Turnhallenprojekte in den ehemaligen Vororten. Viele von ihnen konnten erst nach der vollzogenen Eingemeindung von 1922 realisiert werden, so auch die Turnhalle Ausserdorf, die im Juni 1925 als erste Turnhalle in der ehemaligen Gemeinde ihren Betrieb aufnehmen konnte. Die Bausumme betrug 356'952 Franken und überschritt damit den Kostenvoranschlag deutlich.

Sanierungen und Renovationen

In den 1970er-Jahren mussten einige grössere Renovationen vorgenommen werden, die sich nicht aufschieben liessen. Darunter die Sanierung der Aussenfassade und WC-Anlagen sowie der Einbau einer neuen Heizungsanlage, weil die alte defekt war. Diese erfolgte in einem Zug, weshalb die Schülerinnen und Schüler während den Bauarbeiten provisorisch in das Turnhallengebäude und die Schulhäuser Eulach und Langwiesen ausweichen mussten.

Ebenfalls schrieb das Schulamt einen internen Ideenwettbewerb für die Neugestaltung des Pausenhofes aus. Dafür arbeitete es mit einer Hochbauklasse des Technikums Winterthur zusammen, deren prämierte Entwürfe nach der gewonnenen Volksabstimmung vom 9. Juni 1985 umgesetzt wurden. Eine vorgesehene gedeckte Pausenhalle, die das Schulhaus mit der Turnhalle hätte verbinden sollen, entwickelte sich aufgrund ihres Kostenvoranschlags von 80'000 Franken zum Politikum. Nach einigem hin und her und kantonalen Auflagen, konnte sie schliesslich doch noch umgesetzt werden – jedoch nicht mehr als Verbindungstrakt.

Veloparkplätze geben zu Reden

Bis in die 1980er-Jahre verfügte der Schulrat eine Maximaldistanz für Kinder, die mit dem Velo zur Schule fahren. Nach der Aufhebung dieser Richtlinie stieg der Bedarf an geschützten Veloabstellplätzen. Immer wieder kam es nämlich vor, dass die Drahtesel gestohlen oder beschädigt wurden. Besonders die Kinder aus den Aussenwachten waren auf Velos angewiesen, ebenso die Sekundarschülerinnen und -schüler, die für ihre Freifächer während den Pausen das Schulhaus wechseln mussten. Anlässlich der Frage, ob im Schulhaus Ausserdorf die zugunsten der neuen Pausenhofgestaltung aufgehobenen Velostandplätze ersetzt werden, oder nicht, entzündete sich im Schulrat eine Grundsatzdiskussion über gesicherte Veloabstellplätze. Der Schulrat war der Meinung, dass die gesicherten Abstellplätze für Lehrpersonen von jenen der Kinder getrennt werden sollten und der Schwerpunkt auf nicht abschliessbare, aber gedeckte Standplätze gelegt werden sollte – so auch im Schulhaus Ausserdorf.

Neue Spielwiese als Autoparkplatz missbraucht

Die Freude an der neu gestalteten Spielwiese währte für den Landschaftsarchitekten Werner Rüeger nur kurz, denn Dienstfahrzeuge der Baufirma Toggenburger nutzten sie während den Wintermonaten 1987 versehentlich als Baustellenzufahrt und Parkplatz, weshalb ein grosser Teil der Arbeit wiederholt werden musste. Die frisch renovierte Anlage, samt geflickter Spielwiese, konnte am 25. September 1987 mit sechsmonatiger Verzögerung von Stadtrat Walter Ryser und dem zuständigen Stadtbaumeister Friedrich Keller feierlich der Öffentlichkeit übergeben werden.

Sanierung und geplante Erweiterung

Die Anlage besticht durch ihre hervorragend erhaltene historische Bausubstanz und wurde deshalb auch ins Bundesinventar der schutzwürdigen Ortsbilder aufgenommen. Neben kleineren Instandsetzungen erfolgte im Jahr 2008 eine Fassadensanierung inklusive neuer Farbgestaltung durch das Winterthurer Architekturbüro von Wolfram Leschke.

Das denkmalgeschützte Turnhallengebäude mit seiner historischen Ausstattung soll auch in Zukunft den Bedürfnissen des Turnunterrichts standhalten können. Ebenfalls bestand in Wülflingen schon seit längerem der Bedarf an schulergänzenden Betreuungsmöglichkeiten, weshalb die Stadt 2023 einen Projektwettbewerb für eine Komplettsanierung der Turnhalle und einen Neubau für die schulergänzende Betreuung ausschrieb. Den ersten Platz belegte das Projekt „Cirque“ von Edelmann Krell Architekten, Zürich. Das Projekt muss nun noch die politischen Instanzen durchlaufen. Die Umsetzung ist auf den Zeitraum von 2026 bis 2027 geplant.


Benutzte und weiterführende Literatur

Bibliografie


Autor/In:
Nadia Pettannice
Letzte
Bearbeitung:
08.07.2024